Das Aufentern in den Mast ist normalerweise ein physischer und psychischer Kraftakt. Körperliche Fitness und Ängste spielen dabei eine wesentliche Rolle. Deshalb sollte, wer sich unsicher ist, den Aufstieg besser unterlassen, solange es sich nicht um einen Notfall handelt.
Mit der richtigen Ausrüstung, Vorbereitung und Durchführung lassen sich die Strapazen und Gefahren immerhin auf ein Minimum reduzieren. So können Eigner oder Charterskipper kleinere Ärgernisse wie eine defekte Birne im Topplicht, den verdrehten Windex oder abgerissene Leinen des Lazy-Jack-Systems selbst beheben.
In diesem Artikel wird gezeigt, wie das Aufentern in den Mast mit den normalerweise an Bord befindlichen Utensilien und Beschlägen durchzuführen ist.
Zu der Ausrüstung, die an Bord sein sollte, gehört ein geeigneter Bootsmannsstuhl oder Klettergurt. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Bootsmannsstühle mit integriertem Sitzbrett bieten viel Komfort, schränken jedoch die Bewegungsfreiheit gerade beim Mitklettern ein. Mit Schultergurt können sie auch ohnmachtssicher sein. Wichtig: Je höher der Anschlagpunkt fürs Fall ist, also je länger die Gurte, desto schlechter erreicht man die Mastspitze.
Ein Klettergurt für den Bergsport oder die Baumpflege bietet eine weitaus größere Bewegungsfreiheit als ein Bootsmannsstuhl. Die Beingurte können beim längeren Hängen jedoch einschneiden und die Blutzirkulation behindern. Der tiefe Anschlagpunkt hilft bei Arbeiten am Masttopp, die Person kann aber eher nach hinten kippen.
Von allen anderen Varianten ist abzuraten. Bloße Leinenkonstruktionen taugen nichts. Wie etwa ein doppelter Palstek, bei dem man in dem einen Auge sitzt, das zweite im Rücken als Lehne dient. Bereits nach kurzer Zeit wird sich die Sitzschlaufe schmerzhaft in die Oberschenkel schneiden. Auch ein einfaches Brett ist ungeeignet, die Gefahr, aus diesem herauszurutschen, ist zu groß.
Oft reichen schon kleinste Wellen im Hafen oder eine kräftige Bö, um die Yacht in Bewegung zu bringen. Wegen des langen Hebelarmes machen sich diese Bewegungen im Masttopp verstärkt bemerkbar. Sie können dazu führen, dass die aufgeenterte Person ins Pendeln gerät. Das kann zu Verletzungen führen. Noch viel ausgeprägter ist diese Gefahr natürlich auf See bei Wellengang.
Die Person sollte also stets so dicht wie möglich am Mastprofil bleiben. Eine einfache Tauwerkschlinge reicht dafür schon. Besser ist ein Sicherungsgurt mit Karabiner. Dieser kann an den Salingen rasch gelöst und wieder befestigt oder alternativ an Wanten oder Stagen eingepickt werden.
Alternativ kann eine zweite, nach unten gespannte Leine den Aufstieg stabilisieren. Sie wird zum Mastfuß, aufs Vorschiff oder ins Cockpit gelenkt und sollte stets so straff wie möglich geführt werden, um das Fall am seitlichen Auswandern etwa durch Windeinfluss zu hindern.
Das Thema Sicherheit steht bei dieser Aktion an erster Stelle. Die Person befindet sich mehrere Meter in der Höhe, ein Absturz würde zwangsläufig schlimme Verletzungen nach sich ziehen. Deshalb ist es auch angeraten, nicht allein auf den Bootsmannsstuhl oder Klettergurt zu vertrauen, sondern sich mit einem zweiten, komplett redundanten System abzusichern. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um eine fremde Yacht handelt. Wie gut bei dieser die Qualität der Fallen, Klemmen und auch des meist vorhandenen Bootsmannsstuhls ist, lässt sich kaum abschätzen.
Ein zweites Fall erhöht die Sicherheit enorm. Dieses sollte nicht am Bootsmannsstuhl oder Klettergurt befestigt werden, um wirklich vollständig redundant zu sein. Ein einfacher Palstek unter den Schultern hindurch ist nicht zu empfehlen, da die Person aus dieser Schlaufe herausrutschen kann. Besser ist der Feuerwehr-Rettungsknoten. Bei beiden Varianten schneidet das Tauwerk bei Belastung jedoch stark ein, was zu immensen Schmerzen führen kann.
Besser ist ein Lifebelt. Aus diesem kann die aufenternde Person nicht herausrutschen, und die breiten Gurte verteilen obendrein die Last besser.
Als Sicherung dient neben dem eigentlichen Arbeitsfall ein zweites Fall – etwa das Spifall oder eine Dirk. Diese ebenfalls an den Bootsmannsstuhl zu knoten ist jedoch nicht ratsam. Wenn am Stuhl die Gurte reißen, nützt auch das zweite Fall nichts. Es sollte daher an der Person selbst befestigt werden.
Die Lose aus diesem Fall muss der Helfer beim Aufstieg ständig herausziehen, beim Abstieg muss es beständig mitgefiert werden. Am besten wird es von einem zusätzlichen Helfer bedient.
Sollte es sich bei einem Fraktionalrigg um das Gennaker- oder Spifall handeln, begrenzt dies die Aufstiegshöhe. Um bis ganz zum Masttopp zu kommen, muss die Sicherung auf dem letzten Stück etwas gefiert werden. Sollte die Person in dieser Phase abstürzen, fällt sie zwar, aber eben nur ein paar Meter und nicht bis an Deck.
Beim Anleinen gilt: Die Fallen niemals mit dem Schäkel oder gar Schnappschäkel an der Kletterausrüstung befestigen! Denn diese Beschläge können unter Umständen aufgehen. Auch einfache Karabiner verbieten sich; allenfalls solche mit Schraubsicherung eignen sich als Verbindung. Besser ist es, die Leinen mittels Palstek anzuknoten.
Zur Ausrüstung sollten Handschuhe gehören, am besten mit freien Fingerkuppen für filigrane Arbeiten. Ebenso festes Schuhwerk sowie lange, eng anliegende Kleidung; vor allem an nackten Beinen kann es sonst zu Abschürfungen etwa an Beschlägen oder Wanten kommen.
Je schwerer und passiver die Person, die aufentert, desto mehr Arbeit macht das Hochziehen in den Mast. Mit der richtigen Technik lässt sich die Mühe aber vermindern.
Je mehr sich der Kletterer selbst anhebt, also mitklettert, desto leichter wird es für den Helfer. Unter- und Zwischenwanten eignen sich gut zum Ziehen. An den Salingsfüßen kann man auch mit den Beinen unterstützen. Dabei stets auf korrekten Sitz im Stuhl achten!
Das Vorheißen am Mast ist eine weitere Erleichterung, allerdings müssen dafür zwei Helfer zur Verfügung stehen. Der stärkere und schwerere ruckt am Mast mit seinem Gewicht ins Fall ein und hievt so die Person im Mast hoch. Dann gibt er das Fall frei, der zweite Helfer zieht im Cockpit die Lose ab. Fallklemme dabei stets geschlossen halten!
Sehr hilfreich ist auch, die größten Winschen an Bord, also die Genuawinschen, zu benutzen anstatt der meist kleineren Fallenwinschen. Wenn es die Cockpitgeometrie zulässt, kann das Fall auf eine der Genuawinschen umgelenkt werden; diese sind für höhere Lasten ausgelegt.
Ist ein Umlenken im Cockpit nicht möglich, kann das Fall vom Mastfuß auf den Genuaholepunkt und von dort auf die Winsch geführt werden, vorausgesetzt, der Winkel stimmt. Dann entfällt jedoch die wichtige Sicherung über den Fallenstopper.
Generell muss der Sicherung des Falles höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein paar Tipps:
Zur guten Vorbereitung des Aufenterns gehört auch, alle nötigen Arbeitsschritte vorauszudenken und die entsprechenden Werkzeuge und Materialien schon dabeizuhaben. Wichtig ist aber auch, dass möglichst nichts herunterfallen kann, denn das könnte die Helfer verletzen oder Schäden am Boot verursachen. Wurde doch etwas vergessen, kann es mittels eines Beutels nachgeordert werden. Das setzt aber voraus, dass eine entsprechend lange Leine mit nach oben genommen wurde.