BlauwassersegelnDie schönsten Ziele der Welt

YACHT-Redaktion

 · 13.09.2023

Blauwassersegeln: Die schönsten Ziele der WeltFoto: Ricarda Wilhelm
Die Südsee mit ihren Traumdestinationen, wie hier eine Insel im Marquesas-Archipel, steht bei den meisten Langfahrtseglern nach wie vor hoch im Kurs
Bahamas, Fidschi, Osterinsel oder doch eher Sardinien, Galapagos und die Malediven: Wohin zieht es Segler, die sich ihren Traum von der Langfahrt erfüllen? Welche Inseln und Häfen sind wahre Hotspots der Blauwassercrews, welche haben an Attraktivität verloren? Und auch: Wie wirken sich Kriege, Klimawandel und die erst jüngst bewältigte Corona-Pandemie aus? Jimmy Cornell, jahrzehntelang selbst auf den Weltmeeren zu Hause, kennt die Antworten

Die Ergebnisse der Untersuchung:

Den Alltag hinter sich lassen, die Leinen lösen und unter Segeln die Welt entdecken – auf Langfahrt zu gehen ist für viele immer noch der Lebenstraum schlechthin. Den haben sich in den vergangenen zwei Dekaden so viele Menschen erfüllt wie nie zuvor. Darunter zuletzt mehr und mehr junge Segler, die nicht bis zur Rente warten wollten, um die Karibik, die Südsee oder auch nur die Küsten des Mittelmeers anzusteuern. Sie stellten Job und Karriere hintenan und genossen stattdessen das unbeschwerte Dasein auf See und in fernen Häfen.

Dass, ob alt oder jung, bei manchem Langfahrtvorhaben Wunsch und Wirklichkeit mitunter stark auseinanderklaffen, hat auch früher schon Crews unsanft aus ihren Segelträumen gerissen. Sei es, weil sich das Boot als reparaturanfällig oder gänzlich untauglich für lange Ozeanpassagen herausstellte. Weil die Enge an Bord dem ein oder anderen Segler zu schaffen machte. Weil plötzlich die gewohnten sozialen Kontakte zu Freunden und Familie abrissen. Oder weil das Leben unter Segeln doch deutlich kostspieliger geriet als anfangs kalkuliert.

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Allerdings waren davon stets nur einzelne Crews betroffen. Die große Mehrheit, die sich in der Vergangenheit eine Auszeit unter Segeln gegönnt hatte, wurde zutiefst glücklich mit ihrer Entscheidung.

Seit 2019 ist alles anders

Dann aber kam das Jahr 2019 und mit ihm die Krisen. Erst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg. Zeitgleich machten sich in vielen Revieren der Welt die Folgen des globalen Klimawandels immer stärker bemerkbar. All dem konnte man auch mit der schnellsten Yacht nicht davonsegeln. Im Gegenteil, je weiter entfernt sich Langfahrer von der Heimat befanden, desto stärker traf es sie zum Teil. Dutzendfach mussten Törns abgebrochen oder beendet und Schiffe kurzfristig verkauft werden.

Mehrfach haben wir in den zurückliegenden Jahren in der YACHT darüber berichtet, in der Regel lag der Fokus dabei auf deutschen Seglern. Einer, der hingegen das große Ganze, sprich die weltweite internationale Blauwasser-Szene im Blick hat, ist Jimmy Cornell. Er war es, der einst die Atlantic Rally for Cruisers (ARC) ins Leben rief, bei der bis heute alljährlich im Herbst hunderte Crews gemeinsam gen Karibik segeln.

Jimmy Cornell seit Mitte der Achtziger die Langfahrer im Blick

Als passionierter Segler steuerte Cornell selbst viele Jahre lang die schönsten Gegenden der Welt an. Noch im hohen Alter durchquerte er die Nordwestpassage im Norden Kanadas. Er hat Handbücher und Törnplaner verfasst. Und er beobachtet und dokumentiert seit Mitte der achtziger Jahre die Bewegungen der Langfahrer rund um den Globus. Seither veröffentlicht er etwa alle fünf Jahre aktuelle Zahlen, benennt Veränderungen gegenüber den Vorjahren und leitet Trends ab.

Jimmy CornellFoto: YACHT/P. SchürmannJimmy Cornell

Jüngst hat Cornell seine neuesten Erhebungen ausgewertet. Seine Resultate sind deshalb so spannend, weil sie belegen, wie sich all die gegenwärtigen oder gerade erst zurückliegenden Krisen auf die internationale Langfahrt-Szene ausgewirkt haben - und dies immer noch tun. Allen voran das Corona-Virus habe es geschafft, den internationalen Yachtverkehr zum Erliegen zu bringen, so Cornell.

Die Pandemie verursachte Chaos”

“Da viele beliebte Segelziele ihre Grenzen geschlossen hatten, mussten diejenigen, die davon betroffen waren, entweder ihre Pläne verschieben oder ihre Boote unbeaufsichtigt lassen und nach Hause zurückkehren. Wer von den Ereignissen überrumpelt worden war, hatte vielerorts plötzlich keinen Zugang zum Land mehr.”

Segler, sonst stets willkommen, wurden unversehens ablehnend bis feindselig behandelt”

Um zumindest einen groben Überblick der tatsächlichen Situation zu erhalten, kontaktierte Cornell Anfang 2022 die Hafenbehörden an einigen der am stärksten frequentierten Knotenpunkte für Segler, wie Panama, Bermuda, Las Palmas, Tahiti und Noumea. Die Zahlen, die er erhielt, zeigten, dass die Lage für Langfahrer an einigen Orten besser war als erwartet, während an anderen die Anzahl der Gastlieger in einem noch nie dagewesenen Maße zurückgegangen war.

Teilweise nie da gewesene Rückgänge bei der Zahl der Gastlieger

So verzeichnete beispielsweise Las Palmas auf den Kanarischen Inseln im Jahr 2021 mit 1.256 Gastyachten den höchsten Zustrom aller Zeiten. Cornell: “Als Ausgangspunkt für die jährliche ARC und als wichtiger Transitknotenpunkt bewies die Stadt ihre anhaltende Beliebtheit dank der toleranten Haltung der örtlichen Behörden, die ja auch völlig überraschend mit der Krise konfrontiert worden waren. Ähnlich das Bild in Horta auf den Azoren, dem bevorzugten Etappenstopp am Ende einer Transatlantikpassage aus der Karibik. Der Hafen verzeichnete 1.102 Ankünfte, verglichen mit 465 im Jahr 2020 und 1.132 im Jahr 2019.”

In anderen Teilen der Welt sah es hingegen dramatisch aus. Die Zahl der Yachten, die durch den Panamakanal fuhren, sank 2021 auf 806 gegenüber 1.122 im Jahr zuvor. Noch gravierender der Rückgang in Ländern, in denen die Covid-Beschränkungen auch 2021 noch galten, wie Tonga, Neukaledonien, Neuseeland und Australien. Sie verzeichneten fast überhaupt keine Ankünfte ausländischer Crews mehr. Auch in Tahiti oder Südafrika brachen die Zahlen ein, berichtet Cornell.

Die weltweiten Bewegungen der Langfahrtsegler seit Mitte der Achtziger Jahre bis heuteFoto: YACHT-Grafik, Quelle: Jimmy Cornell/cornellsailing.comDie weltweiten Bewegungen der Langfahrtsegler seit Mitte der Achtziger Jahre bis heute

“Im Laufe des Jahres 2022, als die Covid-Pandemie unter Kontrolle gebracht zu sein schien, begannen die meisten Länder, ihre Beschränkungen aufzuheben. Als sich die Situation langsam wieder normalisierte, nahm ich meine Umfrage wieder auf und kontaktierte erneut die Hafenbehörden an den weltweit wichtigsten Transitpunkten für Langfahrer. Anhand der Daten, die ich von den beliebtesten Reisezielen sowie einigen weniger besuchten Orten erhielt, konnte ich mir einen guten Gesamteindruck von den aktuellen Weltverkehr der Fahrtenyachten verschaffen.”

Die detaillierten Ergebnisse von Cornells Untersuchung:

Atlantischer Ozean

Im Hafen von Las Palmas liegen mehr Boote, die sich auf eine Seereise vorbereiten, als an jedem anderen Ort der Welt. Die meisten, etwa 75 Prozent, brechen von dort aus in die Karibik, teils mit Stopp auf den Kapverden. Die kanarische Hafenbehörde registrierte 2022 insgesamt 1.237 Boote, die unter den Flaggen von 44 Ländern fuhren. Das größte Kontingent stellten die von Frankreich (266), gefolgt von Deutschland (194) und Großbritannien (83).

Der Yachthafen Mindelo auf São Vicente verzeichnete 2022 mit insgesamt 1.120 Ankünften die bisher höchste Zahl an Besucheryachten. Die Kapverdeninsel liegt im Nordostpassat und gilt längst als besserer Ausgangspunkt für eine Atlantikpassage in die Karibik als die direkte Route von den Kanaren. “Die Chance auf konstant günstige Winde ist hier höher und die Entfernung kürzer”, so Cornell.

Mindelo auf den Kapverden, Absprunghafen in die Karibik
Foto: YACHT/ P. Schürmann

Die meisten europäischen Yachten, die in die Karibik segeln, überqueren den Atlantik in der Regel Mitte November oder Anfang Dezember und beenden ihre Atlantikrundreise, indem sie im darauffolgenden April oder Mai zu den Azoren segeln. Unter den 105 deutschen Yachten, die 2022 in Horta Halt machten, hatten 82 hatten einen Transatlantiktörn absolviert. Knapp ein Drittel davon wurde übrigens von Zweiercrews gesegelt, elf deutsche Boote von Einhandseglern.

Bermuda scheint für Europäer an Attraktivität verloren zu haben

Während sich die Gesamtzahl der Boote (1.131), die 2022 in Horta einliefen, nicht wesentlich verändert hat, bestätigen die Daten, dass die meisten Törns von der Karibik nach Europa nun direkt zu den Azoren gesegelt wurden. Der Umweg über die Bermudas scheint an Attraktivität verloren zu haben.

Obwohl Horta die Bermudas in Bezug auf die Gesamtzahl der besuchenden Yachten überholt hat, sind die Inseln im Osten Floridas weiterhin ein wichtiger Transitpunkt für nordamerikanische Crews, die zwischen dem Festland und der Karibik oder Europa segeln. Und auch für Boote, die aus der Karibik in die USA oder Kanada zurückkehren.

Vor allem aber: Mehr als die Hälfte der Yachten, die aus Europa oder Amerika in die Karibik kommen, verbrachten früher mindestens eine ganze Saison dort. In den letzten Jahren jedoch hat die Besorgnis über die Auswirkungen des Klimawandels dazu geführt, dass die Zahl der Segler, die es vorziehen, sich auf eine einjährige Rundreise zu beschränken, deutlich zugenommen hat. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass viele Versicherungsgesellschaften nicht mehr bereit sind, denjenigen Deckung zu gewähren, die die kritische Jahreszeit in den Tropen verbringen wollen.

Kürzere Aufenthalte in der Karibik

Im Gegensatz dazu steht die Entwicklung in den nördlicheren Breiten des Atlantiks. Zwei Ziele, die regelmäßig von Fahrtenyachten angesteuert werden, sind Spitzbergen und Grönland. Spitzbergen ist mit 52 besuchten Booten 2022 das beliebteste Ziel im Norden. Und auch Grönland wird immer häufiger angesteuert. 14 Yachten liefen die Hauptstadt Nuuk an. Das waren sowohl Crews, die an der Küste auf Erkundungstörns gehen wollten, als auch Segler, die weiter zur Nordwestpassage wollten.

Vier Boote schafften die Durchfahrt in Richtung Westen zum Pazifik, während ebenfalls vier Boote die Passage in der Gegenrichtung bewältigten. Diese acht erfolgreichen Törns im Jahr 2022 im Vergleich zu keiner im Jahr 2021 und nur einer im Jahr 2020 könnten auf eine Rückkehr zur Normalität hindeuten. Von Dauer muss die aber nicht sein. Um eine weitere Umweltverschmutzung der sensiblen Region zu vermeiden, könnten Schiffen, die die Nordwestpassage befahren wollen, künftig Beschränkungen auferlegt werden.

Solche Beschränkungen gibt es bereits am anderen Ende des Atlantiks, wo private Yachten für Fahrten in die Antarktis die Genehmigung ihrer nationalen Behörden einholen und die strengen Umweltschutzbestimmungen der Südpolarregion einhalten müssen. Der argentinische Hafen Ushuaia an der Spitze Südamerikas ist der Ort, an dem Boote, die noch weiter nach Süden oder aber nordwärts ins chilenische Fjordland segeln wollen, ihre Reise vorbereiten und versorgen. Die 38 Ankünfte im Jahr 2022 waren ein starker Rückgang gegenüber 64 im Jahr 2015 und dem Höchststand von 105 Yachten im Jahr 2000.

Nur noch halb so viele Gastlieger in Ushuaia

Auf der anderen Seite des Beagle-Kanals liegt Puerto Williams, ein chilenischer Militärvorposten und die südlichste Siedlung der Welt. Da die chilenischen Behörden für ein Gebiet zuständig sind, das sowohl die Antarktische Halbinsel als auch Teile Feuerlands umfasst, muss jedes Schiff, das in diese Richtung fahren will, hier die Formalitäten erledigen.

Die Bewegungen aller Schiffe werden von der chilenischen Marine überwacht und zeigen, dass die Gesamtzahl von 77 Yachten im Jahr 2022 deutlich unter den 143 im Jahr 2015 lag. Auch die Zahl der privaten Yachten, die in die Antarktis segelten, ist deutlich zurückgegangen: von 43 im Jahr 2019 auf 12 im Jahr 2022.

Pazifischer Ozean

Der Panamakanal ist der wichtigste Indikator für Yachtverkehr sowohl zwischen dem Atlantik und dem Pazifik als auch auf globaler Ebene. Die neuesten Zahlen zeigen, dass der stetige Anstieg der Durchfahrten von Sportbooten im Jahr 2010 seinen Höhepunkt erreicht zu haben scheint. Damals durchquerten 1.177 Yachten die künstlich angelegte Wasserstraße. 2022 waren es 919. Was unverändert geblieben ist, sind die Ziele nach der Durchfahrt: Ein Drittel der Boote wendet sich nach Norden, zur Westküste Mittel- und Nordamerikas, der Rest nimmt Kurs auf den Südpazifik.

Erster Stopp Südsee: der Marquesas-Archipel
Foto: YACHT/ Ricarda Wilhelm

Die Galapagos-Inseln waren früher beliebter Zwischenstopp auf dem Weg nach Französisch-Polynesien. Doch die Beschränkungen, die einreisenden Yachten auferlegt werden, sowie die komplizierten Formalitäten und die damit verbundenen Kosten halten die meisten Segler mittlerweile davon ab, dort zu halten. Von einem Rekordhoch von 395 Booten im Jahr 2010 ist die Zahl für 2022 auf 66 gesunken.

Überbordende Bürokratie hält Segler vom Stopp auf Galapagos ab

Die meisten segeln nonstop zu den Marquesas, einige wenige wagen den langen Weg zur Osterinsel und weiter nach Pitcairn, bevor sie Französisch-Polynesien ansteuern. Die Osterinsel ist eines der abgelegensten Reiseziele der Welt und verzeichnete den stärksten Rückgang, wie die jüngste Erhebung zeigt.

Auf Törn nach Tahiti und Bora Bora
Foto: YACHT/H.-G. Kiesel

Laut dem Hafenkapitän von Hanga Roa, der Hauptsiedlung und dem Hafen der Insel, machten im Vergleich zu einem Rekord von 79 Yachten, die 2015 anlegten, 2022 nur sieben Schiffe Halt. Auf Pitcairn, dem einstigen Versteck der Meuterer der Bounty, deren Nachkommen heute noch auf diesem abgelegenen Fleckchen Erde leben, wurden elf Besucheryachten willkommen geheißen.

Nur sieben Schiffe segelten 2022 zur Osterinsel, elf nach Pitcairn

Auf den Marquesas war deutlich mehr los: 2022 kamen 264 Boote dort an, die meisten davon in Atuona auf der Insel Hiva Oa. Die Gesamtzahl der Ankünfte in ganz Französisch-Polynesien lag bei 404 - ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Rekordjahr 2010 mit 826 Ankünften.

Viele andere kleinere Atolle, die früher von Langfahrern gerne und oft angesteuert wurden, litten gleichfalls unter Besucherschwund. Zum Beispiel Suwarrow im Norden der Cookinseln (2022: 16 Boote, 2015: 69 Boote) und Vava'u (2022: 14 Boote, 2015: 424).

Fidschi ist ein wichtiger Knotenpunkt für Kreuzfahrten im Südpazifik, die Hauptstadt Suva begrüßte 83 Yachten im Jahr 2022. Wenn sie diesen Punkt erreicht haben, verlassen die meisten Langfahrtcrews die Tropen vor Beginn der Zyklonsaison und segeln nach Neuseeland oder Australien. Die Entscheidung der beiden Länder, ihre Grenzen zu Beginn der Covid-Pandemie für alle Ausländer zu schließen, sorgte entsprechend für Chaos unter den Seglern, denen unversehens wichtige Zufluchtsorte abhanden gekommen waren.

Die Beschränkungen wurden erst 2022 aufgehoben, 324 Boote steuerten daraufhin Neuseeland und 330 Australien an. Nach gleichfalls null Ankünften im Jahr 2021 wurde auch Neukaledonien 2022 wieder von 241 Crews besucht. Ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass sich die Situation in der Südsee allmählich wieder normalisiert.

Indischer Ozean

In den letzten Jahren ist die Zahl der Langfahrtyachten im Nordindischen Ozean stetig zurückgegangen, da die meisten Boote auf einer Weltreise die Route über das Kap der Guten Hoffnung nehmen, um den Atlantischen Ozean zu erreichen, und nicht die Alternative über das Rote Meer und den Suezkanal. Im Gegensatz dazu gibt es nach wie vor einen regen Verkehr im östlichen Teil, da mehr lokale und regionale Boote an den Rallyes und Regatten teilnehmen, die während der Wintersaison in Westmalaysia und Thailand stattfinden.

Dschibuti einzig sicherer Hafen für die Passage durchs Rote Meer

Wer sich von der Unsicherheit im Roten Meer nicht abschrecken lässt und weiter nach Westen über den Nordindischen Ozean fährt, findet in Galle an der Südküste Sri Lankas einen geeigneten Hafen, in dem 2022 immerhin 23 Ankünfte verzeichnet wurden. Dschibuti ist nach wie vor der einzige sichere Hafen, um sich auf die Passage durchs Rote Meer vorzubereiten. 29 Boote machten hier Halt, bevor sie nach Norden weiterfuhren. Alle haben es sicher nach Suez geschafft, wo 2022 36 Boote ankamen. Im Vergleich zu 2010, als 171 Yachten den Suezkanal durchquerten, unterstreicht diese Zahl die anhaltende Beliebtheit der Route übers Kap der Guten Hoffnung.

Vor Beginn der Zyklon-Saison im Indischen Ozean wird es Zeit, sich auf den Weg nach Südafrika zu machen. 2022 war Richards Bay dort mit 103 Ankünften der beliebteste Hafen für Langfahrer. Die Zahl der Boote, die Kapstadt anliefen, betrug 126, von denen 123 weiter gen Südatlantik segelten. Wichtig zu erwähnen: Südafrika war dank der Bemühungen der Ocean Sailing Association eines der wenigen Länder der Welt, das seine Grenzen während der Pandemie für Besucher nicht geschlossen hatte.

Die Trends: weniger Crews auf Langfahrt, auch wegen des Klimawandels

Insgesamt sind gegenwärtig deutlich weniger Crews auf Langfahrt als in den Jahren vor 2019. Zugenommen hat die Anzahl von Paaren und auch von jungen Familien mit kleinen Kindern, die sich ein mal kürzeres, mal längeres Sabbatical unter Segeln gönnen. Gestiegen ist auch der Anteil an Katamaranen. Möglicherweise hängen die letztgenannten Trends miteinander zusammen, da Zweirumpfer Familien mehr Platz bieten als Monohulls.

Die durchschnittliche Größe bei den Einrumpfbooten in Las Palmas betrug 2022 knapp 13 Meter, die der Mehrrumpfer 13,80 Meter. In Panama hingegen waren die Einrumpfboote im Schnitt satte 15,20 Meter lang, die Kats 15,00 Meter.

Der Anteil der Mehrrumpfboote an der Gesamtzahl der Langfahtyachten lag in Las Palmas bei 10,1 Prozent, in Panama bei 17,2 Prozent. Mit rund 25 Prozent sogar noch höher war der Kat-Anteil bei der ARC 2022.

Französische Crews bilden die Mehrheit aller Langfahrer

Ein weiterer interessanter Trend, der sich aus den Zahlen ergibt: Die Statistiken von Las Palmas, den Azoren, Tahiti, Kapstadt, St. Helena und dem Suezkanal zeigen, dass die Yachten unter US-Flagge nicht mehr die Mehrheit bilden. Jetzt sind es Schiffe unter französischer Flagge, während britische und deutsche Boote auf dem dritten Platz sind.

Die Langfahrtszene ist also weiterhin starken Veränderungen unterworfen, um nicht zu sagen, sie unterliegt einem weltweiten Rückgang. Seinen vorläufigen Höhepunkt hat das Blauwassersegeln im Jahr 2010 erreicht.

Sicherheitsbedenken spielen mehr und mehr eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Langfahrt

Die Gründe dafür sind verschieden, sie dürften aber alle mit Sicherheitsbedenken zusammenzuhängen. Die Folgen des Klimawandels, die sich in Form von häufig unkalkulierbaren und schweren Wetterbedingungen auf See auswirken, bereiten vielen Seglern Kopfzerbrechen. Die Mehrheit von jüngst über 60 befragten Langfahrtskippern war sich einig, dass eine gute Reiseplanung heute noch wichtiger ist als je zuvor. Die Zeiten, in denen man weitestgehend vor unerwarteten Wetterkapriolen auf eine Weltumsegelung verschont blieb, sind vorüber.

Auch andere Wetterwahrheiten verlieren mehr und mehr an Gültigkeit: Der Passat schwächelt, der Golfstrom setzt aus, die Zugbahnen der Hurrikans verändern sich, und obendrein wirbelt El-Nino wieder einmal die Wettersysteme durcheinander.

Die Covid-Pandemie hat zweifellos ihren Teil dazu beigetragen, dass viele Segler heute sehr viel vorsichtiger sind, die Verbindung zur Heimat abzubrechen.

Dazu kommt die Unsicherheit angesichts immer mehr schwelender politischer Konflikte oder schon offenen kriegerischen Auseinandersetzungen in vielen Teilen der Welt. Andererseits könnte all das auch einen gegenteiligen Effekt bewirken: Dass der ein oder andere beschließt, nicht länger zu warten, bis es vielleicht vollends zu spät ist, sondern lieber jetzt sofort aufbricht, um seinen Lebenstraum wahr werden zu lassen. Dass dem so ist, dafür könnten die vollen Auftragsbücher der Bootsbauer ein Indiz sein, ebenso die lange gestiegene Nachfrage nach gebrauchten Blauwasseryachten.

Insofern gilt heute vielleicht mehr als je zuvor das Motto: Carpe diem!

Jimmy Cornell

Unverzichtbar für die Planung einer Langfahrt: Cornells Atlas der Ozeane, jetzt in 3. Auflage auf deutsch erschienenFoto: cornellsailing.comUnverzichtbar für die Planung einer Langfahrt: Cornells Atlas der Ozeane, jetzt in 3. Auflage auf deutsch erschienen

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