Leon Schulz im InterviewRYA-Yachtmaster erstmals umgeschrieben - “Eine kleine Sensation”

Fabian Boerger

 · 27.09.2025

Leon Schulz im Interview: RYA-Yachtmaster erstmals umgeschrieben - “Eine kleine Sensation”Foto: Leon Schulz; S. Reineke (YACHT Montage)
Leon Schulz ist sowohl RYA Yachtmaster Ocean Instructor als auch Examiner.
​Paukenschlag im Scheine-Streit: Ein YACHT-Leser hat eineinhalb Jahre mit dem DSV gerungen. Nun wurde zum ersten Mal eine britische Yachtmaster-Ocean-Lizenz in einen Sporthochseeschifferschein (SHS) umgeschrieben. Profiskipper Leon Schulz spricht im YACHT-Interview über die Tragweite und langfristige Auswirkungen des Falls.

Herr Schulz, warum ist dieser Präzedenzfall so bedeutsam?

Schon lange erkennen viele Länder die Segelausbildung der RYA als gleichwertige Alternative zu einheimischen Scheinen an. Nun wurde erstmals nicht irgendein Segelschein, sondern der höchste im britischen System, der Yachtmaster Ocean, offiziell als gleichwertig anerkannt.

Das ist eine kleine Sensation, denn alle anderen, niedrigeren RYA-Scheine wurden bei diesem Beschluss übersprungen. So liegt es auf der Hand, dass zukünftig auch diese Scheine als gleichwertig anerkannt werden.

Was bedeutet das für deutsche Segler?

Ihnen eröffnet sich jetzt eine größere Auswahl. Die RYA- Scheine sind weltweit anerkannt und werden an tausenden streng kontrollierten Trainingszentren angeboten. Dort kann man als Alternative zum deutschen System die Ausbildung durchlaufen und am Ende den Yachtmaster Ocean erwerben, der dann in einen SHS umgeschrieben werden kann.

Einzelne Module des deutschen Systems lassen sich sogar mit dem britischen kombinieren. So erkennt die RYA mittlerweile den hiesigen SKS an. Das macht Sinn, denn während in Deutschland großer Wert auf fundiertes theoretisches Wissen gelegt wird, ist das britische System stärker praxisorientiert. Mit anderen Worten: Jeder Segler kann sich frei entscheiden, welchen Kurs er macht, und von der Anerkennung der jeweiligen Scheine profitieren.


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Am Ende geht es doch darum, eine bestimmte Kompetenz nachzuweisen – gegenüber Yachtversicherungen oder Vercharterern. Das wird besonders wichtig, wenn mit internationaler Crew oder bei internationalen Regatten gesegelt wird. Es wäre ärgerlich, wenn erfahrene deutsche Segler Scheine besitzen, die international unbekannt sind. Oder wenn einem englische Segelbegriffe nicht flüssig über die Lippen kommen.

Warum tuen sich die Verantwortlichen schwer, andere Scheine umzuschreiben?

Es ist müßig, darüber nachzudenken – sicherlich spielt Lobbyismus eine Rolle. Viel wichtiger ist es jedoch, nach vorne zu schauen und Möglichkeiten statt Einschränkungen zu sehen. Deshalb sollte die nun erfolgte Öffnung zur Gleichstellung beider Systeme als große Chance für die Segelausbildung insgesamt gesehen werden – mit weltweit anerkannten und einsetzbaren Scheinen. Letztlich profitieren davon alle Segler, die ernsthaft an Ausbildung und Führerscheinen interessiert sind.

Mit welchen Folgen rechnen Sie konkret?

Es wird sicher ein „Ruck“ durch die deutsche Seglerwelt gehen, weil angehende Segler nun neben den deutschen Scheinen auch die praxisorientierten Yachtmaster-Scheine erwerben und in Deutschland als gleichwertig anerkennen lassen können. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Zahl der RYA-Ausbildungen und der Trainingszentren nun auch in Deutschland stark steigen wird. Das Interesse ist bereits hoch, vor allem bei jungen Menschen, die es zudem spannend finden, die Ausbildung in englischer Sprache zu absolvieren.

Diese Entwicklung ist eine große Chance: Der Fokus liegt nicht mehr auf Konkurrenz, sondern auf der Öffnung und der Verbindung der Stärken beider Systeme. So entsteht eine Bereicherung für die Segelausbildung insgesamt.

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