Ab in den sonnigen Süden ist für viele Crews bei der ersten Charter das Motto. Doch auch das Mittelmeer hat Reviere, die anspruchsvoll sein können, etwa die gesamte Ägäis wegen des Meltemis im Sommer. Auch die heimische Ostsee kann in einem schlechten Sommer ihre Tücken haben. Es gibt Reviere, die es Einsteigern wegen überschaubarer Wetterrisiken, dichter Infrastruktur und geringer Distanzen einfach machen. Kroatien gehört dazu, das Ionische Meer ab Lefkas oder Mallorca. Wichtig ist auch der Buchungszeitraum: Die frühe Vorsaison bis Mitte Mai und ab Ende September kann mit unstabilen Wetterlagen in vielen Revieren anspruchsvoller sein. Dafür kann es in der absoluten Hochsaison im Juli bis etwa Mitte August in manchen Revieren ziemlich voll werden. Wer Marina-Plätze haben will, muss dann am frühen Nachmittag kommen oder auch mal am Anker übernachten. Das gilt etwa für Mallorca, beliebte Häfen in Dalmatien oder auch Sardinien und Korsika.
Was viele Charter-Novizen manchmal unterschätzen, sind die Kosten, die zu einem Angebot noch dazukommen können: pauschale Charter-Fees, Zwangs-Kautionsversicherung, Endreinigung, Aufpreise für Handtücher, Bettwäsche oder Außenborder, Reviergebühren wie das kroatische Permit oder Nationalpark-Gebühren. Auch die Flughafen-Transfers steigen durch stark gestiegene Taxipreise seit einigen Jahren drastisch. Da kommen schnell 500, 600 oder sogar mehr Euro zusammen. Manchmal ist das der Unterschied zwischen einem anfangs so vermeintlich günstigen Angebot und einem „teuren“.
Wer zum ersten Mal skippert, hat mit der Premiere genug zu tun. Eine schlecht gewartete Yacht ist da das Letzte, was die Crew brauchen kann. Deshalb nicht unbedingt im Internet nach dem billigsten Schiff jagen, sondern lieber eine etablierte Charter-Agentur ansprechen und klar sagen, dass man Einsteiger ist und ein wirklich gut gewartetes Boot einer ordentlichen Firma haben möchte, die bekanntermaßen guten Service leistet. Das macht sich meist auch bei der Qualität des Check-ins an der Basis bemerkbar. Wer sparen möchte: Vor dem Jahreswechsel gibt es fast überall 10–20 Prozent Frühbucher-Rabatte.
Ein Klassiker ist auch, dass für den letzten Tag zu viele Meilen Strecke eingeplant werden, womöglich hoch am Wind. Schlecht stehende Rollsegel und enttäuschende Wendewinkel machen dies manchmal zeitraubender als gedacht. Rückgabe an den Stützpunkten ist oft irgendwann am späten Nachmittag. Unerwartet schlechtes oder flaues Wetter beschert der Crew dann unnötig Zeitdruck für den Rückweg zur Basis. Dazu kommt vor allem in der Hauptsaison in manchen Häfen noch eine lange Warteschlange vor der Tankstelle. Schon wird es stressig. Lieber eine überschaubare Strecke planen und vielleicht noch einen schönen Badestopp kurz vor der Basis einlegen.
In Mittelmeer-Marinas sind Muringleinen am Bug der Standard, oft allerdings auch nur eine. Wird einfach in die Lücke gefahren, Heckleinen übergeben, der Abstand gleich direkt zum Übersteigen eher kurz bemessen und dann die Muringleine nur per Hand durchgesetzt, kann das für eventuell einsetzenden stärkeren auflandigen Wind zu wenig Spannung sein.
Besser das Boot, wenn beide Heckleinen und die Muring vorne klar zum Belegen sind, noch mal ein, zwei Meter nach vorn rutschen lassen. Heckleinen dabei auf Slip. Dann die Muring belegen und mit Maschine rückwärts auf Spannung bringen, bis der Abstand stimmt und die Heckleinen belegt werden. Ist der Widerstand der Muring zu groß, Gas rausnehmen und Muring wieder etwas lösen.
Wer wenig Praxis-Erfahrung hat und vielleicht nur den Sportbootführerschein See oder SKS aus dem Stand gemacht hat, kann vor einem Törn ein Skipper-Training buchen. Die gibt es als verlängerte Wochenend-Veranstaltung oder einwöchige Törns. Zusammen mit anderen Einsteigern werden dort Hafenmanöver gefahren, Reffen geübt oder auch richtig Ankern. Dinge eben, die bei der Ausbildung manchmal zu kurz kommen. Ohne den Druck der Prüfung im Hintergrund sind solche Kurse weniger stressig, als viele denken. Fast immer sind sie gut investiertes Geld, kosten etwa 500 bis 700 Euro. Bei vielen Charter-Firmen kann man auch für den ersten Tag einen Skipper buchen, der mit einem rausfährt, das Boot erklärt und übt. Kostenpunkt meist um die 250 Euro.
Immer wieder mal kommt es in Revieren wie Kroatien, den Balearen oder Italien auch mitten im Sommer zu Starkwind-Einbrüchen oder Gewitterfronten, die dann vor allem in Anker-Buchten für Chaos und Schäden an Yachten sorgen. Man darf nicht außer Acht lassen, dass die immer höheren Luft- und Wasser-Temperaturen auch mehr Energie in die Atmosphäre bringen.
Teils werden Crews davon kalt erwischt, wenn sie sich vom scheinbar schönen, stabilen Sommerwetter haben einlullen lassen und die fast immer vorher verfügbaren Unwetterwarnungen nicht gesehen oder ernst genug genommen haben. Daher: Der tägliche Check der Vorhersage für die kommenden Tage ist Pflicht.
Es ist verlockend: Der Schein ist gemacht, ein Haufen Freunde will mit, da muss es dann gleich ein vier Kabinen-Schiff jenseits der 45-Fuß-Grenze sein. Doch wer bislang nur Mitsegler war oder selbst nur Schiffe deutlich unter 40 Fuß gechartert hat, verkennt oft die Herausforderungen, die größere Yachten mit sich bringen. In den Häfen wird der Raum für Manöver deutlich enger, es ist in der Regel deutlich mehr Technik an Bord, überall wirken größere Kräfte. Moderne Charter-Yachten dieser Größe sind aufgrund ihres Volumens ganz schöne Brocken. Zwar ist das Handling im Prinzip dasselbe, aber die Größe kann auch einschüchtern. Lieber unter der 40-Fuß-Grenze beginnen.
Wer das erste Mal skippert, sollte nicht ausschließlich völlig unerfahrene Mitsegler an Bord haben, die noch dazu vielleicht nicht seefest sind. Idealerweise ist außerdem ein Mitsegler dabei, der schon mal Törns wie den geplanten gesegelt ist oder im besten Fall selbst einen Schein hat. Dieses Crewmitglied wird dann zum (inoffiziellen) Co-Skipper gekürt und macht auch den Check-in mit. Dann können Entscheidungen über Navigation und Routenführung auch mal beraten werden. Klar sein muss allerdings: Schiffsführer kann nur einer sein, denn dieser trägt am Ende die alleinige Verantwortung.
Ein gern gemachter Fehler von Einsteiger-Skippern auf der Charter ist, sich alle Verantwortung auf die eigenen Schultern zu laden. Dabei können viele Aufgaben zu Beginn des Törns gut auf die Crew verteilt werden. Ist noch genug Wasser in den Tanks? Sind nach dem Start alle relevanten Seeventile und Luken richtig geschlossen? Ist unter Deck alles sicher gestaut? Sind die Fäkalientanks, falls nötig, auf hoher See geleert worden? Muss Proviant nachgekauft werden? Solche Dinge muss der Skipper-Novize nicht zusätzlich zu seinen vielen noch ungewohnten Aufgaben im Kopf haben.
Ein Kratzer beim Anlegen, eine verbogene Relings-Stütze, Schäden durch Fehlbedienung: Unerfahrene Skipper müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Sie sind verantwortlich dafür, Schiff und Crew unversehrt zurückzubringen. Deshalb empfiehlt sich eine Skipper-Haftpflicht (meist unter 100 Euro), die schwer kalkulierbare Risiken abdeckt. Und da die Kautionssummen seit Jahren weltweit immer weitersteigen, sollte die Crew eine Kautionsversicherung abschließen und die Kosten teilen.
Wer beim Check-in Kratzer, Macken im Gelcoat, Kinken im Bug- oder Heckkorb oder fehlende Ausrüstung feststellt, sollte diese unbedingt ins Übergabeprotokoll schreiben. Denn manchmal wiegelt das Charter-Basispersonal bei vermeintlichen Kleinigkeiten ab. Der Schaden sei von der Vorcrew und bekannt. Kommt beim Check-out dann ein anderer Kollege an Bord, der es genauer nimmt, kann er sich nur nach dem richten, was im Protokoll steht. So kommt es immer mal wieder zu unschönen Diskussionen. Daher: Lieber zu viel als zu wenig eintragen und um eine vom Basispersonal unterschriebene Kopie des Protokolls bitten.
Beim ersten eigenverantwortlichen Charter-Check-in des Lebens prasseln sehr viele Infos auf den Skipper ein: Eigenheiten des Boots, technische Ausrüstung, Instrumente, was ist wo gestaut – oft ist vieles anders als auf der Ausbildungsyacht. Erklärungen vom Basispersonal, manchmal unter Zeitdruck auf Englisch, da geht viel ins eine Ohr rein und aus dem anderen heraus. Daher: Den Co-Skipper dabeihaben und wichtige Fakten auch mal aufschreiben oder ins Smartphone diktieren, denn vier Augen sehen mehr als zwei. Eine persönliche Check-in-Liste kann auch sehr hilfreich sein, Vorlagen gibt es viele im Internet.
Jede Crew hat vor dem Törn eine Vorstellung, wo es hingehen soll: kurze Schläge oder lange, in den Hafen oder viel Ankern, die geplanten Törn-Highlights. Doch manchmal klappt es einfach nicht: zu viel Wind oder gar keiner, aus der falschen Richtung, Gewitter, überfüllte Häfen, keine Boje mehr frei, die Crew will länger irgendwo bleiben – was auch immer. Als Skipper sollte man flexibel bleiben und einen Plan B im Hinterkopf haben, besonders bei längeren Passagen oder später Ankunft. Einen Törnplan gegen widrige Bedingungen durchzuziehen, kann auch die Stimmung an Bord belasten.
Nicht vergessen: Segeln ist ein Erfahrungssport. Jeder neue Skipper macht Fehler, sei es bei Manövern, Bedienung der Technik, oder beim Umgang mit der Crew. Das ist auch den Besten so gegangen. Natürlich tut der erste Gelcoat-Kratzer weh, ist das erste völlig verpatzte Manöver unangenehm. Wichtig ist dabei nur: durchatmen und ruhig bleiben. Und aus den Fehlern lernen. Hinterher mit der Crew besprechen, was schiefgelaufen ist, keine einseitigen Schuldzuweisungen und positiv überlegen, wie es beim nächsten Mal besser laufen kann. Zum Beispiel ein Manöver, das missglückt, rechtzeitig abzubrechen, wenn es noch gefahrlos möglich ist. Dann kommen die Mitsegler auch gerne wieder mit.
Hat der Skipper das Boot übernommen, schwirrt ihm manchmal viel im Kopf herum und es wird vergessen, dass die Mitsegler auch auf einem akzeptablen Stand für den Törn sein müssen. Was müssen alle wissen? Selbstverständlich sind Notfallausrüstung, persönliche Sicherheitsausrüstung und generelle Sicherheitsregeln des Skippers. Aber auch: Wie funktionieren die Toiletten, welche Absperrhähne gibt es, wo sind die fürs Gas? Wie funktionieren Funke (DSC), Luken und Ankerbedienung. Das Kunststück für den Skipper besteht darin, den Erfahrungslevel seiner Mitsegler richtig einzuschätzen und sie entsprechend zu instruieren. Machen Sie sich darüber am besten schon vor dem Törn Gedanken. Checklisten dafür finden sich auch auf www.yacht.de.
Yachten können wie soziale Brenngläser wirken: Spannungen entstehen auf engem Raum oft schneller als an Land. Dem einen passt nicht, dass ein anderer nie abwäscht, der Nächste will längere Badestopps, wieder andere mögen bei schlechtem Wetter nicht segeln. Ein guter Skipper achtet auf Missklänge und spitze Bemerkungen und versucht, Konflikte frühzeitig zu klären. Um zu vermeiden, dass es zwischen den Crewmitgliedern und vielleicht dem Skipper irgendwann knallt – besonders gerne in der zweiten Charterwoche – sollte man vor Entscheidungen über den Ablege-Zeitpunkt, Tagespläne oder Ähnlichem in die Runde fragen. Nicht immer sind alle Bedürfnisse miteinander vereinbar, doch wenn sich jeder gesehen und gehört fühlt, ist das schon die halbe Miete.
Wenn die Anleger oder andere Manöver schlecht geplant sind, werden Chartercrews unfreiwillig zu Hauptdarstellern des Hafenkinos. Da kommen schon mal Crews in den Hafen, ohne dass Fender, Leinen und Bootshaken bereit sind oder alle stehen ratlos an Deck herum und wissen nicht so recht, was sie genau zu tun haben. Geben Sie der Crew daher vor dem Manöver genaue Anweisungen: Was für eins wird gleich gefahren? Wer übernimmt welche Aufgabe? Welche Leinen und Fender sind nötig? Oft ist auch ersichtlich, dass Skipper oder Crew bei Anlegern nicht wissen, welchen Effekt der Wind beim Manöver hat. Welches sind die wichtigen Luv-Leinen? Muss das Manöver schnell gehen, weil es ungünstig weht? Dann natürlich auch die besten Leute auf die kritischen Positionen stellen. Und sich als Skipper darauf einstellen, wohin das Boot bei Stillstand vertreibt.
Ein Klassiker: Man möchte nur für einen kurzen Badestopp ankern und weil es danach weitergehen soll, fällt das Ankern etwas nachlässig aus. Und dann will die Crew doch länger bleiben. Doch mittlerweile ist es voller in der Bucht geworden. Nimmt der Wind zu oder dreht, kann das schnell zu slippendem Geschirr führen. Daher immer so ankern, als ob man bleiben will: genug Kette für die Wassertiefe stecken, Eisen sanft einfahren und dann einmal richtig mit Drehzahl um die 2.000 Umdrehungen ziehen, um zu sehen, ob es hält und die Landpeilung steht.
Die Unterschiede zwischen den Charterzielen können größer sein, als manche Skipper denken: Ostsee-Segler müssen im Mittelmeer plötzlich mit dem Heck anlegen und mit Muringleinen umzugehen wissen, Griechenland-Novizen mitten im Hafen den Anker benutzen, in Italien gibt es viele Häfen mit Schwimmstegen, in Skandinavien sogar Heckbojen. Im Mittelmeer muss man sich in Marinas oft über Funk anmelden. Neben solchen Etiketten-Fragen gibt es aber auch Handfestes, etwa in Sachen Wetter: Bora in Kroatien, Meltemi in Griechenland, Mistral in Frankreich und Italien – all das kommt auch in der schönsten Ferienzeit vor. Ein guter Skipper informiert sich deshalb vorher über Websites und gedruckte Revierführer, um gewappnet zu sein.