RechtBöse Überraschungen im Winterlager und wie Sie diese vermeiden können

Boote Exclusiv

 · 17.05.2025

Recht: Böse Überraschungen im Winterlager und wie Sie diese vermeiden könnenFoto: PR
Unsere Anwälte erklären, wie sie unliebsame Überraschungen vermeiden können.
Yachten sind komplexe Systeme, die umfangreiche Wartung und Pflege erfordern. Deshalb verbringen viele Boote die kalten Monate im Winterlager. Wer im Frühjahr sein Boot zurückerhält, sieht sich oft mit einer überraschend hohen Rechnung oder anderen Problemen konfrontiert. Wir erklären Ihnen, wie Sie das verhindern können.

Viele Eigner, die den Winter nicht auf der eigenen Yacht in der Karibik verbringen können, nutzen die kalte Jahreszeit, um die Yacht auf Vordermann zu bringen und gegebenenfalls zu optimieren. Es gibt schließlich immer etwas zu verbessern. Manch einer wird indes bei Übernahme seines Schiffes aus der Obhut der Werft mit unerwarteten Kosten konfrontiert. In einigen Fällen hat der Umfang der Arbeiten unerwartet zugenommen. Denn der ein oder andere Defekt ist erst im Rahmen der Winterarbeiten aufgefallen und wurde dann gleich mitrepariert.

In anderen Fällen sind andere Ursachen der Grund für höhere Reparaturkosten. Insbesondere bei diesen ist es wichtig, genau zu prüfen, ob ein Zahlungsanspruch in der begehrten Höhe besteht. Denn nur wenn die Extramaßnahmen beauftragt oder erforderlich waren, kann eine diesbezügliche Vergütung verlangt werden.

Ganz grundsätzlich ist bei Winterarbeiten zwischen Mängelgewährleistungsarbeiten einerseits und gesondert in Auftrag gegebenen Verbesserungs- und/oder Änderungsarbeiten zu unterscheiden. Während für berechtigte Sachmängelgewährleistungsarbeiten der Besteller nicht zu zahlen hat, muss der Auftraggeber eines sogenannten Refit-Vertrages selbstverständlich den Werftbesitzer in vertraglich vereinbarter Höhe entlohnen.

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Sachmängelgewährleistungsmaßnahmen

Seitens der Werft unentgeltlich zu erbringende Sachmängelgewährleistungsmaßnahmen setzen zunächst einen Mangel und sodann dessen fristgemäße Geltendmachung seitens des Eigners voraus. Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit (die sogenannte Ist-Beschaffenheit) von den objektiven oder den subjektiven Anforderungen (der sogenannten Soll-Beschaffenheit) nachteilig abweicht.

Unter der Ist-Beschaffenheit ist der tatsächliche Zustand zu verstehen. Die objektiven Anforderungen verlangen, dass sich die Sache für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist. Wenn also ein bestimmter Typ einer Yacht eines bestimmten Herstellers typischerweise eine Reichweite von „X“ hat, dann stellt die darunter liegende Reichweite „Y“ einen Mangel dar, ohne dass die Reichweite individualvertraglich vereinbart sein muss.

Die subjektiven Anforderungen verlangen, dass die Sache die vereinbarte Beschaffenheit hat und sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Ist also ein bestimmtes Merkmal oder eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart, liegt ein Mangel auch dann vor, wenn sich die Sache zwar einwandfrei benutzen lässt, aber nicht dem entspricht, was vereinbart war (das Sofa, auf dem man sehr gut sitzen kann, ist türkis statt blau). Eine fristgemäße Geltendmachung des Mangels verlangt, dass der Eigner den Mangel innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist und im Falle fehlender Vereinbarung innerhalb der gesetzlich geltenden Verjährungsfristen anzeigt. Adressat der Mangelanzeige ist typischerweise die Werft oder der Händler, bei dem die Yacht gebaut oder gekauft wurde. Denkbar ist aber auch, dass der Mangel beim Hersteller oder Verkäufer eines einzelvertraglich erworbenen Bestandteils der Yacht anzuzeigen ist.


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Selbst dann, wenn das Vorliegen eines Sachmangels zwischen den Parteien nicht streitig ist, der Werkunternehmer die Sachmängelgewährleistungsmaßnahme also unentgeltlich durchführen muss, kommt es nicht selten zu Unstimmigkeiten. Diese können sich zunächst auf die Frage, wann die Arbeiten durchzuführen sind, beziehen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass der Eigner einen Mangel sofort, in jedem Fall aber vor Beginn der Saison behoben haben will. Im Frühjahr herrscht bei den meisten Werften jedoch Hochbetrieb.

Aus diesem Grund versuchen Werften mitunter, eine Reparatur in die Zukunft zu schieben. Schließlich hat der Tag nur 24 Stunden und eine Reparatur in der Hochsaison würde von der Auslastung her schlicht besser passen. Unstimmigkeiten können sich auch auf die Frage des Wo beziehen. Ein Eigner, der mit einem defekten Ruder vor Tahiti liegt, wird nicht zur Werft nach Europa kommen wollen (und können).

Kann die in Nordeuropa ansässige Werft deshalb die Sachmängelgewährleistung verweigern?

Zum Zeitlichen

Ein zur Sachmängelgewährleistung verpflichteter Unternehmer hat nach ordnungsgemäßer Anzeige des Mangels diesen innerhalb „angemessener Zeit“ zu beheben. Tut er dies trotz Mahnung und Fristsetzung nicht oder verweigert er die Nachbesserung, hat der Eigentümer der Yacht vergleichsweise weitreichende Rechte. Er kann vom Vertrag zurücktreten. Er kann mindern. Er kann auf Kosten der Werft woanders reparieren lassen.

Zum Ort der Nachbesserung

Typischerweise enthalten Kauf- und Bauverträge detaillierte Regelungen darüber, an welchem Ort Mängel an Yachten zu beheben sind. Fehlt eine solche Vereinbarung ausnahmsweise im Vertrag, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, an welchem Ort sich die Yacht nach dem vertraglich vereinbarten Zweck zum maßgeblichen Zeitpunkt befindet. Es ist also in der Tat denkbar, dass eine größere, hochseetaugliche Yacht, die sich in den Wintermonaten bestimmungsgemäß in der Karibik oder auf der Südhalbkugel befindet (mit kaputtem Ruder vor Tahiti), auch dort zu reparieren ist. Gelingt es der zur Nachbesserung verpflichteten Werft nicht, Mitarbeiter dorthin zu schicken, wird sie auf ihre Kosten eine andere Werft involvieren müssen. Gelingt dies nicht, stehen dem Eigner die oben erwähnten Rechte zu.

Die Praxis

In der Praxis kommt es nicht nur über das Wann und Wo zu Unstimmigkeiten. Vielmehr gibt es eine Vielzahl weiterer Problemfelder: So werden oftmals während eines Werftauf­enthalts Nebengebühren verlangt. Hat aber eine zur Nachbesserung verpflichtete Werft einen Anspruch auf zum Beispiel Liegegebühren? Wer hat die Kosten des Aus-dem-Wasser-Kranens zu tragen? Muss der Eigner den Schreiner für den Ein- und Ausbau des Interiors zahlen, der erforderlich war, weil die Werft anderenfalls nicht die Reparaturen im Maschinenraum hätte durchführen können? Welche Rechte stehen dem Besitzer der Yacht zu, wenn die Reparaturen (viel) länger dauern als geplant? Dies sind nur einige Fragen, mit denen sich der ein oder andere Eigner nach dem Werftaufenthalt auseinandersetzen muss.

Grundsätzlich gilt, dass eine zur Sachmängelgewährleistung verpflichtete Werft alle Vor- und Nachbereitungsarbeiten, die die Nachbesserung erst ermöglichen, unentgeltlich zu erbringen hat. Liegekosten können also insbesondere dann nicht in Rechnung gestellt werden, wenn die Yacht lediglich zum Zwecke der Nachbesserungsarbeiten auf dem Liegeplatz liegt.

Anderes gilt nur, wenn im Rahmen der Nachbesserung auch andere Arbeiten durchgeführt werden und die Yacht wegen dieser anderen Arbeiten den Liegeplatz belegt. Nichts anderes gilt für die Kosten des Kranens. Bilden Arbeiten am Unterwasserschiff den Gegenstand der Nachbesserungsarbeiten, dann kann das Kranen nicht extra in Rechnung gestellt werden; es ist Teil der zwingenden Vorbereitungsarbeiten, welche die Nachbesserung erst ermöglichen.

Liegezeit im Trockendock

Auch hier lässt sich jedoch anderes vereinbaren. Wenn also der Eigner die Liegezeit im Trockendock auch für andere Arbeiten nutzt, die mit der Sachmängelgewährleistung nichts zu tun haben, bietet sich eine Vereinbarung über das Teilen der Kosten an. Analog dazu verhält es sich mit den Kosten der Schreiner. Die Ein- und Ausbaukosten sind – auch wenn sie ein Vielfaches der eigentlichen Reparaturkosten im Motorenraum betragen – von der zur Nachbesserung verpflichteten Werft zu tragen.

Dauern die Nachbesserungsarbeiten unsachgemäß lange und ist die Verzögerung von der Werft zu vertreten, dann kommen, zumindest theoretisch, Schadensersatzansprüche des Eigners in Betracht. Voraussetzung ist natürlich, dass ein Schaden eingetreten ist. Und insoweit wird es für den Eigner, der seine Yacht lediglich privat nutzt, hart. Denn die Rechtsprechung hält einen Nutzungsausfallschaden des Privateigners für nicht erstattungsfähig. Entgangene Urlaubsfreuden erkennen deutsche Gerichte nur bei Pauschalreisenden an. Anderes gilt für Charteryachten: Die aufgrund einer verspäteten Rückgabe der Yacht entfallende Chartereinnahme ist grundsätzlich ein anerkannter Schaden und als solcher in voller Höhe erstattungsfähig.

Refit-Vertrag

Bei Refit-Verträgen ist manches insoweit einfacher, als dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien grundsätzlich aus den vertraglichen Vereinbarungen ergeben. In einem sachgerecht verhandelten Vertrag ist nicht nur der genaue Inhalt der geschuldeten Leistung präzise formuliert. Auch sind der Umfang und Kosten der Nebenleistungen geregelt. Entsprechend können Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des geschuldeten Werklohns eigentlich nicht auftreten. Wer dann noch vertraglich regelt, was gelten soll, wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, vermeidet mit hoher Wahrscheinlichkeit einen (in den allermeisten Fällen unnötigen) Rechtsstreit. So wird typischerweise geregelt, dass im Falle der verspäteten Rückgabe der Yacht ein pauschalisierter Schadensersatz auf Tages- oder Wochenbasis zu zahlen ist. Dies vermeidet zum einen Streit über die Höhe des entstandenen Schadens aufgrund von Nutzungsausfall. Zum anderen schützen derartige Regelungen auch den Eigner, der seine Yacht ausschließlich privat nutzt.


Experten für alle Fragen des Yachtrechts

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Die Yachtanwälte Dr. Tim Schommer (tim.schommer@clydeco.com) und Dr. Volker Lücke (volker.luecke@clydeco.com) betreuen seit über 18 Jahren Yachtmandate aus dem In- und Ausland. Sie beraten im Rahmen der Planungs- und Bauphase, des An- und Verkaufs, der Eignerstruktur, des Yachtbetriebs inklusive Versicherung, Crewing und Charter sowie der Abwicklung von Schäden und Ansprüchen Dritter.


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