Um 13:40 Uhr ist es soweit: Noch bevor Asha Reich und Helge Aßmann ihre „Gegenwind“ fest vertäut haben, brandet Applaus auf. Familienangehörige, Freunde und Bekannte sind zum Anleger der Marine-Jugend Kieler Förde e.V. an der Kiellinie gekommen, um die beiden Weltumsegler feierlich zu empfangen. Kurz zuvor hatte eine kleine Flotte befreundeter Segler die „Gegenwind“ auf dem letzten Stück bis zum Zielhafen begleitet. Nun ist es vollbracht und sie sind an den Ort zurückgekehrt, von dem sie vor zehn Jahren zur Weltumseglung aufgebrochen waren.
Sie können es noch nicht ganz glauben. „Es ist ein seltsames Gefühl. Es ist vertraut, aber nach zehn Jahren auch irgendwie fremd, wieder hier zu sein“, sagt Helge Aßmann, noch bevor er an Land geht. Aber es sei großartig, alle wiederzusehen. „Die letzte Woche verging wie im Flug. Wir dachten, wir könnten in Ruhe ankommen. Keine Chance“, sagt Asha Reich. Sie hätten es nicht einmal geschafft aufzuräumen, ergänzt Helge Aßmann.
Schon Mitte September kamen sie in Cuxhaven an, ihrem ersten deutschen Hafen. Letzte Woche brachen sie dann Richtung Ostsee auf. Über den Nord-Ostsee-Kanal ging es nach Rendsburg, bevor sie am Samstag ihr vorerst letztes Etappenziel an der Kiellinie erreichten.
Seit ihrer Abreise aus Deutschland im Jahr 2014 haben sie drei Ozeane, die Karibik und das Südchinesische Meer überquert. Auf ihrem Weg meisterten sie zahlreiche Abenteuer und Herausforderungen: Sie segelten durch Stürme mit riesigen Wellen, verbrachten 51 Tage ununterbrochen auf See, liefen auf ein Riff auf, stürzten mit ihrer „Gegenwind“ aus dem Kran und überstanden zwei Zyklone und einen Hurrikan.
“Unsere Reise bedeutete immer: ankommen, sich anpassen und Neues ausprobieren”
Während der Corona-Pandemie saßen sie ganze 18 Monate in Osttimor fest. Lange konnten sie ihr vor Anker liegendes Schiff nicht verlassen, doch sie trotzten Stürmen, einer Beinahe-Havarie und der Bürokratie. All diese Prüfungen haben sie auch als Paar enger zusammengebracht. Erst vor wenigen Wochen, Ende Juni, besiegelten sie ihre Verbundenheit offiziell: Auf Porto Santo, einer Insel mitten im Atlantik, gaben sie sich nach zehn Jahren gemeinsamer Reise das Ja-Wort.
„Rund um die Uhr, Jahr für Jahr zusammen zu sein – viele sagen, das könnten sie nicht mit ihrem Partner. Aber wir haben das jetzt zehn Jahre lang gemacht“, sagt Helge Aßmann. Nun, da sie wieder an Land leben werden, schauen sie gespannt in die Zukunft. Nicht mit Sorge – vielmehr freuen sie sich auf das Abenteuer, das nun beginnt, sagen sie.
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Nach Hause kommen und die Füße hoch legen kommt für sie allerdings nicht in Frage: “Unsere Reise bedeutete immer: ankommen, sich anpassen und Neues ausprobieren”, sagt Aßmann. Genau so wollen sie es weiterhin handhaben. “Wir fahren los und organisieren den Rest Schritt für Schritt”, so Asha Reich. Einen festen Plan gibt es für sie nicht. Doch ihren Blog, den sie während ihrer ganzen Reise geschrieben haben, wollen sie auch nach der Ankunft noch weiterführen.
Zunächst sind sie aber auf der Suche nach einer Wohnung, einem Job und einem Winterliegeplatz für ihre “Gegenwind”. Verkaufen wollen sie ihre treue Begleiterin auf keinen Fall; vielmehr soll das Schiff wieder vernünftig aufgearbeitet werden. Schon jetzt schwirren ihnen zahlreiche neue Törn-Ideen im Kopf herum. “Mal schauen, wo es uns hinzieht. Vielleicht bis nach Norwegen hoch oder rund England oder ins Baltikum. Grönland wäre auch mal schön.”
Über ihre Reise und die vielen Abenteuer, die Helge Aßmann und Asha Reich mit ihrer „Gegenwind“ erlebt haben, sprachen sie ausführlich mit der YACHT. Das gesamte Interview ist in der Ausgabe 23/2024 sowie bald online zu lesen.