Der Rautek-Griff ist eine spezielle Transporttechnik, die es einem Helfer ermöglichen soll, eine bewusstlose Person alleine zu bewegen, auch wenn diese schwer sein sollte. Der entscheidende Vorteil des Rautek-Griffs liegt in der Verteilung des Gewichts: Der Großteil der Last wird von den Beinen des Helfers getragen, nicht vom Rücken. Dies minimiert das Verletzungsrisiko für beide Beteiligten.
Bevor der Rautek-Griff zur Anwendung kommt, ist eine orientierende Untersuchung der zu bergenden Person unerlässlich. Diese umfasst die Beurteilung des allgemeinen Zustands, die Überprüfung von Atmung und Kreislauf sowie eine grobe Einschätzung möglicher Verletzungen.
Bei der Untersuchung sollte besonderes Augenmerk auf Anzeichen für Wirbelsäulenverletzungen gelegt werden. Besteht der Verdacht auf eine solche Verletzung, ist äußerste Vorsicht geboten, da beim Rautek-Griff auch die Wirbelsäule der verunglückten Person bewegt wird. In diesem Fall sollte die Person nur bewegt werden, wenn akute Lebensgefahr besteht, etwa durch Feuer oder Wassereinbruch. Die Kontrolle der Vitalfunktionen hat höchste Priorität. Ist die Atmung aussetzend oder nicht vorhanden, müssen sofort Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden. Der Rautek-Griff kommt erst zum Einsatz, wenn der Zustand des Patienten stabil genug für einen Transport ist.
Auf Yachten und Booten ergeben sich theoretisch vielfältige Situationen, in denen der Rautek-Griff angewendet werden kann, und er wird in verschiedener Literatur, wie der “Seemannschaft”, auch immer wieder empfohlen. Bei einem Feuer an Bord etwa muss ein bewusstloses Crewmitglied schnell aus dem verrauchten Bereich gebracht werden. Auch bei schwerem Seegang, wenn jemand gestürzt und bewusstlos ist, soll der Rautek-Griff einen sicheren Transport an Deck ermöglichen.
Besonders wertvoll sei die Technik bei der Bergung von Personen aus engen Räumen wie Kajüten oder Maschinenräumen. Hier, wo oft kein Platz für mehrere Helfer ist, könne eine einzelne Person mit dem Rautek-Griff effektiv agieren. Die Methode erlaube es zudem, den Verletzten durch schmale Gänge und über Stufen zu manövrieren.
Wir haben den Rautek-Griff in verschiedenen Szenarien ausprobiert. Schon bei Idealbedingungen (bei der Erstellung der Fotostrecke oben) stellte sich heraus, dass eine kräftige Person eine deutlich leichtere zwar bewegen kann, es allerdings deutlich mehr Kraft erforderte, als angenommen. Umgekehrt konnte jedoch die leichte Person die schwerere nicht bewegen.
Beim Einsatz an Bord ergaben sich noch weitere Schwierigkeiten. Eine Person, die in voller Montur auf dem Seitendeck lag, eine typische Situation nach einer Bergung aus dem Wasser, konnte von der helfenden Person nicht bewegt werden. Zum einen ist es schwierig, unter dem Ölzeug und einer Rettungsweste hindurch den Griff sicher anzuwenden, weil wenig Platz für die Arme bleibt. Außerdem ist mit kleineren Händen der Unterarm der liegenden Person, umhüllt von Klamotten und Ölzeug, nur schwer und kaum sicher zu greifen.
Sollte dies aber gelingen, ist es in den beengten Verhältnissen auf dem Seitendeck kaum möglich, in die tiefe Hocke für die Ausgangsposition zu gehen. Und sollte auch das gelingen, ist die Person kaum zu ziehen. Sie bleibt mit Ölzeug oder Rettungsweste schnell an Relingsstützen, Blöcken oder anderen Beschlägen hängen und wird zudem, je nach Yacht, in eine Art Keil zwischen Aufbau und Reling gezogen. Als letzte Hürde ist dann noch das Süll zu bewältigen.
Zudem bewegt sich die helfende Person rückwärts, kann also Hindernisse nur schwer erkennen. Der Rautek-Griff hat sich in mehreren Szenarien an Bord folglich als nur sehr bedingt einsetzbar herausgestellt.
Jedes Crewmitglied sollte dennoch den Rautek-Griff beherrschen. Vor allem, wenn kein Ölzeug oder keine Rettungsweste von der zu bergenden Person getragen wird, bietet der Griff einen sicheren Ansatzpunkt an der Person. Ansonsten müsste an Armen oder Beinen oder einem T-Shirt oder sonstiger Kleidung gezerrt werden, was noch weniger erfolgversprechend scheint.
Eine Alternative zum Rautek-Griff kann dann ein Gurt sein, der um die Brust unter die Achseln geführt wird und an dem die helfende Person ziehen kann. Zwar wird dabei nicht der Oberkörper der zu rettenden Person entlastet, wodurch die Reibung am Untergrund noch größer ist, aber die helfende Person kann, mit Glück, etwas ergonomischer und so mit mehr Kraft agieren. Aber auch in diesem Fall hat sich gezeigt, dass eine eher zierliche Person ein schwereres Crewmitglied kaum bewegen wird.
Eine weitere Alternative bietet sich bei angelegter Rettungsweste. Dann kann ein Fall an der Rettungsöse der Weste befestigt werden. Das Fall wird über eine Winsch nur so weit durchgeholt, dass die Person nicht vollständig angehoben wird. So behält sie ihre waagerechte Position bei, schwingt bei Seegang nicht unkontrolliert herum und ist dennoch leichter zu bewegen als mittels der anderen Methoden.