“Port de Porquerolles, hier ist Segelyacht ‘Mistral’, wir sind zehn Seemeilen vor der Hafeneinfahrt. Haben Sie einen freien Liegeplatz für zwei Tage?” Anstatt der gewohnten Nachfrage zu Bootslänge und Tiefgang kommt vom Marinero zuerst die Aufforderung, das Alter des Boots preiszugeben. Ist das Boot zu betagt, gibt es auch keinen Platz. Over and out.
So in etwa könnten Skipper sich ein Funkgespräch mit einem französischen Mittelmeerhafen vorstellen, wenn man den Artikel des Online-Magazins liest. Ein demütigendes Erlebnis, ähnlich wie zu Jugendzeiten bei der Einlasskontrolle des Lieblingsclubs. Nur mit umgedrehten Vorzeichen und einer eventuell erschöpften Crew oder gar einem Schaden an Bord. Das klingt nicht nur arrogant, sondern auch höchst unseemännisch. Kaum zu glauben, aber wahr?
Um das herauszufinden, haben wir die größten Hafenverbände im Mittelmeer kontaktiert und um eine Stellungnahme gebeten. Die einhellige Antwort: Nein, das Alter einer Yacht spielt keine Rolle bei der Vergabe von Gäste- und Saisonliegeplätzen. Sofern das Boot versichert und adäquat gepflegt ist, muss sich kein Skipper Sorgen machen, abgewiesen zu werden – schon gar nicht bei Tagesliegeplätzen. “Allerdings gibt es in der Türkei erste Versicherungen, die Boote ab einem bestimmten Alter generell nicht mehr versichern”, wie Yeliz Pınar von Seturmarinas berichtet. Der eventuelle gute Zustand einer Yacht spielt dabei keine Rolle. Sollte diese Tendenz sich im Mittelmeerraum verbreiten, könnte das zukünftig zu Problemen führen. Umso wichtiger wird dann der tadellose, gut gepflegte Zustand eines Schiffs, um die Häfen zu überzeugen.
Anders sieht es aus bei den vergleichsweise günstigen Winterliegeplätzen an Land. Hier nehmen sich immer mehr Marinas schon jetzt das Recht heraus, einen Platz zu verwehren, wenn das Boot zu alt, heruntergekommen oder als Hauptwohnsitz genutzt wird. Sollte der Eigner nämlich das Interesse an seinem Gefährt verlieren oder gar versterben, bleibt in der Regel die Marina nicht nur auf dem Boot sitzen, sondern auch auf den Folgekosten wie Lagerung oder Entsorgung. Nicht wenige Eigner schieben so auch bewusst ihre Schrottboote ab, um den mitunter hohen Entsorgungskosten zu entgehen. Ein stetig wachsendes Problem, nicht nur am Mittelmeer, sondern in allen Gewässern weltweit.