Lasse Johannsen
· 01.11.2023
Trotz Aus für den Nationalpark Ostsee wird der Konsultationsprozess fortgesetzt, in dem Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt sich über das Projekt reihum mit den Interessenvertretern der betroffenen Gruppen austauschen wollte. Heute findet in Neumünster mit dem sogenannten Verzahnungsworkshop der nächste und letzte Termin statt, ein abschließendes Plenum aller Teilnehmer am Konsultationsprozess. Für den Landesseglerverband Schleswig-Holstein wird dessen Vorstandsmitglied für Umweltfragen, der Flensburger Rechtsanwalt Hans Köster, dabei sein. Mit der YACHT sprach er vorab darüber, was er erwartet.
Köster: Eingeladen sind die Vertreter aller sieben Interessengruppen, also Tourismus, Fischerei, Naturschutz, Regionalentwicklung, Kreise und Kommunen, Landwirtschaft/Wasserwirtschaft/Landnutzung und eben wir, der Wassersport.
Alle der eben aufgezählten Workshops, bis auf den Workshop der Naturschutzverbände, haben sich klar gegen den Nationalpark ausgesprochen.
In der Einladung zum sogenannten Verzahnungsworkshop am 1. November heißt es: „Wir werden Sie bitten, die aufbereiteten Ergebnisse der Workshops einzuschätzen.“ Da gibt es aber nichts einzuschätzen, das sind ja bereits durch die Workshops erarbeitete Stellungnahmen. Aber es geht noch weiter …
Wir werden in der Einladung gebeten, konkrete Vorschläge für einen verbesserten Gebietsschutz im Bereich der Potenzialkulisse ohne Nationalpark zu machen. Das heißt im Klartext Vorschläge für die Ausweitung von bereits bestehenden Schutzgebieten.
Nein, es geht – zumindest laut der Einladung – allein um die Frage, wie in dem Gebiet der Potenzialkulisse jetzt trotzdem Nullnutzungszonen entstehen können. Die Fragen an uns zielen darauf ab zu sagen, wann wir bereit sind, an zu vereinbarenden Stellen nicht zu segeln.
Es wird ausdrücklich von Gebietsschutz gesprochen. Der Begriff ist klar definiert.
Ja, aber bei einem solchen Gebietsschutz geht es ja immer um einen konkreten Grund. Weil etwa bestimmte Seevögel in einem Gebiet zu bestimmter Zeit brüten, ist es sinnvoll, dort in der Zeit keinen Wassersport zu betreiben. Wir werden jetzt aber gebeten, dazu Vorschläge zu machen. Dafür haben wir aber gar nicht die Expertise, wir wissen ja gar nicht, wann wer wo geschützt werden muss. Das sollte das Ministerium wissen. Schön wäre es daher, wenn das Ministerium diese Erkenntnisse nicht nur teilen, sondern selbst ganz konkrete Vorschläge dazu machen würde, welche Maßnahmen von welcher Nutzergruppe erwartet werden. Darauf kann man sich dann einstellen, solche Vorschläge kann die Seglerschaft diskutieren und sich dazu eine Meinung bilden und konkrete Antworten geben. Die Aussage, dass das Segeln auch im Nationalpark weiterhin möglich sein wird, reicht da nicht aus, macht uns eher verdrießlich.
Es ist völlig abstrahiert von den bisherigen Themen des Konsultationsprozesses. Und das kritisieren wir. Bislang ging es im Workshop um die Einschätzung zu Chancen und Risiken eines Nationalparks. Und bei dem anstehenden Verzahnungsworkshop sollte es unserer Meinung nach doch zunächst darum gehen, die Ergebnisse der einzelnen Fach-Workshops festzustellen, um hieraus ein Votum zu formulieren, an dem sich die weitere politische Arbeit orientieren muss. Dass es jetzt wieder darum gehen soll, konkrete Maßnahmen zu benennen und zu diskutieren, wundert nach den klaren Ansagen an das Ministerium schon sehr. Alles, was wir an Ideen für einen besseren Ostseeschutz ohne Nationalpark haben, spielt bei der Antwort auf diese neue Frage gar keine Rolle.
Wir sind da ziemlich ratlos, wie es weitergeht. Unsere große Sorge ist, dass es künftig einseitig um Befahrensregelungen bis hin zu Befahrensverboten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gehen wird. Die Potenzialkulisse bezieht sich ja nur auf die Wasserflächen, sie endet am sogenannten Spülsaum. Und nun geht es innerhalb dieses Bereiches also ausdrücklich um „Gebietsschutz“. Nicht um Gewässerschutz. Das kann man nur so interpretieren, als dass wir sagen sollen, welche Gebiete wir Wassersportler bereit sind, für eine Nullnutzung aufzugeben.
Vor wenigen Wochen wurde die Bundesrepublik von der EU darauf hingewiesen, dass zu wenig Fläche als Schutzgebiete, etwa im Rahmen von FFH und Natura 2000, ausgewiesen sind. Und es ist möglich, dass es bei dem gesamten Vorhaben nicht zuletzt um Zahlen ging, die diesen Umstand abgemildert hätten.
Ganz einfach: Wir müssen und werden als Landesverband in Sachen Umweltschutz weiter verstärkt aktiv sein, aber können das offensichtlich nicht im Rahmen dieses überwiegend politisch geprägten Prozesses.