Pascal Schürmann
· 01.09.2021
Im Havariefall gilt, die Crew und möglichst auch das Boot zu retten. Und dann? Voraussetzungen, damit die Versicherung rasch Ersatz leistet
Manchmal sind es eigene Fehler, manchmal ist es schlicht Pech. Fakt ist: Yachten laufen auf Grund, kollidieren mit anderen Schiffen, verlieren den Mast, schlagen leck, bekommen den einen oder anderen Kratzer ab, oder sie werden von Dieben heimgesucht. Zum Glück geschieht all das gemessen an der Gesamtzahl der Segler und Boote äußerst selten. Doch es passiert.
Aus diesem Grund gibt es Versicherungen. Die Mehrzahl der deutschen Bootsbesitzer hat eine. Und braucht sie ein Leben lang nicht. Gut so.
Entsprechend macht sich jedoch kaum jemand Gedanken darüber, was eigentlich zu tun ist, wenn es doch einmal zu einem Schadensfall kommt. Die Wasserschutzpolizei rufen? Das Boot in die nächste Werft bringen? Einen Schadensgutachter beauftragen? Und wenn ja, woher nehmen?
Durchaus sinnvoll ist es, seinen Versicherer so schnell wie möglich nach einem Schadensfall zu kontaktieren. Die Experten erklären dann, was zu tun ist. Auf diese Weise kann der Schadensumfang womöglich gering gehalten werden. Anschließend tragen sie dafür Sorge , dass der Schaden so rasch wie möglich behoben wird.
Den Rat vom Versicherer sollte man übrigens auch dann suchen, wenn es sich dem Anschein nach nur um eine Bagatelle handelt. Ergeben sich später doch plötzlich weitere und vor allem größere Folgeschäden, ist es gut, den Schadensverlauf von Beginn an belegen zu können. Zudem haben die Schadensexperten in der Regel auch Erfahrung darin zu erkennen, wann ein Schaden tatsächlich kaum der Rede wert ist und wann das Schiff vielleicht doch schleunigst in die nächste Reparaturwerft sollte.
Zuallererst muss ein Schiff seetüchtig sein. Natürlich kann man als Kunde kaum Einfluss auf die Bauart einer Yacht nehmen, da muss man sich auf den Hersteller verlassen. Ein Käufer kann aber zumindest dafür sorgen, dass die Ausrüstung stimmt.
Ab Werft sind nach Erfahrung von Schadensgutachtern und Versicherungsexperten viele Boote nämlich keinesfalls immer seetüchtig ausgerüstet. Dafür muss man selbst Sorge tragen, etwa, indem beim Kauf die von vielen Herstellern angebotenen Sicherheitspakete gleich mitgeordert werden.
Einen guten Anhaltspunkt, was sinnvoll ist an Bord, liefern die Sicherheitsrichtlinien nach ORC samt zugehörigen Ergänzungen seitens der Kreuzer-Abteilung des Deutschen Segler-Verbands. Sie sind erhältlich zum kostenlosen Download auch für Nichtmitglieder unter www.kreuzer-abteilung.org.
Verfügt ein Schiff über die darin empfohlenen Ausrüstungsgegenstände, ist der Eigner im Fall des Falles auf der sicheren Seite, zumindest gegenüber seiner Versicherung. Die kann ihm dann nicht vorwerfen, mit einem seeuntüchtig ausgestatteten Schiff auf Törn gegangen zu sein.
Darüber hinaus sollte jeder Skipper natürlich grundsätzlich in der Lage sein, ein Boot in dem Fahrgebiet zu führen, in dem er sich gerade aufhält. Idealerweise verfügt er über ausreichend Segelpraxis und kann dies auch nachweisen, nicht zuletzt mit entsprechenden Segelführerscheinen.
Ferner ist die Teilnahme an Funk- und Sicherheitslehrgängen für jeden Skipper sinnvoll. Die beste Rettungsausrüstung nützt schließlich wenig, wenn sie im Ernstfall nicht korrekt oder schnell genug angewendet werden kann. Beispiel: Wer einen Brand an Bord mit dem falschen Löschmittel bekämpft, läuft Gefahr, den schon entstandenen Schaden noch erheblich zu vergrößern.
Mit vergleichsweise wenig Aufwand kann ein Boot dagegen vor Diebstahl geschützt werden. Wer etwa Außenborder und Backskisten mit Vorhängeschlössern sichert und darauf achtet, dass sich größere Luken nicht von außen öffnen lassen, hat schon viel getan. Auch das Niedergangsschott sollte stabil und abschließbar sein.
Zudem haben bei längerer Abwesenheit lose Ausrüstungsgegenstände nichts an Deck oder im Cockpit zu suchen, also nicht das teure Fernglas oder die Winschkurbeln dauerhaft in den Schwalbennestern stauen. Nur das, was naturgemäß an Deck gehört, darf aus Sicht der Versicherung auch dort gelagert werden. Also etwa der Bootshaken, die Fender oder der Rettungskragen. Das alles braucht man auch nicht anzuschließen. Wer einen Schritt weitergehen will, kann wertvolle Ausrüstung von der Polizei gravieren lassen. Entsprechende Aktionen werden je nach Region immer wieder mal durchgeführt. Polizeiaufkleber auf Außenbordern oder auf der Navigationselektronik schrecken viele Diebe ab. Und sollte dennoch einmal etwas abhanden kommen, lässt es sich später, falls es sich wiederfindet, problemlos seinem Besitzer zuordnen.
Um jeglichen Ärger mit der Versicherung zu vermeiden, empfiehlt es sich zudem, die Bootspapiere in Ordnung zu halten. Also einen Bootspass möglichst in Kopie daheim sowie wichtige Rechnungen und Kaufverträge aufbewahren. Auch eine Inventarliste, am besten um Fotos ergänzt, kann hilfreich sein. Das erhöht nach einem Diebstahl die Glaubwürdigkeit und empfiehlt sich vor allem bei überausgerüsteten Schiffen. Denn meldet jemand zwei oder drei hochwertige Ferngläser oder mehr als einen Bordcomputer als gestohlen, muss er damit rechnen, dass die Versicherung kritisch nachfragt und Belege verlangt.
Sicherheit für Leib und Leben geht vor. Das sehen auch die Versicherer nicht anders. Dennoch dürfen sie erwarten, dass ein Eigner alles tut, um wenigstens die Schadensfolgen zu mindern, wenn er ein Unglück oder einen Unfall schon nicht abwenden konnte.
Solche im Versicherungsjargon Obliegenheiten genannten Pflichten sind keine spezielle Bosheit der Yachtversicherungsbranche, sondern in jeder Police vorhanden. Es geht darum, dass der Versicherte, der aus dem Vertrag ja bestimmte Rechtsansprüche ableiten kann, andererseits dafür auch bestimmte Auflagen erfüllen muss.
In diesem Zusammenhang sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass falsches Handeln nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes führt, solange man nach bestem Wissen und Gewissen handele. Was zählt, ist, Initiative zu zeigen und sich nicht einfach auf die Versicherung zu verlassen nach dem Motto, die zahlt ja.
Beispiel: Nach einem Mastbruch muss der Skipper beispielsweise dafür Sorge tragen, dass der Rumpf nicht durch schlagende Teile leckschlägt.
Ist es erforderlich, eine Yacht bergen zu lassen und bietet sich dafür ein professionelles Unternehmen oder auch ein örtlicher Fischer an, unbedingt auf Lloyds Open Form bestehen. Das ist ein international anerkannter Standardvertrag zwischen einer Bergungsfirma und einem Havaristen auf See.
Des Weiteren darf beschädigte Ausrüstung, wenn möglich, nicht gleich beseitigt werden. Gerissene Segel oder ein fehlerhaftes Walzterminal, aufgrund dessen der Mast von oben gekommen ist, immer einige Zeit zur Beweissicherung aufbewahren. Auch dann, wenn man schon ein grundsätzliches Okay für die Reparatur erhalten hat. Grund: Die Versicherung sollte die Chance haben, ein beschädigtes Teil von einem Sachverständigen in Augenschein nehmen zu lassen.
Mitunter sind bei der Schadensminderung auch kreative Maßnahmen gefragt. So laminierte beispielsweise vor einigen Jahren der Eigner einer Hunter Legend 450 ein Stück Fels, das nach einer Grundberührung im Bug unterhalb der Wasserlinie steckengeblieben war, kurzerhand in den Rumpf ein. Damit bewahrte er das Boot vor dem Sinken. Es konnte später in eine Werft geschleppt und repariert werden.
Wer die Möglichkeit hat, sollte zudem, sobald keine unmittelbare Gefahr mehr für Schiff und Crew droht, die Versicherung schon von See aus informieren. Die kann unter Umständen wertvolle Unterstützung liefern oder dazu beitragen, den Schaden weiterhin in Grenzen zu halten.
Auf keinen Fall aber, so betonen Versicherungsfachleute unisono, vorschnell eine Werft mit der Instandsetzung beauftragen. Bei Schäden an neuen Schiffen prüfen die Gesellschaften nämlich zum Beispiel regelmäßig, ob eventuell Regressforderungen gegen den Hersteller erhoben werden können. Das wird durch eine eigenmächtige Reparatur rasch zunichte gemacht.
Bei Diebstahl, Feuer oder gar einer Explosion an Bord muss außer der Versicherung auch die Polizei hinzugezogen werden. Dies kann auch bei Personenschäden sinnvoll sein, zum Beispiel zur Protokollierung des Unfallhergangs oder Beweissicherung von Ausrüstungsgegenständen, die den Unfall nach sich gezogen haben.
Keine Behörde muss in Deutschland informiert werden bei Schiff-Schiff-Kollisionen. Je nach Land sind aber weitere Havarien per Gesetz meldepflichtig, in Kroatien etwa jede noch so kleine Grundberührung.
Eine Anzeige kann in Deutschland bei jeder Behörde erfolgen. Deren Aufgabe ist es dann, gegebenenfalls die zuständigen Kollegen von der Küstenwache, Waschpo, Feuerwehr oder auch von Umwelt- und Wasser- und Schifffahrtsämtern hinzuzuziehen.
Übrigens: Schiffe unter deutscher Flagge, die untergehen oder die eine andere schwerwiegende Havarie erleiden, egal wo auf der Welt, müssen dem Seeamt gemeldet werden. Dieses stellt dann eine offizielle Untersuchung an. Bei einem Verstoß gegen die Anzeigepflichten drohen einem Eigner nicht nur strafrechtliche Konsequenzen. Er setzt auch seinen Versicherungsschutz aufs Spiel.
Was im Einzelnen bei einem Diebstahl, einer Kollision mit einem anderen Schiff oder einer anderen schweren Havarie zu tun ist, lässt sich auf einen Blick unseren Checklisten entnehmen.
Sobald sich die erste Gelegenheit ergibt, einen Havariebericht anfertigen und der Versicherung zukommen lassen. Entsprechende Vordrucke stellt der Makler oder die Assekuranz bereit, oft als Internet-Download. Danach den Reparaturauftrag abwarten.
Auf keinen Fall selbst die Instandsetzung ohne das Okay der Versicherung veranlassen, es sei denn, sie dient zweifelsfrei der Schadensminderung. Bei schwerwiegenderen Schäden beauftragt die Versicherung einen Sachverständigen zur Begutachtung. Auf Grundlage seiner Arbeit wird letztendlich ermittelt, wie viel Geld der Eigner von seiner Versicherung zu erwarten hat.
Bei Streit über die Schadenshöhe: "Vor allem keine Reparaturen in Auftrag geben, bevor eine Klärung erzielt ist", rät der Hamburger Rechtsanwalt und Wassersportexperte Dr. Heyko Wychodil. Auch wenn dies das ganze Verfahren in die Länge zieht.
Einige Versicherungen lassen nicht nur die Schadenshöhe per Gutachten ermitteln, sie sorgen darüber hinaus dafür, dass der Schaden fachgerecht repariert wird und unterstützen den Kunden auf Wunsch bei der Suche nach einem geeigneten Reparaturbetrieb.
Sorgen von Eignern, dass die Versicherung die Arbeiten von einem Billiganbieter ausführen lassen könnte, sind unbegründet. Die Versicherer wissen selbst allzu gut, dass sich so etwas schnell herumspräche. Die Unternehmen leben vielmehr von ihrem guten Leumund in der Seglerschaft.
Auch Anwalt Wychodil bestätigt: "Der Eigner sollte im Normalfall davon ausgehen können, dass die Versicherung qualifizierte Fachbetriebe mit der Schadensbehebung beauftragt. Schließlich ist ja auch ihr daran gelegen, hinterher wieder ein vernünftig instandgesetztes Schiff im Kundenbestand zu haben."
Kann bei einem Bagatellschaden auf einen Sachverständigen verzichtet werden, muss der Eigner selbst einen Kostenvoranschlag einholen und diesen dann bei der Versicherung einreichen.
Wird das Schiff schließlich in einem Reparaturbetrieb instandgesetzt und weichen die tatsächlichen Kosten am Ende deutlich vom anfangs eingeholten Kostenvoranschlag ab, ebenfalls wieder sofort die Versicherung einschalten. Dies gilt auch dann, wenn der Betrieb zwischendurch höhere Aufwendungen ankündigt. Dann sofort die Arbeiten stoppen lassen und erst Rücksprache mit dem Versicherer halten. Im Zweifel taxiert er die Schadenshöhe noch einmal neu.
Wie hoch der Schadensersatz tatsächlich ausfällt, hängt aber nicht nur von einem Gutachten oder einem Kostenvoranschlag ab – maßgeblich ist das Kleingedruckte in der Versicherungspolice. Da bestehen teils gravierende Unterschiede zwischen Zeit- und Neuwertentschädigungen oder auch der sogenannten Festen Taxe. Worauf im Vertrag generell alles zu achten ist, finden Sie hier.
Bei einer guten Neuwertentschädigung erhält der Versicherte ohne Wenn und Aber neue Ausrüstung oder auch ein neues Schiff. Mehr noch: Sie deckt auch Anpassungsaufwendungen. Das bedeutet: Gibt es einen beschädigten oder gestohlenen Ausrüstungsgegenstand nicht mehr auf dem Markt, sodass ein ähnliches Teil angeschafft werden muss, welches aber beispielsweise bauliche Veränderungen am Schiff nach sich zieht, sind auch die Kosten dafür gedeckt.
Das kann zum Beispiel bei einem gestohlenen GPS-Kartenplotter der Fall sein. Ältere Geräte benötigten wegen ihrer kleineren Monitore wenig Platz, vergleichbare Instrumente sind heute ungleich größer. Unter Umständen muss also eine größere Aussparung ins GFK gesägt oder gleich ein ganz neuer Platz für den Geräteeinbau vorbereitet werden.
Ersetzt werden sogar unbeschädigte Teile. Beispiel: Von einem älteren Paar Genuawinschen wird eine durch ein versichertes Risiko zerstört. Dann werden beide Winschen ausgetauscht.
Der Unterschied liegt also im Detail. Ein genauer Vergleich der Versicherungsangebote macht Arbeit, zahlt sich unter Umständen am Ende aber aus. Wer Angebote auf einen Mausklick von über 20 Anbietern ordern und daheim in Ruhe vergleichen will, gelangt hier zu unserer kostenlosen Angebots-Anfrage.