RechtWarum ein Schiedsgericht für den Yachtsport längst überfällig ist

Benyamin Tanis

 · 25.09.2025

Recht: Warum ein Schiedsgericht für den Yachtsport längst überfällig istFoto: YACHT/N. Krauss
Im Streit bleibt Eignern bisher nur der Weg vor ein Gericht. Der ist oft langwierig und teuer.
​Im Rahmen des Cannes Yachting Festivals wurde der Verein Yachting Court of Arbitration gegründet. Der soll Gerichtsverfahren künftig überflüssig machen.

​Yachtsport ist mehr als nur ein Hobby – für viele Seglerinnen und Segler ist er Leidenschaft, Lebensstil, Gemeinschaft. Doch auch in dieser Welt bleiben Konflikte nicht aus. Wer sein Boot neu ausrüstet, eine gebrauchte Yacht kauft oder mit einer Werft in Streit gerät, sieht sich schnell mit juristischen Problemen konfrontiert. Auch bei der Vercharterung, auf Regatten oder im Rahmen der Abwicklung von Versicherungsschäden kommt es zu Auseinandersetzungen.

Die logische Reaktion ist der Gang zu den ordentlichen Gerichten. Doch die sind überlastet, langsam und fachlich überfordert. Und damit ergeben sich dann noch völlig neue Probleme.


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Schon heute sind deutsche Zivilgerichte durch die demografische Entwicklung personell am Limit. In den nächsten 15 Jahren droht laut Prognosen ein Abgang von bis zu vierzig Prozent des heutigen Richterpersonals. Bereits jetzt sind Verfahrensdauern von mehreren Jahren keine Seltenheit mehr, selbst bei wirtschaftlich wenig komplexen Sachverhalten.

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Hinzu kommt, dass das deutsche Gerichtssystem für klassische Zivilsachen konzipiert ist. Es gibt keine spezialisierte Kammern für Wassersportrecht oder technische Fragen. In der Praxis bedeutet das, dass Richterinnen und Richter sich auf zeitraubende Gutachten verlassen müssen, um komplexe Sachverhalte zu verstehen. Die Verfahren werden dadurch langsam und teuer. Fachliche Fehlentscheidungen sind trotzdem nicht ausgeschlossen, weil das technische, versicherungsrechtliche und sportliche Spezialwissen fehlt. Ein öffentliches Gerichtsverfahren in einem yachtsportbezogenen Konflikt ist somit häufig ineffizient, kostenintensiv und frustrierend.

Ein Schiedsgericht hat klare Vorteile

Die Alternative wäre ein auf rechtliche Fragen des Yachtsports spezialisiertes Schiedsgericht. Ein solches ist, anders als staatliche Gerichte, ein privates Streitbeilegungsgremium, das nach den Regeln der sogenannten Alternative Dispute Resolution arbeitet. Die Verfahren finden vertraulich statt, ohne öffentliche Verhandlungen oder mediale Aufmerksamkeit. Die Schiedsrichter sind Juristen, Sachverständige und Praktiker mit nachgewiesener Erfahrung im Yachtsport.

Die Parteien können selbst bestimmen, welche Sprache, welche Regeln und Schiedsrichter bemüht werden. Das Verfahren ist flexibel, effizient und auf die branchenspezifischen Anforderungen zugeschnitten. Für Segler bedeutet das: mehr Kontrolle, mehr Fachverstand und geringere Kosten.

Ein entscheidender Vorteil liegt in der Zusammensetzung des Spruchkörpers. Es entscheidet ein Gremium aus Fachleuten, die sowohl das rechtliche als auch das technische Umfeld des Wassersports kennen. Dadurch sind Gutachten in vielen Fällen entbehrlich. Auch laufen die Verfahren schneller ab, weil es wenige formale Abläufe und keine personellen Engpässe gibt. Zudem sind die Kosten transparenter und besser planbar, da feste Gebührenmodelle greifen und die Anzahl der Beteiligten überschaubar bleibt.

Die Verfahren können schriftlich, digital oder mündlich durchgeführt werden. Hinzu kommt die internationale Kompatibilität. Ein Schiedsspruch kann weltweit vollstreckt werden, was gerade bei Yachtkäufen im Ausland oder grenz­über­schrei­ten­den Konflikten von großer Bedeutung ist.

Einsetzen eines Schiedsverfahrens

Das Schiedsverfahren wird im Idealfall bereits bei Vertragsschluss – etwa Kaufvertrag, Refit-Auftrag oder Chartervertrag – in einer Schiedsklausel vereinbart. Kommt es später zu einem Konflikt, reicht eine Partei ein Schiedsbegehren ein, in dem Streitgegenstand, beteiligte Parteien sowie Verfahrensvorschläge benannt werden. Die Parteien einigen sich dann auf einen oder mehrere Schiedsrichter.

Das Verfahren orientiert sich an einer gemeinsam vereinbarten Verfahrensordnung oder greift auf die eta­blier­ten Regeln eines spezialisierten Schiedsgerichts wie des International Yacht Arbitration Court zurück.

Es folgt der Austausch von Schriftsätzen, mit Argumenten und Beweismitteln. Eine mündliche Verhandlung muss nicht, aber kann stattfinden, entweder in Präsenz oder virtuell. Am ­Ende steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der das Verfahren abschließt und weltweit durchsetzbar ist.

Schiedsgericht notwendige Antwort auf systematische Lücke

Die strukturellen Probleme der öffentlichen Justiz werden sich in den kommenden Jahren verschärfen. Zugleich steigt die Zahl der Yachttransaktionen, Charterabkommen und internationalen Kooperationen im Wassersport. Ein spezialisiertes Schiedsgericht ist keine juristische Spielerei – es ist die notwendige Antwort auf eine Lücke im System.

Auch der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Digitalisierung, Mobilität und Selbstbestimmung spricht für diese Form der Streitbeilegung. Wer auf dem Wasser zu Hause ist, will keine jahrelangen Prozesse an Land, sondern schnelle, faire und kompetente Entscheidungen.

Ob Fahrtensegler mit Liegeplatzproblemen, Charterkunde mit mangelhafter Yacht oder Versicherungsnehmer im Streit um einen Sturmschaden – sie alle profitieren von einem Verfahren, das nah an der Praxis, flexibel im Ablauf und fair in der Sache ist.

Ein Schiedsgericht für den Yacht­sport ist daher nicht nur sinnvoll – es ist längst überfällig. Gemeinsam mit meinen europäischen Partnerkanzleien ­habe ich mich entschlossen, diesen Beitrag zur Verbesserung der Streitbeilegung in der maritimen Freizeitbranche zu leisten. So entstand der Verein Yachting Court of Arbitration, dessen Gründungsversammlung im September im inspirierenden Rahmen des Cannes Yachting Festivals stattfand.

Vielfache Vernetzungsmöglichkeiten

Die Resonanz aus der Branche war ermutigend. Schon kurz nach der Gründung konnten wir ausgewiesene Fachleute aus Technik, Recht, Versicherungswesen und Yachtbetrieb als Schiedsrichter gewinnen. Zudem liegt bereits eine ausgearbeitete Schiedsordnung vor, die mit ihren Regeln den hohen Anforderungen an Fairness, Transparenz und Praxistauglichkeit gerecht wird.

Unser Ziel ist es, nicht nur juristisch zu überzeugen, sondern auch Vertrauen zu schaffen – mit einem Verfahren, das den besonderen Anforderungen des Yachtsports gerecht wird.

Besonders erfreulich ist die Per­spektive auf eine enge und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem International Yacht Arbitration Council (iyac.org), das sich seit Jahren für die Professionalisierung der Schiedsgerichtsbarkeit im Yachtbereich einsetzt. Die Synergien zwischen unserer praktischen Ausrichtung und der internationalen Vernetzung des IYAC eröffnen vielversprechende Möglichkeiten – sei es bei der gegenseitigen Anerkennung von Schiedssprüchen, bei gemeinsamen Schulungsformaten oder einheitlichen Standards.

Auch mit den einschlägigen deutschen und europäischen Fachverbänden sowie den führenden Wassersportverbänden in Europa stehen wir in engem Austausch. Unser Ziel ist es, die Schiedsgerichtsbarkeit im Yachtsport nicht isoliert zu betreiben, sondern sie in die bestehenden Strukturen und Netzwerke zu integrieren und dort als kompetente, praxisnahe Ergänzung zu etablieren.


​Der Autor: Benyamin Tanis

Edited in Prisma app with Curly HairFoto: Kristina König/Soulpicture

Vom Bootskauf über Steuer- und Zollangelegenheiten bis hin zur Abwicklung von Schadensfällen: Der Segler und Rechtsanwalt aus Kiel berät und vertritt seine Mandanten seit vielen Jahren mit einem Team aus mehreren Anwälten, Boots- und Schiffbauern und mit einem europaweiten Netzwerk von Partnerkanzleien in allen rechtlichen Fragen rund um die Themen des Yachtsports.

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