Nationalpark OstseeKonsultationen mit Seglern beendet, jetzt entscheiden die Politiker

Lasse Johannsen

 · 26.02.2024

Nationalpark Ostsee: Konsultationen mit Seglern beendet, jetzt entscheiden die PolitikerFoto: YACHT/N. Krauss
Die deutsche Ostseeküste ist ein beliebtes Segelrevier. Wassersportler aller Art befürchten Nutzungsbeschränkungen durch den Prozess, der durch die Diskussion über einen Nationalpark Ostsee angestoßen wurde
Der politische Meinungsfindungsprozess zum Thema Nationalpark Ostsee ist nach intensivem Austausch des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums mit den betroffenen Interessengruppen beendet worden. Wie aber geht es weiter?

Im Februar endete der Konsultationsprozess zum geplanten Nationalpark Ostsee mit einem Abschlussbericht. Mitte März will die schleswig-holsteinische Landesregierung nun über das Vorhaben abstimmen. Eine politische Mehrheit wird dabei voraussichtlich nicht zustande kommen. Gleichwohl verpflichtet der Koalitionsvertrag die Regierung des Landes zwischen den Meeren, noch während der laufenden Legislatur Maßnahmen zum Schutz der Ostsee auf den Weg zu bringen. Daher werden jetzt auch andere Möglichkeiten diskutiert. Der Landesseglerverband Schleswig-Holstein (SVSH) möchte sich daran beteiligen. Auch der anstehende Seglertag des Verbandes steht unter dem Thema Nachhaltigkeit im Segelsport. Der Flensburger Rechtsanwalt Hans Köster ist im SVSH für den Umweltschutz zuständig. Im Gespräch mit der YACHT erzählt er, worauf es ihm dabei ankommt.

Herr Köster, bald soll politisch über den Nationalpark entschieden werden. Sind Sie mit dem Konsulta­tionsprozess zufrieden?

Aus meiner Sicht war er unvollständig.

Was haben Sie bei den Gesprächen zum Nationalpark Ostsee vermisst?

Fakten und Sachargumente. Warum, wo, wann und wie Wassersportler durch einen Nationalpark eingeschränkt werden und welche Hebel der Nationalpark Ostsee für den Gewässerschutz in Bewegung setzt.

Das wurde nicht beantwortet?

Nein. Bis heute nicht.

Welche Fakten haben Ihnen konkret gefehlt?

Wir kennen die Probleme der Ostsee. Wir kennen auch deren Ursache. Und in einem ergebnisoffenen Austausch müsste doch nun für eine vorgeschlagene Maßnahme, die bei der Problemlösung helfen soll, dargelegt werden, dass sie das auch tut. Und die Zweck-Mittel-Relation muss stimmen. Also wenn der Wassersport beispielsweise maßgeblich zur Überdüngung der Ostsee beiträgt, kann man einen Fäka­lientank vorschreiben.

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Hans Köster (r.) im Gespräch mit Lasse Johannsen in der YACHT-Redaktion. Der 56-Jährige ist Rechtsanwalt in Flensburg und segelt mit seiner Familie den GFK-Klassiker „Hans Uhl“. Gemeinsam mit seiner Tochter nimmt Köster im 5.5er an Regatten teil. Im Präsidium des Landesseglerverbandes Schleswig-Holstein engagiert er sich seit mehreren Jahren als UmweltbeauftragterFoto: YACHT/J. FietzeHans Köster (r.) im Gespräch mit Lasse Johannsen in der YACHT-Redaktion. Der 56-Jährige ist Rechtsanwalt in Flensburg und segelt mit seiner Familie den GFK-Klassiker „Hans Uhl“. Gemeinsam mit seiner Tochter nimmt Köster im 5.5er an Regatten teil. Im Präsidium des Landesseglerverbandes Schleswig-Holstein engagiert er sich seit mehreren Jahren als Umweltbeauftragter

Was haben Sie in die Diskussion eingebracht?

Ich habe versucht zum Ausdruck zu bringen, dass sich kein Segler sinnvollen Lösungen zum Schutz der Ostsee versperren wird.”

Dass die Ostsee jetzt derart in den Fokus gerückt ist, darf man ja auch positiv sehen …

Natürlich, aber dass der Gewässerschutz generell notwendig ist, war jetzt nichts, was den Seglern erst durch diese Nationalparkdebatte aufgezeigt werden musste.

Aber das Gespräch ist intensiver geworden.

Es ist intensiver geworden, und es hat jeden Segler direkter berührt. Also man hinterfragt, glaube ich, mehr sein eigenes Handeln. Und vielleicht wird bei dem einen oder anderen auch im Hinterkopf abgelaufen sein, was kann ich dazu beitragen, um das zu verhindern ...

Die sogenannte Potenzialkulisse umfasst zu großen Teilen bereits unter Schutz stehende Gebiete. In einem Nationalpark Ostsee wären Befahrensregeln durch das Bundesverkehrsministerium zu erlassenFoto: OpenStreetMap/BundesministeriumDie sogenannte Potenzialkulisse umfasst zu großen Teilen bereits unter Schutz stehende Gebiete. In einem Nationalpark Ostsee wären Befahrensregeln durch das Bundesverkehrsministerium zu erlassen

Sie spielen auf Maßnahmen wie Verfahrensverbote an?

Ja, genau. Kein Segler schlägt die Tür zu, wenn wir sinnvolle Erklärungen für Maßnahmen haben. Die müssen aber vom Ministerium gegeben und von dritter, fachlicher Seite auch plausibel bestätigt werden. Da werden wir alle sagen, das hören wir uns an und versuchen die beste Lösung hinzubekommen. Ob es dafür ordnungs­politisch ein Nationalpark Ostsee sein muss, das wird mittlerweile von allen Seiten bezweifelt.

Warum?

Weil damit eine pauschalisierte Nutzungsbeschränkung von 50 Prozent des Gesamtgebietes einhergeht, ohne die Einzelfall­betrachtung der jeweiligen Flächen. Und wir wollen eine Mittel-Zweck-Relation berücksichtigt wissen, um möglichst effektiv und mit möglichst wenig Einschränkungen einen möglichst effektiven Ostseeschutz herbeizuführen. Effektive Maßnahmen da, wo es wirklich notwendig ist, und da, wo es sinnvoll ist.

Ein Beispiel?

Nehmen Sie etwa Ankerverbote. Wenn plausibel begründet wird, dass Seegraswiesen oder Riffe geschützt werden müssen, dann kann man sich mit den Fachleuten zusammensetzen und darüber diskutieren, wie das am besten geschieht.

Was sagen Sie zu dem Argument, dass auf so kleinem Raum wie dem geplanten Nationalpark gar kein Schutz der Ostsee zu erreichen ist?

Also das ist ja ein Totschlag­argument. Wir Segler haben doch ein Interesse daran, an den Küsten etwa intakte Seegraswiesen zu haben. Und da ist es dann ziemlich egal, ob nun 0,4 oder 40 Prozent der Ostseefläche Seegraswiese sind. Es muss uns doch ganz abgesehen von der Gesamtauswirkung darum gehen, unsere heimische Küste zu schützen und unser Revier zu erhalten, wie es ist. Das sollte unser aller Ziel sein. Aber natürlich muss man bei Schutzmaßnahmen sehr genau beachten, ob sie im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bleiben.

Auf zahlreichen Protestaktionen brachten Wassersportler im vergangenen Sommer zum Ausdruck, dass sie einen stärkeren Schutz der Ostsee befürworten, den geplanten Nationalpark Ostsee aber ablehnenFoto: Tobias SchmidtAuf zahlreichen Protestaktionen brachten Wassersportler im vergangenen Sommer zum Ausdruck, dass sie einen stärkeren Schutz der Ostsee befürworten, den geplanten Nationalpark Ostsee aber ablehnen

Wie kann man es erreichen, dass der organisierte Segelsport bei Entscheidungsprozessen wie dem anstehenden mit am Tisch sitzt?

Eine sehr gute Frage, genau das ist unser Ziel. Oder, anders formuliert, unser Angebot an die Politik. Ich habe das Herrn Goldschmidt mehrfach gesagt. Wir können über alles diskutieren und etwa im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen Ziele vereinbaren. Das würde aus unserer Sicht aber auch bedeuten, dass wir so einen Prozess begleiten und evaluieren wollen, was die Maßnahmen bewirken.

Glauben Sie nicht, dass es beim Nationalpark Ostsee auch darum geht, große Flächen unter Schutz zu stellen, um Zahlen zu erfüllen, die europarechtlich vorgeschrieben sind?

Sie sprechen die Biodiversitätsrichtlinie an. Das sind natürlich Zahlenspiele. Wenn das so wäre, hätte ich erwartet, dass darüber offen gesprochen wird. Das wäre ja nicht schlimm gewesen, im Gegenteil, das hätte etwas zur Plausibilität beigetragen. Wir hätten dann allerdings gefragt, unter welchen Schutz genau. Und hätten darauf gedrungen, jeweils die für den angestrebten Zweck geringst erforderliche Schutz­stufe zu wählen. Denn unter Schutz ist unter Schutz. Aber das hätte man mit handfesten Argumenten diskutieren können. Nur: Das ist gar nicht zur Sprache gekommen.

Das wäre ja eine gute Chance gewesen, das Vorhaben glaubwürdiger zu machen …

Ja, das ist tragisch. Der politische Prozess hat dadurch im Grunde Schaden genommen. Es ist wie an Bord. Wenn ich mit acht Knoten unter Spin­naker auf das Leefass zufahre und mit meiner Crew nicht kommuniziere, dann geht das Manöver in die Hose. Das wird nichts. Und das ist hier genauso. Wenn der Minister die Stakeholder mit ins Boot holen will, um ans Ziel zu kommen, muss er mit ihnen kommunizieren. Sonst geht auch das in die Hose. Und das ist leider so passiert. Das kennen wir alle. Der missglückte Anleger.


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