SüdseeTuamotu - Auf eigenem Kiel ins Paradies

Christian Tiedt

 · 19.10.2025

Baden mit der schönsten Aussicht der Welt: Palmenstrand von Hirifa..
Foto: Franz Schmitt
Mitten im südlichen Pazifik liegt der Archipel von Tuamotu, eine weit verstreute Gruppe traumhafter Atolle. Wer sie auf eigenem Kiel erreicht, ist weit gekommen – und nimmt nur ungern wieder Abschied. Teil 1 unserer Törnreportage.

Text: Franz Schmitt

Wer in den Tuamotus segelt, ist weit gekommen. Diese paradiesischen Inselatolle, mitten im Pazifik gelegen, befinden sich fast auf der anderen Seite der Welt – zumindest für uns Europäer. Fast alle Seglerinnen und Segler, die man hier antrifft, sind auf eigenem Kiel unterwegs und haben schon gewaltig viele Seemeilen hinter sich. So geht es auch uns. Wir haben von den Marquesas Kurs auf die Tuamotus genommen.

Zwei Millionen Quadratkilometer

„Wir“, das sind Mareike, Franz und „Holly Golightly“, eine Nordbord 33 von 1986. Die beiden ersten kommen aus Braunschweig und sind 2022 in der Schlei, von ihrem Heimatsteg bei Henningsen & Steckmest, zu einem längeren Blauwassertörn aufgebrochen.

​Wer an Höhenangst leidet, dürfte im Archipel von Tuamotu bestens aufgehoben sein. Flacher gehts kaum: Maximal sechs Meter ragen die zum Teil weit ausgedehnten Atolle aus dem Meer. Die meisten sind jedoch größtenteils überspült. Insgesamt 76 Stück sind es, die sich auf zwei Millionen Quadratkilometer Ozean verteilen. Das entspricht immerhin der Fläche Westeuropas. Die trockenen Anteile der Atolle, auch Motus genannt, sind zusammengerechnet dagegen gerade mal so groß wie Berlin. 17.000 Menschen leben hier.

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Ankunft auf Tuamotu: Raroia

Aufgrund unzähliger Riffe und starker Strömungen gehören die Tuamotus nautisch zu den gefährlichsten Ecken der Welt. Nicht umsonst wurden sie früher „Dangerous Islands“ genannt. Dank GPS, besseren Seekarten und exakteren Wettervorhersagen ist die Seefahrt heute weitaus sicherer geworden.

Nach unserem Abschied von den Marquesas erwarten uns ein ungemütlicher Amwindkurs, drei Meter Welle und Squalls mit reichlich Regen. Doch am Morgen des dritten Tages erreichen wir, geschüttelt und gerührt, Raroia, das größte Atoll von Tuamotu.

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Was die Einfahrt ins Innere eines Atolls spannend macht, sind Gezeiten, Strömungen und Wind – ähnlich wie bei den Seegatts zwischen den Ostfriesischen Inseln. Der beste Moment, ist die sogenannte Slack Time, das Stauwasser zwischen Ebbe und Flut. Zu anderen Zeiten ist die Strömung in den Passagen teilweise so heftig, dass sich stehende Wellen bilden und die Durchfahrt unmöglich wird. Gleiches gilt bei starkem Wind. Also unbedingt zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein!

Leider kommen wir eine knappe Stunde nach Slack Time am Pass von Raroia an. Als wir die Einfahrt erreichen, trauen wir dem Ganzen daher nicht so recht über den Weg. Wir tuckern abwartend hin und her und sehen, wie das Wasser, einem breiten, reißenden Fluss gleich, aus der Lagune strömt.

Mit zwei Knoten über Grund

Da erreicht uns der Funkspruch einer Yacht aus dem Atoll. Die Crew hat unser AIS-Signal beobachtet und teilt uns mit, dass wir mutig sein sollen. Also gibt „Holly Golightly“ mächtig Gas und nimmt Anlauf. Getreu dem kölschen Motto „Et hätt noch emmer joot jejange“ werfen wir uns mit Vollgas in den beeindruckenden Gegenstrom und kämpfen uns mit kaum zwei Knoten Fahrt über Grund langsam vorwärts. Doch fünf Minuten später sind wir im Atoll und atmen auf – geschafft, unsere erste Riffpassage!

Der beste Ankerplatz im Inneren liegt genau auf der Gegenseite der Lagune. Am Bug hält Mareike mit Eyeball-Navigation Ausschau nach Hindernissen, die souverän umschifft werden. Dank der hochstehenden Sonne sind die zahllosen Korallenriffe bestens auszumachen. Nach sechs Seemeilen lassen wir unseren Anker neben anderen Yachten ins klare blaue Wasser fallen.

Thor Heyerdahl war auch schon hier

Wer hier vor langer Zeit ebenfalls vorbeikam, war Thor Heyerdahl. 1947 strandete er nicht weit von unserem Ankerplatz entfernt mit seiner „Kon- Tiki“ spektakulär am Außenriff. Dort erinnert heute ein kleines Denkmal an die mutige Fahrt mit dem Floß aus Balsaholz. Seine Theorie, dass Polynesien von Südamerika aus besiedelt wurde, stellte sich später allerdings als weitgehend falsch heraus.

Mit uns liegen noch sieben bis acht andere Segelyachten im Osten des Atolls. Die meisten kennen wir mittlerweile, da wir sie hier und dort schon etliche Male getroffen haben. Es ist ein wenig wie in einem kleinen Dorf. Mittels Funkrunden werden Verabredungen zum Sundowner getroffen oder der Ausflug zum Heyerdahl-Denkmal koordiniert. Da wir leider momentan keinen funktionierenden Außenborder haben, nimmt uns immer jemand mit – eine echte Community hier in Tuamotu!

Weiter zum Fakarava-Atoll

Die Crew der „Sail la vie“, die uns in Fatu-Hiva schon großzügig mit Fisch beschenkt hat, funkt uns dann auch an, weil sie Rum benötigen. Wir spendieren eine kleine Flasche und bekommen als Gegenleistung vier frische Salatblätter und eine Tomate angeboten. Man glaubt es kaum, aber die Tomate feiern wir am meisten – frisches Gemüse ist hier Mangelware.

Tage später machen wir uns auf den Weg nach Fakarava, ein noch größeres Atoll. Um morgens zur Slack Time dort anzukommen, segeln wir über Nacht. Die Bedingungen sind so gut, dass wir mit gereffter Genua ständig bremsen müssen, um nicht zu früh am Ziel zu sein. Frühmorgens erreichen wir den Südpass und haben es diesmal leicht: Unsere Freunde Verena und Tim mit ihrer „Moana“ aus Kiel fahren vor. Wir schauen, was passiert, und folgen dann unauffällig. Direkt hinter der Passeinfahrt ankern wir vor dem Ort Tetamanu und ruhen uns erst mal ein wenig aus.

Der zweite Teil der Törnreportage zum Archipel von Tuamotu folgt demnächst!

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