Jochen Rieker
· 08.10.2024
Eigentlich sollte die Untersuchung nur drei Monate dauern. Am Ende brauchte Paula Save fast ein dreiviertel Jahr, um den Konkurs von Mattias Rutgersson und seiner Sweden Yachts Group einigermaßen aufzuklären. Mehrfach musste sie den Pleitier unter Strafandrohung auffordern, fehlende Buchhaltungsdokumente nachzureichen. Zur Eröffnung des Verfahrens hatte er Belege aus mehreren Geschäftsjahren ungeordnet in einem Karton übergeben. Allein das schon ließ erahnen, dass er es mit der Buchführung nicht sonderlich genau nahm.
So ist es kein Wunder, dass im achtseitigen Abschlussbericht der Insolvenzverwalterin gravierende Mängel in der Rechnungslegung und Finanzbuchhaltung moniert werden. Die Aktenlage ist derart löchrig, dass sich nicht einmal der genaue Zeitpunkt bestimmen ließ, ab dem die Sweden Yachts Group zahlungsunfähig war. So stellt Paula Save fest:
„Was die Schulden des Unternehmens gegenüber dem Staat betrifft, so hätte das Unternehmen nach Angaben der schwedischen Vollstreckungsbehörde im November 2022 die Säumniszuschläge nach dem Jahresabschlussgesetz begleichen müssen. Außerdem gibt es unbezahlte Schulden bei einzelnen Lieferanten mit Fälligkeit im März 2020, was bedeutet, dass die Insolvenz bereits im ersten Quartal 2020 eingetreten zu sein scheint.“
Insgesamt belaufen sich die Verbindlichkeiten laut dem Abschlussbericht auf 4,172 Millionen Euro. Lediglich 11.860 Euro an Vermögenswerten konnte die Verwalterin finden. Die Sweden Yachts Group, die zum Zeitpunkt des Konkurses 14 Mitarbeiter zählte, war folglich nicht viel mehr als eine leere Hülle. Namhafte Zulieferer hatten die Belieferung wegen offener Rechnungen schon vor Jahren eingestellt.
Der Werftchef aber überredete Yachtkäufer bis Herbst 2023, als die Unausweichlichkeit einer Pleite längst feststand, wiederholt zur vorzeitigen Zahlung von Teilbeträgen auf Arbeiten, die nie durchgeführt wurden, und für Komponenten, die nie geliefert wurden.
Fünf Boote befanden sich laut dem Bericht von Paula Save zum Zeitpunkt des Konkurses in unterschiedlichen Stadien des Baus, darunter die Malö 43 von Georg Wrobel, der allein rund 450.000 Euro verlor.
Aber Mattias Rutgersson verstand es auch, Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen, noch bevor er überhaupt mit der Fertigung der Laminierformen begonnen hatte, wie im Fall des Briten Mark Ryland, der eine CR 390 DS bestellt hatte. Der YACHT sagte Ryland, die Pleite sei „eine schlimme Erfahrung. Ich glaube nicht, dass wir eine andere Wahl haben, als die ganze Sache abzuschreiben.“
Im Bericht der Insolvenzverwalterin heißt es dazu:
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Unternehmen auf diese Weise von hohen Vorschüssen profitiert hat, ohne dass die Kunden des Unternehmens einen entsprechenden Wert erhalten haben.“
Doch Paula Save fand noch mehr Unstimmigkeiten. So gibt es Belege, dass Mattias Rutgersson erhebliche Beträge von der Sweden Yachts Group AB in ein anderes von ihm kontrolliertes Unternehmen, die SYG Marin AB, verschoben hat – die ihrerseits bereits im Dezember 2022 für insolvent erklärt wurde:
„Meine Überprüfung hat ergeben, dass es umfangreiche Transaktionen zwischen dem Konkursunternehmen und dem verbundenen Unternehmen SYG Marin AB gegeben hat. Die Beträge sind hoch und nichts deutet darauf hin, dass die Transaktionen Teil der Geschäftstätigkeit (der Sweden Yachts Group AB) sind. Aufgrund von Mängeln in der Buchführung ist es nicht möglich festzustellen, wie viel Wert der SYG Marin AB zugeführt wurde und was die Grundlage für diese Transaktionen war.“ Auch bleibe offen, „inwieweit die Übertragungen auf die SYG Marin AB zur Insolvenz des Unternehmens beigetragen haben“.
Es ist nur ein Indiz dafür, dass die Pleite für Rutgersson noch strafrechtliche Konsequenzen haben könnte. Vieles spricht zumindest für eine Insolvenzverschleppung, wenn nicht gar für eine bewusst herbeigeführte Schieflage. Denn die hohen Fehlbeträge lassen sich nicht mit Lieferengpässen aufgrund von Corona erklären, wie der Werftchef gutgläubigen Käufern wiederholt weismachte.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass allein für die beiden letzten Geschäftsjahre der Sweden Yachts Group mehr als 150 Belege in der Buchführung schlicht fehlen – obwohl Paula Save Rutgersson mehrfach zur Nachlieferung aufgefordert hatte. So schreibt sie im Bericht:
„Für das Jahr 2023/2024 enthält die physische Buchführung 138 Belege, von denen die Nummern 69 bis 138 fehlen… Für das Haushaltsjahr 2022/2023 fehlen die Belege Nr. 362 bis 470.“
Was die Insolvenzverwalterin vorgefunden hat, entspreche im übrigen „häufig nicht den Vorschriften des Rechnungslegungsgesetzes über die Gestaltung eines Belegs“.
Paula Save schließt ihre Untersuchung mit einem vielsagenden Hinweis: Die Zahlungen der Sweden Yachts Group an die SYG Marin AB „könnten gegen die Vorschriften des schwedischen Gesellschaftsgesetzes verstoßen und auch eine gesellschaftsrechtliche Schadensersatzpflicht nach sich ziehen“, schreibt sie. Sie sehe sich „aufgrund der Mängel in der Rechnungslegung“ jedoch „nicht in der Lage, zu dieser Frage Stellung zu nehmen“.
Das ist jetzt eigentlich Sache der schwedischen Behörden, die bisher bei allen vorhergehenden Pleiten von Mattias Rutgersson und seinem Vater Charles, dem Gründer von CR Yachts und langjährigem stellvertretenden Direktor der Sweden Yachts Group, weggeschaut hatten. Nach dem vernichtenden Insolvenzbericht von Paula Save und der nationalen wie internationalen Berichterstattung über den Fall wird diese Form der Ignoranz freilich kaum aufrecht zu erhalten sein. Mindestens eine mehrjährige Sperre für unternehmerische Tätigkeiten wäre längst überfällig gewesen angesichts der Vorfälle.
Paula Save hat auf weiterführende Fragen der YACHT bisher nicht geantwortet. Sobald sie Stellung bezieht, werden wir erneut berichten.