Eigner Parlow musste seine nur sechs Monate alte Segelyacht in die Rettungsinsel verlassen. Das Schiff aus französischer Produktion mit der CE-Kategorie A (Hochsee) hatte während eines Törns auf der Kieler Bucht im Bugbereich erhebliche Mengen Wasser aufgenommen und ging schnell auf Tiefe. Die Ursache hatte Parlow nicht finden können. Nach der Bergung stellte sich heraus, dass das in den Rumpf eingeklebte Bugstrahlruder herausgebrochen war. Es war konstruktiv nicht zusätzlich befestigt. Eigner Parlow trifft an der Havarie kein Verschulden. Seine Kaskoversicherung möchte Parlow gar nicht in Anspruch nehmen, weil auch nicht versicherte Schäden entstanden sind und er davon ausgeht, dass der Händler für den Schaden aufkommt. Schließlich ist das Schiff noch in der kaufvertraglichen Gewährleistung, die für den Zeitraum von zwei Jahren ab Übergabe gilt. Doch der Händler weist alle geltend gemachten Ansprüche zurück. Er habe einen Mangel, der zum Sinken des Schiffes geführt haben könnte, nicht verursacht. Für Fehler der Herstellerwerft hafte er nicht.
Eine objektive Pflichtverletzung des Kaufvertrages liegt vor. Denn die für die Kategorie A zertifizierte Segelyacht war für ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch offensichtlich ungeeignet. Eigner Parlow hat daher einen Anspruch auf Nacherfüllung (Neulieferung oder Nachbesserung).
Das für weitere Schadensersatzansprüche erforderliche Verschulden des Händlers fehlt tatsächlich. Für Produktionsfehler trägt er keine Verantwortung. Das wäre nur anders, wenn konkrete Anhaltspunkte für den fehlerhaften Einbau des Bugstrahlruders für ihn ersichtlich gewesen wären. Doch selbst eine sorgfältige Prüfung der Yacht vor der Auslieferung hätte es dem Händler nicht ermöglicht, die mangelhafte Einbaukonstruktion zu bemerken.
Der Händler hat recht, wenn er sagt, dass er dafür nicht haftet. Er muss es sich auch nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen. Denn nach dieser Vorschrift haftet der Geschäftsherr für das Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen. Die Werft war aber kein solcher Gehilfe des Händlers bei der Erfüllung des Kaufvertrages. Denn der verpflichtet den Händler ja nur, dem Käufer das Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen, nicht aber, sie herzustellen. Eigner Parlow wird demnach gegen den Yacht-Händler über die Nacherfüllungsansprüche hinaus keine Schadensersatzansprüche durchsetzen können.
Er kann sich aber direkt an die Herstellerwerft wenden, auch wenn er mit ihr gar keinen Vertrag geschlossen hat. Die Anspruchsgrundlage ergibt sich aus dem Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB).
Wichtig ist dabei, dass Parlow nicht am Firmensitz der im Ausland befindlichen Herstellerwerft klagen muss. Gemäß der Regelung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist vielmehr das Gericht des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Im Rechtsstreit wird Parlow aber das Verschulden der Werft beweisen müssen. Es wird daher durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu klären sein, ob es ausreichend war, das Bugstrahlruder einzukleben, oder ob es konstruktiver Absicherungen bedurft hätte. Dann wäre von einem Fehler der Werft auszugehen. Dafür sprechen gute Argumente, da die neue Yacht bereits nach sechs Monaten ohne Verschulden des Schiffsführers gesunken ist.
Ein Rechtsstreit wird aber mit erheblichen Prozesskosten verbunden sein, vor allem für das Gutachten, für die Parlow zunächst in Vorleistung gehen muss. Insbesondere wenn keine Rechtsschutzdeckung vorliegen sollte, empfiehlt es sich daher, das konkrete Vorgehen eng mit dem eigenen Kaskoversicherer abzustimmen, auch wenn es danach aussieht, dass der Händler oder die Werft ganz oder überwiegend für den Schaden aufzukommen haben.
Der Kaskoversicherer wird den Sachschaden ersetzen, insbesondere wenn eine sogenannte Allgefahrendeckung vereinbart ist. Soweit der Kaskoversicherer leistungspflichtig ist, wird er anschließend selbst einen Regressprozess gegen die beteiligten Anspruchsgegner führen.
Denn die Ansprüche des Versicherungsnehmers gehen gesetzlich auf den Kaskoversicherer über, soweit dieser den Schadensfall reguliert hat.