YachtflaggenDas steckt hinter den Flaggen mit Wappen

Christian Tiedt

 · 08.12.2022

Finnische Yachtclubs führen eine eigene Flagge: Ein schmales weißes Kreuz auf  dem blauen unterscheidet sie von der gewöhnlichen National- und Handels­flagge, das zusätzlich eingefügte  Emblem auch untereinander
Foto: Christian Tiedt
Finnische Yachtclubs führen eine eigene Flagge: Ein schmales weißes Kreuz auf dem blauen unterscheidet sie von der gewöhnlichen National- und Handels­flagge, das zusätzlich eingefügte Emblem auch untereinander

Viele europäische Staaten verfügen über besondere Yachtflaggen, die anstelle der Nationalen geführt werden können. Gestaltung und Nutzung sind jedoch sehr unterschiedlich geregelt. Ein bunter Überblick

Wer während der Saison in den Häfen von Nord- und Ostsee unterwegs ist, trifft an den Stegen auf eine Menge Gäste aus ganz Europa. Woher sie stammen, sieht man am Heck: Denn was dort weht, verrät die Herkunft auf den ersten Blick. Schon auf den zweiten Blick fällt aber häufig auf, dass es sich dabei – anders als bei deutschen Yachten – nicht immer um die „Nationale“ handelt, wie man sie von Land kennt, sondern um eine spezielle Yachtflagge.

Zusatzfarben, andere Formen und ein an dieser oder jener Stelle hinzugefügtes Symbol oder Emblem sorgen zum Teil für eine erstaunliche Vielfalt an den Flaggenstöcken unserer Nachbarn. Gestaltung und Nutzung dieser Varianten ist je nach Land aber unterschiedlich reglementiert. Gleiches Recht für alle gilt längst nicht überall. Mal dürfen sich alle Skipper freuen, mal gehören nur wenige zu den Auserwählten. Dass die Tradition dabei häufig eine große Rolle spielt, dürfte kaum überraschen. Hier stellen wir die Yachtflaggen all jener europäischen Staaten vor, vom Ostseeraum bis zum Mittelmeer. In der Bildergalerie oben finden sich entsprechende Beispiele.

Yachtflaggen aus ganz Europa

Dänemarks allgemeine Yachtflagge gehört auch bei uns im Sommer zum gewohnten Bild. Kaum ein Skipper unseres nördlichen Nachbarlandes verzichtet auf das Recht, den Doppelstander des Dannebrog am Heck zu führen, die sogenannte splittflag. Sie ist eigentlich staatlichen Behörden und Seestreitkräften vorbehalten. Die Yachtausführung wird deshalb um die in Gelb oder Gold ausgeführten Buchstaben „Y.F.“ im Obereck ergänzt. Ursprünglich stand die Abkürzung für die dänische Yachtskippervereinigung (yachtskipper forening). Einige Vereine dürfen allerdings zusätzlich weitere, individuelle Symbole führen, wie etwa die drei Sterne des Königlich Dänischen Yachtclubs.

In Norwegen gibt es zwar keine allgemeine Yachtflagge. Eine Ausnahme besteht aber für den Königlich Norwegischen Yachtclub: Seine Mitglieder haben die Erlaubnis, die gezungte Dienstflagge zu zeigen. Ein aufgelegtes weißes Feld mit der Königskrone und dem Monogramm des jeweiligen Monarchen (seit 1991 ist das Harald V.) sorgt für die Unterscheidbarkeit. Ähnlich ist es in den Niederlanden: Dort sind es jedoch mehrere Vereine, die vom Königshaus das Recht auf eine eigene Flagge zugesprochen bekommen haben. In diesen Fällen wird der Nationalen ein Emblem oder die verkleinerte Abbildung des jeweiligen Standers der Nationalen hinzugefügt. In unserer Bildergalerie ist als Beispiel der Königlich Niederländische Motorboot Club zu sehen.

Krone sorgt für Flaggen-Vielfalt in Großbritannien

Nirgendwo sonst jedoch machen gekrönte Häupter mehr von ihrem Privileg Gebrauch als in Großbritannien: Normalerweise führen Yachten aus Großbritannien zwar die rote Handelsflagge mit dem kleinen Union Jack am Heck – das sogenannte Red Ensign. Rund ein Dutzend Vereine verfügen mit Erlaubnis der Krone (und der Admiralität) über eine eigene Variante mit dem entsprechenden Abzeichen (in der Galerie das Red Ensign mit dem badge des Royal Dart Yacht Club).

Die blaue Variante der Nationalen, das Blue Ensign, diente früher den Behörden, Territorien und Kolonien als Grundlage eigener Flaggen. Inzwischen wird sie aber auch durch Yachtvereine genutzt, königliche Zustimmung vorausgesetzt. Rund dreißig sind es derzeit, darunter der Royal Motor Yacht Club (Beispiel in der Galerie). Weitere rund fünfzig Vereine dürfen sich mit hinzugefügtem Emblem präsentieren, was diese Version zur häufigsten macht. Das gezeigte Beispiel gehört zum Little Ship Club in London.

Sogar für die reguläre Flagge der Royal Navy, das White Ensign, gibt es eine Ausnahme: Es gilt für die Mitglieder der altehrwürdigen Royal Yacht Squadron, beheimatet in Cowes auf der Isle of Wight. Sogar die Luftstreitkräfte kommen zu ihrem Sonderrecht: Ihre an Land genutzte Dienstflagge in hellerem Blauton ist abgewandelt – mit Adler, Krone und Hoheitszeichen der Royal Air Force – auch auf dem Wasser an Booten der RAF Sailing Association zu sehen. Beide Flaggen sind in der Bildergalerie zu sehen.

Keine besonderen Yachtflaggen in Belgien und Spanien

Zwei weitere Monarchien verzichten dagegen auf Privilegien für ausgesuchte Clubs: So gibt es in Belgien eine allgemeine Flagge für heimische Gewässer. Dabei handelt sich um die Handelsflagge mit der Königskrone im linken Obereck. Laut Reglement soll diese zwar einfarbig gelb sein, viele Hersteller bieten aber auch mehrfarbige Versionen an. Ganz ähnlich sieht die Regelung in Spanien aus: Hier ist die Yachtflagge durch eine mittig aufgesetzte blaue Krone gekennzeichnet, die mal größer, mal kleiner ausfällt. Auch der Blauton kann variieren.

Nach der Unabhängigkeit von Großbritannien haben zahlreiche Vereine der Republik Irland ihre eigenen ensigns behalten und lediglich den Union Jack im Obereck gegen die neuen nationalen Farben Grün, Weiß und Orange ausgetauscht. Dazu gehört auch der Königlich Irische Yacht Club in Dún Laoghaire bei Dublin. Die gewöhnliche Grundfarbe ist allerdings Blau, wie im Fall des Howth Yacht Clubs. Der Ton kann heller oder dunkler ausfallen. Wie in anderen Ländern, sind die irischen Yachtflaggen nur für den Gebrauch in eigenen Gewässern gedacht.

In Finnland unterscheidet dagegen ein feines weißes Kreuz die Yacht- von der Nationalflagge, die nur das blaue skandinavische Kreuz auf weißem Grund zeigt. Genutzt wird sie ausschließlich von Vereinen, die dann zusätzlich ihr individuelles Emblem im Obereck zeigen. Links ist ein Beispiel zu sehen: der Nyländska Yachtclub aus Helsinki. Auch auf Åland verfährt man in dieser Weise: Die Inselgruppe, auf der Schwedisch gesprochen wird, gehört zwar zu Finnland, verfügt aber über weitgehende Autonomie und eine eigene Nationalflagge. Vereine können eine als Doppelstander ausgeführte Variante nutzen, ebenfalls mit eingefügtem Emblem. Hier ist es die Åländische Segelgesellschaft aus Mariehamn (ÅSS).

Auch Seekriegsflaggen sieht man am Heck einiger Yachten

Spezielle Yachtflaggen gibt es auch in Polen, sie sind jedoch weniger weit verbreitet als in Skandinavien. Eine dieser Ausnahmen bildet der Polnische Yachtclub, der wie in Dänemark den Doppelstander der Seekriegsflagge mit dem roten Andreaskreuz des Vereinsstanders kombiniert. Italien verfügt über keine eigene Yachtflagge, doch auch hier kommt die Seekriegsflagge in einem Fall zum Zuge, unverändert wie im Fall der Royal Yacht Squadron in Großbritannien. Der in Genua beheimatete Yacht Club Italiano darf als einziger Verein die Bandiera Navale Militare führen. Die allerdings unterscheidet sich ohnehin nur im Detail von der Handelsflagge – etwa durch die Schiffskrone über dem Staatswappen.

Gleichheit ist einer der staatlichen Grundsätze Frankreichs, Privilegien passen da kaum ins Bild. Die Trikolore (auf See mit unterschiedlich breiten Streifen) weht daher am Heck aller Wasserfahrzeuge, vom Flugzeugträger bis zum Daycruiser. Doch selbst in diesem Land gibt es eine einzelne, historische Ausnahme: Denn der Yacht Club de France ist nicht nur der bekannteste des Landes – sondern auch der bedeutendste. Als einzige Wassersportorganisation darf er daher eine besondere Variante mit zwei zusätzlichen Sternen führen: Sie repräsentieren die beiden Vereine, die sich 1902 zum YCF zusammenschlossen.

Last but not least: die Schweiz. Kein anderer Binnenstaat hat – vielleicht wenig überraschend – der Gestaltung einer speziellen Yachtflagge zugestimmt. Der Cruising Club der Schweiz jedoch, der auch für die Hochsee-Wassersportausbildung des Landes zuständig ist, durfte der Nationalflagge mit dem weißen Kreuz seine Vereinsinitialen und einen sogenannten unklaren, mit einer Leine umschlungenen Anker hinzufügen (siehe Abbildung in der Galerie).


Mehr zum Thema: