Wer mit einer Segelyacht nach längerer Zeit in EU-Gewässer zurückkehrt, muss mit Besuch vom Zoll rechnen. Denn: Qua Gesetz wird fast immer bei der Einreise Mehrwertsteuer aufs Schiff fällig. Das kann schnell sehr teuer werden. Allerdings wird die Steuer offenbar nicht überall eingetrieben. In einem Land hingegen schon, wie ein aktueller Fall zeigt.
Stéphane Dubois (Name von der Redaktion geändert) ist stinksauer. Der Belgier sieht sich seiner Meinung nach mit ungerechtfertigten Steuerforderungen seitens der französischen Finanzbehörden konfrontiert. Das und wie es dazu gekommen ist, hat er jetzt der YACHT-Redaktion berichtet.
Der Zoll verlange von ihm mehrere Zehntausend Euro Mehrwertsteuer, die für sein Schiff an die französische Staatskasse abzuführen sei. Dabei ist bereits vor vielen Jahren schon Mehrwertsteuer ganz regulär für Dubois‘ Yacht entrichtet worden. Warum nun also ein zweites Mal?
Das Problem: Das Schiff, eine 19 Meter lange Blauwasseryacht der französischen Garcia-Werft, war in den vergangenen Jahren mit den ersten Eignern auf Weltumsegelung. 2010 hatten sie das Boot neu gekauft und im Zuge des Erwerbs auch die Mehrwertsteuer in Frankreich bezahlt. Zwei Jahre später verließen sie die EU-Gewässer und starteten ihre Langfahrt. Die dauerte bis 2016. Dann steuerten sie Martinique an und beendeten dort ihre Weltreise.
In den Jahren danach blieb das Schiff – abgesehen von einzelnen Törns und Reparaturaufenthalten auf Nachbarinseln - in dem Karibikstaat. Wichtig in diesem Zusammenhang: Bei Martinique handelt es sich um ein französisches Übersee-Departement und zählt damit zur EU.
Vor zwei Jahren dann entdeckte Stéphane Dubois die inzwischen zum Verkauf stehende Yacht der Weltumsegler und schlug zu. Er brachte das Schiff über den Atlantik zurück nach Europa. Als ersten Hafen in der EU lief er das spanische Baiona an. Dort klarierte er ein. Der spanische Zoll inspizierte das Schiff und bestätigte die erfolgte Einreise in die EU. Eine damit eigentlich automatisch schon in Spanien fällig werdende Mehrwertsteuer erwähnten die Beamten nicht.
Unbekümmert setzte Dubois seinen Törn fort. Nächster Hafen: La Rochelle in Frankreich. Auch dort kam der Zoll an Bord – und stellte zur Überraschung des Eigners einen saftigen Steuerbescheid aus. Um die Steuersumme zu ermitteln, legten sie den Zeitwert des Schiffs zugrunde. Den ermittelten die Zöllner anhand des Kaufpreises, den Dubois gerade erst an die Voreigner gezahlt hatte.
„Da sich das Schiff während der Weltumsegelung mit den ersten Eignern länger als drei Jahre ununterbrochen außerhalb von EU-Gewässern befand, hatte es gemäß den EU-weit geltenden Steuerbestimmungen seinen Status als Gemeinschaftsware verloren“, erklärt Dubois. „Damit wird es vom Zoll so behandelt wie jedes andere Gut, dass von außerhalb in die EU importiert wird.“
Das heißt, es wird zusätzlich zum Zoll Mehrwertsteuer erhoben. Wie hoch die ausfällt, hängt vom Warenwert sowie von der Höhe des Steuersatzes jenes Landes ab, in das die Ware als erstes eingeführt wird beziehungsweise für das sie bestimmt ist.
Ob bereits in der Vergangenheit wie im Fall der Garcia schon einmal Mehrwertsteuer in der EU entrichtet wurde, spielt dabei keinerlei Rolle. „Das ist aber nur ein Aspekt, den ich bei der Sache als ungerecht empfinde. Denn selbst, wenn ich die Steuer nun erneut bezahle, bekommen die ersten Eigner ja ihre schon 2010 bezahlte Steuer nicht zurück“, erklärt Dubois. „Der Staat kassiert am Ende also für dasselbe Produkt zweimal ab!“
Formal korrekt wird bei einem Warenimport übrigens gar keine Mehrwertsteuer, sondern eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Für beide gilt jedoch derselbe Steuersatz.
Was den Belgier zudem wurmt: „Andere Länder drücken bei einer Überschreitung der Drei-Jahres-Frist um bis zu sechs Monate ein Auge zu und sprechen dem Schiff dann nicht seinen Gemeinschaftswaren-Charakter ab. Meine Garcia war laut Logbüchern der Voreigner drei Jahre und fünf Monate außerhalb von EU-Gewässern, und trotzdem beharren die französischen Finanzbehörden nun auf die Besteuerung“, klagt Dubois.
Als er 2023 mit dem Schiff in La Rochelle angekommen sei, hätte der Zoll es an die Kette gelegt. Ich musste eine Sicherheitsleistung in Höhe der Steuer hinterlegen. Erst als das passiert war, durfte ich weitersegeln“, berichtet der Belgier. Seither fechte er den Steuerbescheid an. Bislang mit mäßigem Erfolg.
Immerhin sind die Behörden wohl bereit, die theoretisch schon bei der 2016 erfolgten Einreise des Schiffs in Martinique angefallene Steuer in Abzug zu bringen. Eigentlich ein prima Entgegenkommen. In Martinique gilt wie in allen Übersee-Departements Frankreichs ein recht niedriger Mehrwertsteuersatz von 8,5 Prozent. Blieben mithin „nur“ noch 11,5 Prozentpunkte Differenz zum französischen Steuersatz von 20 Prozent.
Die Sache hat allerdings gleich mehrere Haken: Die Übersee-Departements zählen offiziell gar nicht zum Steuergebiet der EU. Daher ist auch diese Art der Differenzbesteuerung, die Frankreich anwendet, im EU-Steuerrecht nirgends verankert. Bezogen auf die Garcia könnte daher das nächste EU-Land, in das die Yacht einreist, die französische Differenzbesteuerung beanstanden und zu Lasten von Stéphane Dubois korrigieren.
Problematischer aber noch: Die ersten Eigner hatten offenbar 2016 bei der Ankunft in Martinique gar keine Einfuhrsteuer bezahlt. Wie später in Spanien hatten auch dort die Behörden wohl darauf verzichtet oder es schlichtweg versäumt, sie zu erheben.
„Die EU hat schlichtweg vergessen, in ihrer Steuergesetzgebung auf die spezifischen Belange der Sportbootschifffahrt zu achten“, ärgert sich Stéphane Dubois. Er fordert die hiesigen maritimen Verbände auf, die Politik dazu zu drängen, sich des Problems anzunehmen. „Ein Schiff, dass als Wohn- und Reisegefährt genutzt wird, kann man doch nicht mit irgendeiner beliebigen Ware gleichsetzen, die in die EU eingeführt wird.“
Dieser Ansicht ist auch Jean-Paul Bahuaud. Er verkauft seit vielen Jahren gebrauchte Yachten auf Guadeloupe. Auch diese Karibikinsel ist ein französisches Departement. „Viele unserer Kunden, die hier bei uns ein Schiff kaufen und es zurück nach Europa bringen wollen, bekommen Ärger mit dem Zoll.“ Bahuaud plädiert dafür, den Status der Übersee-Departements schnellstens zu ändern und das EU-Steuergebiet auf sie auszuweiten.
„Ansonsten bleibt es dem Zufall überlassen, ob man bei der Wiedereinfuhr eines Schiffs in EU-Gewässer zur Kasse gebeten wird oder nicht“, so der Yachtmakler. Länder wie Spanien oder Portugal sind bekannt dafür, sich nicht um das Thema zu kümmern. Andere Staaten hingegen sind für ihre rigide Vorgehensweise bekannt. Dazu zählte in der Vergangenheit insbesondere Italien. Nun ist offenbar auch Frankreich erpicht darauf, Steuerschulden von Seglern unerbittlich einzutreiben.
Stéphane Dubois will auf jeden Fall weiterkämpfen für in seinen Augen mehr Steuergerechtigkeit für Bootskäufer und Langfahrtsegler sowie für ein Ende der Unsicherheit, was auf Segler zukommt, wenn sie in die EU zurückkehren. Schließlich ist die Yacht für viele Rückkehrer nicht selten das einzige Vermögen, dass sie nach oft vielen Jahren auf See besitzen. Ihnen fehlen häufig die Mittel, eine hohe Steuerforderung zu bewältigen.
Dubois: „Mein Fall liegt mittlerweile bei der Schiedsstelle des französischen Wirtschaft- und Finanzministeriums. Ich hoffe, dass ich dort auf Verständnis für uns Segler stoße.“