ManöverkundeHafenmanöver: 9 Anlege-Varianten für Einhandsegler

Lars Bolle

, Felix Keßler

 · 04.07.2018

Manöverkunde: Hafenmanöver: 9 Anlege-Varianten für EinhandseglerFoto: YACHT/M.-S. Kreplin
Hafenmanöver: 9 Anlege-Varianten für Einhandsegler

Was tun, wenn der gewohnte Anleger plötzlich einhand absolviert werden muss und es kräftig bläst? Ruhig bleiben – mit diesen Tricks meistern Sie jedes Manöver!

Manchmal passiert lange Zeit nichts und dann alles auf einmal. So lautet eine Binsenweisheit, die Segler immer wieder am eigenen Leib zu spüren bekommen, wenn sich auf See unglückliche Umstände in kürzester Zeit verketten. Ein idyllischer Segeltag im Sommer beispielsweise endet mit einem Gewitter – der Hafen wird nicht erreicht, bevor die ersten Böen die Yacht erfassen. Da genügt es schon, wenn sich die zweite Person an Bord kurz vor der Hafeneinfahrt auch noch den Knöchel verstaucht und plötzlich beim Manöver nicht mehr mit ganzer Kraft helfen kann. Daher gilt: Auch unter schwierigen Umständen und im engen Hafenbecken sollten Skipper das Boot einhand kontrollieren und einen Anleger fahren können.

Eine Möglichkeit, sich unter Anleitung erfahrenener Solo-Regattaprofis ans Einhand-Segeln heranzutasten, bieten auch die Einhandtrainings der YACHT. An jeweils drei Tagen im September 2018 wird auf wendigen Seascapes vor Heiligenhafen gesegelt. Hier geht es zu weiteren Informationen.

Wer sich Kenntnisse über das Verhalten der eigenen Yacht direkt und ohne Fremdhilfe aneignen will, sollte das bei verschiedensten Bedingungen probieren. Dabei haben Skipper mit moderneren Yachten einen klaren Vorteil – allerdings auch einen Nachteil. Die immer breiter gewordenen Hecks vereinfachen einige Manöver und ermöglichen andere überhaupt erst. Der Abstand des Anschlagpunktes, etwa die Heckklampe, zur Schiffsmitte bewirkt einen Hebel, über den sich die Yacht drehen lässt. Außerdem sind moderne Hecks meist offen gestaltet, und die Relingsdrähte lassen sich wegnehmen. So kann der Steuermann einen Pfahl oder die Pier sehr leicht erreichen, wenn er rückwärts an sie heranfährt. Was übrigens stark zu empfehlen ist.

Der geteilte Lateralplan neuerer Yachten, mit schmalem, tiefem Kiel und frei stehendem Ruder, hat beim Manövrieren allerdings auch Vorteile, wenn sie richtig genutzt werden. Zwar vertreiben solche Yachten recht schnell und heftig bei Seitenwind über den Bug, das ist der nicht zu unterschätzende Nachteil. Dafür richten sie sich relativ stabil mit dem Heck in Windrichtung aus, was Windfahneneffekt genannt wird. Da solche Yachten zudem in Achterausfahrt sehr kon­trolliert zu steuern sind, ergeben sich neue Möglichkeiten für Hafenmanöver über das Heck.

Mit den folgenden Anlege-Szenarien für Einhand-Anleger sind Sie auch auf schwierige Bedinungen gut eingestellt. Klicken Sie auf die Bilder, um die Texte und Manöverabläufe zu vergrößern.

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Vorwärts gegen den Wind anzulegen ist eigentlich nichts besonderes: Die Pier wird vorsichtig angefahren und eine Mittelspring ausgebracht. Um einen Poller gelegt, lässt sich das Boot gut gegen das Wegtreiben nach hinten aufstoppen.

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Bei Wind parallel zur Pier ist auch das Rückwärtsfahren gegen den Wind eine sinnvolle Option. Dann nähert sich zuerst das Heck der Pier (bei modernen Yachten ist dieser Bereich sehr breit) und kommt der Pier damit entsprechend früh nahe. Nachteil: Der Wind pfeift auch beim Anlegebier noch ins Cockpit.

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Sich vom Wind bequem in die Lücke drücken lassen und dabei lässig hinter dem Rad stehen bleiben – ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn wer es nicht schafft, den Heckklampen-Festmacher auszubringen und dann im Vorwärtsgang in diesen einzudampfen, wird weiter nach hinten gedrückt...

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Ablandiger Wind und das Boot soll längsseits an die Pier. Wie funktioniert's? Die Mittelspring mit dem Poller verbinden und dann eindampfen: Das ganze Boot saugt sich dann langsam heran.

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Traumhaft hinein in die Box: Mit ins Cockpit umgelenkten Mittelsprings ist das auch einhand kein Problem. Voraussetzung ist gründliche Vorbereitung der Springs.

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Die Königsdisziplin: Rückwärts in die Box und das trotz starkem Seitenwind. Erneut machen es umgelenkte Festmacher möglich. Ein Kunststück in drei Schritten.

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Droht starker Wind die Yacht mit zu viel Speed vorwärts in die Box zu drücken, tut es diese zunächst etwas ungewöhnlich anmutende Methode. Eine lange Leine wird zu einem der Pfähle der Nachbarreihe ausgebracht und die Yacht dann ganz langsam in die eigene Box "abgeseilt". Eine der sichersten Methoden.

Bei diesen beiden Spezialmanövern ist keine Pier in der Nähe. Vielmehr geht es darum, das Boot kontrolliert zu verankern oder an einer Muring festzumachen. Im Mittelpunkt steht bei beiden Manövern der Gedanke, dass der Steuermann das Cockpit am besten nicht verlassen soll. Denn dann vertreibt die Yacht und stellt sich quer zum Wind.

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Szenario 1: Das Grundeisen zunächst über das Heck auszubringen kann sinnvoll sein, wenn der Ankerplatz räumlich begrenzt ist und das Eisen an einer bestimmten Stelle fallen soll, oder aber in Tidengewässern, in denen die Yacht bei starker Strömung deutlich vertreiben würde, weil der Steuermann nicht gleichzeitig gegen den Strom dampfen und am Bug den Anker fallen lassen kann. Deshalb kann der Anker über das Heck fallen gelassen werden, wo der Einhandsegler alles in Griffweite hat. Das gelingt jedoch nur wirklich gut mit einem Kettenvorlauf, der komplett in einem Eimer am Heck gesammelt ist sowie einer angesteckten Ankertrosse, die bereits am Bug angeschlagen und im Idealfall zum Steuermann zurückgeführt ist. Ansonsten könnte die am Rumpf entlanglaufende Kette unschöne Kratzer hinterlassen.

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Szenario 2: Werden Bojen rückwärts angefahren, kann der Steuermann leicht über das Heck einen Festmacher ausbringen. Außerdem hält er die Boje maximal lange im Blickfeld und riskiert nicht, sie zu überfahren. Als Variante zu Schritt zwei kann auch der Festmacher achtern direkt per Hand zum Bug verbracht werden. Aber Achtung: Das gelingt nur bei sehr wenig Wind und ohne Strömung. Ansonsten kann die querstehende Yacht enorme Kräfte entwickeln. Alternativ kann auch zuerst ein Ende des Festmachers auf er Mittelklape belegt werden. Danach das andere Ende von achtern zum Bug bringen und belegen, anschließend das Ende von der Mittelklape zum Bug. So ist immer ein Ende des Festmachers an Bord belegt und der Skipper muss weniger als die halbe Kraft aufbringen, da die Reibung an der Boje zusätzlich die Zugkraft am losen Ende mindert.

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