InterviewBlauwasser-Enthusiasten werden immer jünger

Ursula Meer

 · 11.11.2025

Interview: Blauwasser-Enthusiasten werden immer jüngerFoto: Ursula Meer
Marcus Warnke, der Vorstandsvorsitzende von Trans-Ocean e.V., bei der diesjährigen Preisverleihung
​Der Fahrtensegler-Verein Trans-Ocean e.V. (TO) ist ein Netzwerk von und für Hochseesegler. 1968 gegründet, unterstützt er sportliches Hochseesegeln, fördert Fahrten- und Regatta-Seglern bei allen Aktivitäten möchte allen Seglern eine Hilfe sein. Alljährlich vergibt er auch Preise für besondere Leistungen im Fahrtensegeln.

Der Verein durchläuft eine Phase der Veränderung. Nun wurde der Vorstandsvorsitzende Marcus Warnke für eine zweite Amtszeit gewählt. Die YACHT hat am Rande der Preisverleihung am vergangenen Samstag (8.11.2025) mit ihm gesprochen. Im Interview berichtet er über die Neuausrichtung eines traditionsreichen Vereins, neue Rekorde, den Wandel im Fahrtensegeln – und warum nicht jedes TO-Mitglied um die Welt segeln muss.

Herr Warnke, Trans-Ocean hat in den letzten Jahren Veränderungen durchlaufen. Wie würden Sie diese beschreiben?

Der Verein hat sich in den vergangenen drei Jahren neu aufgestellt. Wir haben ein neues Vorstandsteam formiert und verschiedene interne Prozesse überarbeitet. Corona hat uns dabei nicht geschadet, im Gegenteil: Wir konnten diese Zeit für Umstrukturierungen nutzen.

Wie hat sich Ihre Mitgliederstruktur entwickelt?

Zum Abschluss des letzten Geschäftsjahres hatten wir 5.500 Mitglieder, was einem Wachstum von 6,2 Prozent entspricht. Nach Aussage unserer langjährigen Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle ist das ein historischer Höchststand.

Wir haben auch eine Partnermitgliedschaft eingeführt. Diese Änderung hat den Frauenanteil im Verein erhöht. Früher war oft nur der Mann als Schiffsführer Mitglied, während die Partnerin keinen formalen Zugang zum Verein hatte – etwa bei Mitgliederversammlungen. Heute sind etwa zwei Drittel der Neumitgliedschaften Partnermitgliedschaften, bei denen beide jeweils einen halben Beitrag zahlen.

Heißt das, jetzt segeln mehr Frauen?

Bei der Partnermitgliedschaft zahlt jeder einen halben Beitrag. Man kann nicht mehr so leicht rückschließen, wer Eigner ist. Es ist aber noch immer üblich, dass die faktische Verantwortung an Bord asymmetrisch verteilt ist, mit dem Mann als Schiffsführer. Das ist meines Erachtens nicht ideal, aber es spiegelt die Realität auf vielen Booten wider.

Wie wirkt sich der demografische Wandel bei Ihnen aus?

Die Altersstruktur ist breiter geworden. Während früher viele Mitglieder erst nach dem Berufsleben, also jenseits der 60, zu uns kamen, sehen wir heute mehr Mitglieder in ihren 30ern und 40ern. Die Boomer-Generation ist nach wie vor stark vertreten, aber wir werden insgesamt jünger. Besonders seit Corona beobachten wir ein verstärktes Interesse am längeren Unterwegssein – sei es mit der Familie, als Liveaboard oder im "Boat Office".

Müssen alle Trans-Ocean Mitglieder um die Welt segeln?

Nein! Es gibt auch Mitglieder, die eine große Ostseerunde über drei Monate machen. Man kann darüber diskutieren, ob das "Transozean" ist oder nicht. Aus meiner Perspektive ist das engagiertes Fahrtensegeln. Wenn man in Nordfinnland mit technischen Problemen zu kämpfen hat, ist das nicht sehr viel anders als irgendwo in der Karibik – da oben gibt es sogar noch weniger Werften.

Eine echte Herausforderung für uns ist nach wie vor die gefühlte Eintrittsschwelle. Viele denken: "Trans Ocean – das ist doch der Weltumsegler-Verein. Wenn ich nicht mindestens in die USA und zurück gesegelt bin, bin ich da nicht richtig." Das ist Quatsch!

Unser Claim ist "Die See im Herzen", und die See im Herzen hat man ja nicht erst, wenn man schon zigmal über das große Wasser gefahren ist.

Wir sind ein Verein von Leuten, die überwiegend Eigner sind, und deswegen haben wir wahnsinnig viel technische Kompetenz im Verein. Ich würde gerne die Scheu nehmen: Wer engagiert Fahrtensegeln will und vielleicht 500 Meilen im Sommer schafft, der ist bei uns richtig.

Sie sind auch online sehr aktiv, was hat das mit Hochsee-Segeln zu tun?

Die Mikroseminare haben einen riesigen Beitrag dazu geleistet, dass wir heute mit der Mitgliedschaft so gut dastehen. Sie wurden während Corona von unseren langjährigen Mitgliedern Bert und Marlene Frisch ins Leben gerufen. Was die beiden da machen, ist inzwischen sensationell. Es ist so eine Art virtuelles Vereinshaus geworden.

Die Leute kommen dahin, auch wenn sie das Thema schon dreimal gehört haben, weil sie einfach zusammenkommen wollen. Es macht die Gemeinschaft spürbar und zeigt: Wir teilen Wissen. Das sind zwei zentrale Elemente, die den Verein ausmachen.

Wie sieht es mit den Regatta-Aktivitäten des Vereins aus?

Der Verein wurde ja ursprünglich zur Förderung des Hochseesegels gegründet, um die Teilnahme an Regatten zu ermöglichen. Früher haben wir immer mal einen Class Mini unterstützt, aber jetzt fördern wir gleichzeitig zwei Minis, eine OD 30, drei Class 40 und weitere Boote.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Es waren noch nie so viele Seglerinnen und Segler unter TO-Stander bei Regatten unterwegs wie in diesem Jahr. Das zeigt auch, dass sich im Thema Offshore-Segeln in Deutschland generell etwas tut.

Und was steht für die Zukunft an?

Ich glaube, dass uns das Thema Ausbildung auf einem anderen Niveau beschäftigen wird. Ich bekomme aus der Szene, auch von Versicherern, mit, dass das nautische Wissen abnimmt. Wenn Leute sich von einem 60-Fuß-Katamaran abbergen lassen, weil hinten ein bisschen Wasser beim Ruder reinläuft, dann stimmt etwas nicht.

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Wir müssen auch beobachten, was sich durch den Referentenentwurf zur Änderung des Führerscheinwesens ergibt. Wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Qualität von Ausbildung eher steigt und praxisorientierter wird.

Mir macht es auch Freude, Themen anzustoßen wie unser Citizen-Science-Projekt, bei dem unsere Mitglieder Meeresdaten sammeln für das GEOMAR, oder das Short-Handed-Rescue-Projekt, bei dem Paare lernen, wie sich beim Überbordgehen gegenseitig retten können. 95 Prozent unserer Mitglieder sind zu zweit unterwegs, und da funktionieren die Standard-Rettungsverfahren nicht so, wie sie gelehrt werden.

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