Nils Leiterholt
· 24.04.2025
Hurra, es ist geschafft! Der Segelführerschein ist bestanden, nun soll es aufs Wasser gehen. Doch sogleich ein Boot zu kaufen oder aber eines für den kommenden Urlaubstörn zu chartern ist im Zweifel nicht die beste Idee. Insbesondere wenn man lediglich den Sportbootführerschein gemacht hat, fehlt es den meisten Einsteigern an praktischer Segelerfahrung.
Ohne ausreichend viele Seemeilen im Kielwasser sollte niemand verantwortlich ein Boot führen, zumindest keine größere Fahrtenyacht. Selbst wer den Sportküstenschifferschein (SKS) sein Eigen nennt, ist in aller Regel noch nicht bereit, in die Skipperrolle zu schlüpfen. Die im Rahmen des SKS vorgeschriebenen 300 Seemeilen sind zwar ein guter Anfang, um Erfahrung an Bord einer seegehenden Yacht zu sammeln. Mehr aber auch nicht.
Im ersten Teil unserer Serie hatten wir Wege aufgezeigt, wie man ganz allgemein den Einstieg ins Segeln schafft. Den zweiten Teil hatten wir der Ausbildung in Segelschulen und -vereinen gewidmet und erklärt, welche Führerscheine im Bootssport für wen und welchen Zweck sinnvoll oder gar vorgeschrieben sind.
Da bekanntlich alle Theorie grau ist, zeigen wir nun, welche praktischen Fertigkeiten man sich als Segler peu à peu aneignen sollte.
Was einen guten Mitsegler auszeichnet, lässt sich gar nicht so einfach beantworten. Jeder Schiffsführer stellt unterschiedliche Anforderungen an seine Crew. Der eine bietet seinen Gästen ein vollumfängliches Wohlfühlprogramm. Er erledigt nicht nur die Segelarbeit in Eigenregie, sondern er sorgt auch für ausreichend Proviant, stellt sich dreimal am Tag in die Pantry und macht im Hafen den Fremdenführer. Andere Skipper hingegen bedingen sich eine aktive Mitarbeit von jedem Crewmitglied aus. Dies kann unterschiedlichste Tätigkeiten umfassen, von der Backschaft übers Mitanpacken beim Segelsetzen oder beim Anlegemanöver im Hafen bis hin zum Rudergehen. Leicht zu erraten, unter welchem Typ Skipper Einsteiger mehr lernt.
Dass man möglichst viel selbst ausprobieren möchte, sollte man also vor dem Törn klar kommunizieren. Nur wenn der Schiffsführer weiß, mit wem er es zu tun hat und welche Erwartungen die Crew an ihn und den Törnverlauf stellt, kann er entsprechend darauf eingehen. Ein guter Skipper wird im Übrigen von sich aus diese Fragen vor dem ersten Ablegen klären.
Wenn es dann so weit ist, gilt es zwar, neugierig zu sein und seine Bereitschaft zur Mitarbeit zu signalisieren. Keinesfalls aber sollte man dabei voreilig handeln. Wer beim Ablegen beispielsweise die Vorleinen löst, bevor der Skipper dies ausdrücklich angesagt hat, macht sich unter Umständen nicht bei ihm beliebt. Im besten Fall führt ein Skipper unerfahrene Einsteiger nach und nach an die verschiedenen Aufgaben heran, verzeiht Fehler und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
Ohne Seemannsknoten könnte auf einem Schiff kein Segel gesetzt werden. Beziehungsweise würde es vermutlich nicht lange dauern, bis das Tuch ungewollt herunterfiele. Schon im Hafen sind Palstek und Co. unverzichtbar, um Festmacherleinen an Pollern, Ringen und Klampen zu befestigen. Andernfalls reißt sich das Boot beim nächstbesten Windhauch los und treibt davon.
Zugegeben ist es für Segeleinsteiger alles andere als leicht, sich zu merken, wie die verschiedenen Knoten geknüpft werden und wann welcher zum Einsatz kommt. Hier gilt die Devise: Übung macht den Meister. Zu Beginn der eigenen Segelkarriere kann man gar nicht oft genug Knoten knüpfen. Die sollten einem an Bord ja nicht nur flott und nahezu blindlings von der Hand gehen. Sie müssen bei Bedarf genauso schnell auch zu lösen sein.
Auf ihren ersten Törns wird ein guter Skipper den Segelanfängern an Bord beim Festknüpfen der Fender oder beim Belegen der Klampen helfen. Er wird vermutlich sogar ihre Knoten ungefragt überprüfen, hängt von ihnen doch das Wohl und Wehe von Schiff und Crew ab. Unbedingt sitzen sollte der Palstek für den Wurf über den Heckpfahl in der Anlegebox. Desgleichen der Webleinstek samt halbem Schlag zum Befestigen der Fender. Und eine Fallen- oder Festmacherklampe sollte auch jeder fix belegen können. Der Achtknoten indes gehört ins Ende jeder Schot geknüpft.
Es stimmt, Segler benötigen eine Menge persönliche Ausrüstung. Für die wind- und wasserdichte Jacke, die rutschsicheren Decksschuhe, die vor UV-Strahlen schützende Sonnenbrille oder auch die spritzwasserfeste Smartphone-Hülle muss man aber kein Vermögen bezahlen. Vielmehr haben in den vergangenen Jahren auch preiswerte Hersteller und Händler den Wassersportmarkt entdeckt. So gibt es beispielsweise bei Decathlon eine gute Segeljacke für nur knapp über 100 Euro. Und auch günstige Eigenmarken von Bootssport-Versendern haben in Tests zufriedenstellend abgeschnitten.
In einem Punkt allerdings verbieten sich Kompromisse: bei der Sicherheit! Wer zum Beispiel eine Rettungsweste oder einen Lifebelt kauft, sollte auf eine Qualitätsmarke setzen. Ein billiges Paar Seestiefel beschert einem im ungünstigsten Fall nasse Füße, von einer Rettungsweste hängt das eigene Leben ab.
Viele Bootseigner lieben nicht nur das Segeln, sondern sie sind zugleich passionierte Hobbybootsbauer, -elektriker, -segelmacher, -lackierer und anderes mehr. Wohlgemerkt, viele, nicht alle. Doch selbst wer meint, zwei linke Hände zu haben, kommt nicht darum herum, sich ein gewisses technisches Know-how anzueignen. Vor allem dann nicht, wenn man plant, bald ein eigenes Boot anzuschaffen.
Als mitsegelnder Einsteiger genügt es vorerst, den Skipper auf defekte Geräte an Bord hinzuweisen. Behebt er die Schäden selbst, sollte man ihm dabei über die Schulter schauen. Oder sich in einer ruhigen Stunde mal den Motor oder auch die diversen Elektronik- komponenten an Bord erläutern lassen. Den Winter könnte man ferner nutzen, um an Motorenkunde-, GFK-Reparatur- oder Segelmacher-Workshops und -Webinaren teilzunehmen. Zwar kann man als Eigner für vielerlei Arbeiten Bootsservice-Betriebe beauftragen. Kleinere Defekte sollte jeder Segler aber selbst beheben können.
Selbst gestandene Skipper bekommen vor einem anstehenden Hafenmanöver nicht selten noch feuchte Hände. Vor allem wenn die Boxengassen eng sind oder es arg von der Seite weht. Und auch auf See läuft nach Jahren längst nicht jedes Segelmanöver reibungslos ab. Einmal mehr gilt daher: Übung macht den Meister! Selbst wenn es Mut erfordert und Sie unsicher sind: Fragen Sie den Skipper, ob Sie das nächste An- oder Ablegemanöver übernehmen oder unterwegs auf einem Kreuzkurs die ein oder andere Wende fahren dürfen.
Bei jedem Manöver ist es wichtig, es zuvor mit der Crew abzusprechen und die Aufgaben zu verteilen: Wer übernimmt in der Wende die Schoten, wer kümmert sich beim Hafenmanöver um die Fender? Ist es dann so weit, gehen Sie es möglichst ruhig an. Eile ist meist keine geboten, allenfalls kann es erforderlich sein, ein Manöver zügig durchzuführen. Etwa wenn beim Anlegen starker Seitenwind den Bug oder das Heck zu vertreiben droht.
Ferner auf klare Kommandos achten. Missverständliche oder zu leise Ansagen sind unter Umständen fatal. Anfangs steht der Schiffsführer einem Einsteiger bei seinen ersten Manövern zudem zur Seite, um notfalls eingreifen zu können. Und ja, nicht jede Wende wird auf Anhieb sauber klappen, ebenso wird das ein oder andere Hafenmanöver einen zweiten oder gar dritten Anlauf erfordern. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen. Wir haben alle mal angefangen. Je häufiger man Manöver fährt, desto schneller stellt sich Routine ein. Aus dem Einsteiger wird unversehens ein Könner.