Sweden Yachts GroupInsolvenzverfahren bis 4. Oktober verlängert

Jochen Rieker

 · 23.09.2024

Sweden Yachts Group: Insolvenzverfahren bis 4. Oktober verlängertFoto: Peter Szamer
Eine Malö 43. Die Bau-Nummer 140 sollte schon seit einem Jahr segeln, wurde jedoch nie fertig. Was blieb, ist ein Kasko
Noch steht der offizielle Bericht der Insolvenzverwalterin aus. Doch inzwischen verdichten sich die Indizien, dass Werftchef Mattias Rutgersson wissentlich Eigner um Millionen Euro betrogen hat – und das schon seit langem

Zwei Mal schon wollte Paula Save, die vom Gericht eingesetzte Verwalterin im Insolvenzverfahren um die Sweden Yachts Group, ihre Ermittlungen abschließen. Zwei Mal musste sie Aufschub beantragen – weil die Dimensionen des Falls offenbar größer sind als zunächst vermutet, weil die Veruntreuung von Kundengeldern weiter zurückreicht, und weil der ehemalige Werftchef Mattias Rutgersson nur auf Druck hin die nötigen Unterlagen bereitstellte.

Nichts zu holen für Gläubiger

Schon bei Eröffnung des Verfahrens stand fest: Viel gibt es nicht zu holen bei dem Bootsbauer, der im Hochpreissegment des Yachtmarkts tätig war und sich mit jahrzehntelang etablierten Marken schmückte: Malö, Sweden Yachts, Regina af Vindö und CR Yachts.

Bei ihrem ersten Kassensturz stellte Paula Save jedoch fest: Offenen Forderungen in Höhe von 4,6 Millionen Euro standen lediglich Vermögenswerte von 11,95 Euro entgegen. Die Sweden Yachts Group war eklatant überschuldet und wohl schon länger zahlungsunfähig.

Arglistige Täuschung

Alarmiert von einem über Monate planvoll und arglistig getäuschten Käufer aus Deutschland, berichtete die YACHT Mitte März als erstes Magazin über den Fall.

Bei den Recherchen zeichnete sich ab, dass Mattias Rutgersson die finanzielle Schieflage zu verschleiern versuchte, indem er Vorauszahlungen mehrerer Kunden zweckentfremdete, um offene Forderungen zu begleichen. Wie das schwedische Segelmagazin „Praktisk Batagande“ am vergangenen Freitag in seiner Online-Ausgabe berichtet, scheint sich das im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht nur zu bestätigen; es gibt auch neue Indizien über eine weit größere Tragweite des Betrugs.

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Auf Nachfrage von Autor Joakim Hermansson, einem unserer Partner bei der Wahl zu Europas Yacht des Jahres, hielt sich Paula Save zwar bedeckt. "Ich möchte dem Bericht nicht vorgreifen", sagte sie am Telefon. Hermansson konnte freilich im Umfeld des ehemaligen Betriebs weitere Indizien für ein offenbar gezielt herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit zusammentragen.

“Maschinen und Werkzeuge verschwunden”

Anders als die Insolvenzverwalterin habe sich das Umfeld der Sweden Yachts Group „auskunftsfreudiger“ gezeigt, schreibt Hermannson. Und weiter:

„Der Manager eines Großhändlers erzählt uns beispielsweise, dass das Unternehmen des ehemaligen Geschäftsführers solange er sich erinnern kann alle Einkäufe im Voraus bezahlen musste. Am Ende kamen die Zahlungen sogar direkt von den Bootskäufern, was ein Zeichen dafür sein könnte, dass der Geldfluss der Sweden Yachts Group nicht zufriedenstellend funktionierte und die Kunden befürchteten, das Geld werde sonst nicht an der richtigen Stelle ankommen“. Das deckt sich mit Informationen der YACHT, die gleich mehrere geprellte Eigner bestätigten.

Ehemalige Mitarbeiter von Mattias Rutgersson berichten dem schwedischen Segelmagazin ferner über „verspätete Lohnzahlungen, fehlendes Material und allgemeine Desorganisation“. Auch gebe es bislang nicht verifizierte Hinweise darauf, dass „kurz vor dem Konkurs Maschinen und Werkzeuge auf unerklärliche Weise“ aus dem maroden Betrieb verschwunden seien.

Zu den Geschädigten zählen nicht nur Yachtkäufer, die im Vertrauen auf die sprichwörtliche Qualität und Verlässlichkeit der Bootsbauer von der Insel Orust Vorauszahlung leisteten, ohne dass die jeweiligen Teilschritte in der Produktion abgearbeitet waren. Auch der schwedische Staat ist Gläubiger: Allein für die von der Bezirksverwaltung übernommenen Lohnausfallzahlungen und vorenthaltene Steuern steht Rutgersson mit mehr als einer halben Million Euro bei der öffentlichen Hand in der Kreide.

Neue Firma war geplant

Und der Pleitier wollte offenbar munter weitermachen. Wie Joakim Hermansson von „Praktisk Batagande“ herausfand, trat Rutgersson im Februar, nur drei Tage vor dem Konkurs, in eine neue Firma ein, die er als „Orust Boatyard“ ins Handelsregister eintragen lassen wollte. Er selbst sollte als CEO firmieren, seine Ehefrau Mitglied des Vorstands werden. Firmensitz: die ehemalige Adresse der Sweden Yachts Group.

Verwunderlich an dem Fall ist, dass Rutgersson seine Machenschaften über einen langen Zeitraum aufrecht erhalten konnte, obwohl er immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz und den Aufsichtsbehörden kam. „Das schwedische Handelsregisteramt hat keinen Alarm geschlagen, obwohl mehrere Jahre lang keine korrekten Jahresabschlüsse vorlagen“, schreibt Hermansson.

Eigentlich hätte ihm das Gericht ein dreijähriges Verbot der Geschäftstätigkeit auferlegen müssen. „Im Februar 2023 verurteilte die schwedische Behörde für Wirtschaftskriminalität den ehemaligen Geschäftsführer zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 80 Tagen wegen Verstößen gegen die Buchführung im Jahr 2020 in einem anderen Unternehmen.“ Aus dem Urteil geht hervor, dass er damals mehrfach im Strafregister auftauchte und dass er 2018 eine Bewährungsstrafe für ein Rechnungslegungsdelikt akzeptierte.

Aufhalten ließ sich Rutgersson davon freilich nicht. Gut möglich, dass ihm zumindest jetzt deutlich drastischere Konsequenzen drohen. Paula Saves Bericht ist für 4. Oktober terminiert; er verspricht, aufschlussreich zu werden.

Malö und Sweden Yachts sollen weitergebaut werden

Während die Sweden Yachts Group von Mattias Rutgersson abgewickelt wird, hat der Eigentümer der Werfthallen sowie der Marken Malö und Sweden Yachts, die Elgudden Group, den Weiterbetrieb angekündigt.

Zunächst sollen die zum Teil fertiggestellten Kaskos, die aus der Insolvenz stammen, in Kungsviken komplettiert werden. Verantwortlich ist die Martin Hallgren Marine AB in Ellös. Der YACHT liegen bisher aber keine Informationen über die Finanzkraft der Gesellschafter und deren Investitionsbereitschaft vor.


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