Am 21. Dezember 2024 zeichneten Satelliten während des Höhepunkts von Sturm Eddie Ozeanwellen mit einer durchschnittlichen Höhe von fast 20 Metern auf – so hoch wie ein 6-stöckiges Wohnhaus und gemeinhin als Monsterwellen bezeichnet. Es ist die höchste jemals aus dem Weltraum gemessene Welle. Die Messung erfolgte im offenen Nordpazifik, weit entfernt von jeder Küste, doch ihre Bedeutung reicht weit über diese einzelne Extremwelle hinaus.
Was diese Messung besonders macht, ist nicht nur die schiere Höhe, sondern die Art und Weise, wie die Monsterwelle erfasst wurde. SWOT steht für "Surface Water and Ocean Topography" (Oberflächenwasser und Ozean-Topographie) und ist eine gemeinsame Satellitenmission von NASA und der französischen Raumfahrtagentur CNES, die am 16. Dezember 2022 gestartet wurde. Per Satellit können erstmals großflächige, zweidimensionale Karten der Ozeanoberfläche erstellt werden. Es können nicht nur einzelne Wellenhöhen gemessen werden, sondern es lassen sich die Entstehung, Ausbreitung und Energie von Monsterwellen über tausende Kilometer verfolgen. SWOT kombiniert traditionelle Radar-Altimetrie mit breitflächiger Bildgebung, um Höhe, Länge und Richtung der Dünung zu messen. Der Satellit kann dabei Dünung von nur 3 Zentimetern Höhe erfassen und Wellenlängen von bis zu 1.400 Metern enthüllen, die andere Satellitensensoren oft übersehen.
Extremwellen in Stürmen sind jedoch schwer zu messen, weil Satelliten nur selten genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Bisher gab es kaum Messungen von Wellen über 16 Meter Höhe, und man wusste wenig über deren Wellenperioden (wie lange es dauert, bis die nächste Welle kommt).
Glücklicherweise überflog SWOT am 21. Dezember 2024 das Zentrum von Sturm Eddie genau dann, als die Wellenhöhen ihren Höhepunkt erreichten, und maß eine signifikante Wellenhöhe von 19,7 Meter – die größte jemals per Satellit gemessene Monsterwelle zwischen 1991 und 2024. Seit 1991 gab es Daten zu Wellenhöhen von 15 Satelliten, aber bis Dezember 2024 überschritten diese Messungen nicht 18,5 Meter – nicht weil das Modell die Wellenhöhen überschätzte, sondern weil Satelliten nur einen sehr kleinen Teil des Ozeans abtasten und im Allgemeinen den Höhepunkt der Stürme verpassen.
Die Forscher haben einen Trick angewendet: Sie beobachten die Dünung, also die Wellen, die nach einem Sturm wie "Wellen-Echos" über den Ozean wandern. Diese Dünung trägt wichtige Informationen über den ursprünglichen Sturm in sich, auch wenn der Sturm längst vorbei ist. SWOT kann diese Dünung präzise messen und zeigt: In extremen Stürmen übertragen kurze, steile Wellen ihre Energie auf längere Wellen. Dadurch entstehen die gigantischen Monsterwellen. Die langen Wellen wandern dann als Dünung über tausende Kilometer weiter.
Bisherige wissenschaftliche Formeln überschätzten die Energie der längsten Ozeanwellen der Studie zufolge um das 20-fache. Die Studie korrigiert diese Fehler und zeigt: Je höher die Wellen, desto länger ist auch die Zeit zwischen den einzelnen Wellen. Bei der Monsterwelle von 19,7 Metern betrug diese Periode etwa 20 Sekunden.
Die Studie fand heraus, dass die größten Monsterwellen in besonderen Stürmen entstehen: jenen, in denen sich die Region mit hohen Winden mit derselben Geschwindigkeit wie die Wellen bewegt und ihnen so die Energie zuführt, die sie brauchen, um höher und länger zu werden. Diese konzentrierte Wellenenergie hält nur wenige Stunden zusammen, bevor sie sich als Dünung über die Ozeanbecken verteilt.
Das Team konnte die Sturmdünung über 24.000 Kilometer Ozean verfolgen, vom Nordpazifik durch die Drake-Passage bis in den tropischen Atlantik, zwischen dem 21. Dezember 2024 und 6. Januar 2025. Das bedeutet: Ein Sturm, der vor Alaska tobt, kann zwei Wochen später für gefährliche Bedingungen in der Karibik sorgen.
Nein – höhere gemessene Wellen gab es bereits:
Aber: Die von SWOT gemessene Welle ist die höchste per Satellit erfasste.
Die Messung fand am 21. Dezember 2024 statt, wurde aber erst im September 2025 der wissenschaftlichen Öffentlichkeit präsentiert. Die neuen Erkenntnisse des Teams, die kürzlich in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, mussten zunächst den strengen wissenschaftlichen Begutachtungsprozess durchlaufen. Das Team analysierte die von den größten Stürmen zwischen April 2023 und Dezember 2024 verursachte Dünung.
Die Kombination aus satellitengestützter Fernerkundung und Bojenmessungen liefert nun ein vollständigeres Bild der Ozeandynamik. Diese Erkenntnisse verbessern Wettervorhersagen, helfen beim Bau von Offshore-Strukturen und Küstenschutz, und ermöglichen sogar bessere Analysen von Erdbeben-Signalen, die durch Ozeanwellen entstehen. Auch Wetterrouting-Systeme könnten in Zukunft nicht nur aktuelle Stürme, sondern auch deren weitreichende "Wellenechos" berücksichtigen und so zuverlässigere Vorhersagen für Blauwassersegler ermöglichen. Zudem wird auch an KI-gestützter Auswertung gearbeitet, etwa an der Universität Kopenhagen wie auch an der Universität Maryland.