Dr. Heyko Wychodil
· 05.03.2013
Verantwortlich für das Geschehen an Bord ist stets der Schiffsführer. Auch im Unglücksfall. Er sollte sich vor möglichen Folgen absichern
Die Sorgfaltsanforderungen an den Schiffsführer sind in der Vergangenheit gestiegen. Trotzdem vertrauen viele Skipper weiterhin allein auf ihre Erfahrung und ihr Können – und setzen sich dadurch einem hohen Haftungsrisiko aus.
Zum einen versuchen die Kaskoversicherer immer häufiger, nach einem Schaden den Verantwortlichen in Regress zu nehmen. Vor allem, wenn der Verdacht besteht, dass der Skipper einen Unfall grob fahrlässig verschuldet hat.
Gefahr droht dem Schiffsführer aber auch von seinen Mitseglern. Die können bereits bei leichtem Fehlverhalten seinerseits Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Nicht selten muss dann ein Gericht oder gar das Seeamt klären, ob sich ein Schiffsführer tatsächlich korrekt verhalten hat oder nicht.
Ein Weg, sich zumindest gegen die juristischen Folgen eines unglücklich verlaufenen Törns abzusichern, ist die Mitseglervereinbarung. Wesentlicher Bestandteil eines solchen zwischen Skipper und Crew abgeschlossenen Vertrags ist der Haftungsausschluss. Bei Chartertörns können zusätzlich die wechselseitigen Pflichten an Bord sowie die Kostenaufteilung schriftlich festgehalten werden.
Doch Vorsicht. Früher konnte ein derartiges Übereinkommen den Skipper tatsächlich von jeder Haftung befreien, selbst wenn er zweifelsfrei fahrlässig agiert hatte. Lediglich gegen grob fahrlässiges und vorsätzliches Handeln schützte ihn der Formularvertrag nicht. Das hat sich 2002 im Zuge der Schuldrechtsreform geändert. Der Gesetzgeber hat so genannte Mustervorlagen, wie beispielsweise Vordrucke für Mitseglervereinbarungen, dem gleichen Recht unterworfen, das für Allgemeine Geschäftsbedingungen gilt (§§ 305 ff. BGB).
Folge: Bestimmungen, die in solchen Formularverträgen einen Ausschluss der Haftung "für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit" vorsehen, sind qua Gesetz unwirksam (§ 309 Ziffer 7 a BGB). Gleiches gilt für materielle Schäden, die auf grob fahrlässiges Verhalten zurückzuführen sind (§ 309 Ziffer 7 b BGB). Einzig fahrlässige Pflichtverletzungen, die weder körperliche noch gesundheitliche Schäden nach sich ziehen, lassen sich ausschließen.
Es sei denn, der Skipper trifft mit seinen Mitseglern individuelle Vereinbarungen. Auf die findet das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung. Ein solcher Vertrag, in dem sich auch Personenschäden infolge grob fahrlässigen Handelns ausschließen lassen, muss für jeden Törn eigens ausgearbeitet sein. Und zwar dergestalt, dass anschließend der individuelle Charakter eindeutig ist, beispielsweise durch Aufzählung besonderer Gegebenheiten der beabsichtigten Reise.
Auf Textwiederholungen im Sinne einer Vorformulierung für mehrere gleiche oder ähnliche Törns oder Personen demnach unbedingt verzichten. Und erst recht Mustervordrucke, wie sie auch von der YACHT zur Verfügung gestellt wurden, keinesfalls weiter verwenden. Wer ein Schriftstück handschriftlich aufsetzt, kann dem möglichen Einwand, es handele sich um eine mehrfach verwendete Formular- vereinbarung, am besten begegnen.
Ausnahmen: Ein Musterschriftstück darf für mehrere Crewmitglieder genutzt werden, wenn der Törn unbestritten einmalig ist. Zum Beispiel eine Langfahrtregatta oder ein Extremtörn in die Arktis. Oder aber, wenn der Vertrag nicht öfter als dreimal verwendet wird.
Seinen Mitseglern die Unterschrift unter einen Haftungsausschluss abzuringen sollte sich jeder Skipper sehr sorgfältig überlegen. Nimmt er damit doch in Kauf, dass schlimmstenfalls aufgrund des eigenen Verschuldens eine andere Person erhebliche finanzielle Einbußen erleidet, die bis zur Existenznot reichen können.
Die Alternative lautet Skipper-Haftpflichtpolice. Sie kostet je nach Gültigkeitsdauer zwischen 70 und 120 Euro. Wichtiger noch: Verschiedene Anbieter decken in ihren Verträgen sogar vom Schiffsführer grob fahrlässig verursachte Personenschäden und teils sogar Schäden am Boot ab. Das macht jede Mitseglervereinbarung überflüssig.
erschienen in YACHT 15/2005