Sie macht es schon wieder: Die Ausnahmeseglerin Susanne Huber-Curphey hat den Routenverlauf der Longue Route verlassen und segelt mit ihrer „Nehaj“ nun gen Osten in Richtung Indischer Ozean. Das kann man ihrem Tracker entnehmen, auf dem sie täglich ihre Position sowie eine kleine Notiz notiert. Es ist das zweite Mal, dass die mehrfache Weltumseglerin das Rennen an jener Stelle verlässt. Bereits 2018 nahm sie an der Longue Route teil und bog nach der Kap-Horn-Rundung ostwärts in den Indischen Ozean ab, statt zurück zum Ausgangspunkt nach Lorient, Frankreich, zu segeln.
Wohin sie segelt, geht aus ihren Aufzeichnungen nicht direkt hervor. Eine Richtung lässt sich allerdings erahnen: In ihren sogenannten Blauwasserbriefen, die auf der Seite der Longue Route veröffentlicht werden, berichtet Huber-Curphey ausführlich über ihre Erlebnisse auf See. Darin schildert sie unter anderem einen Funkkontakt, den sie mit einem Piloten der Royal Air Force führte, der mit seinem Flugzeug südlich der Falklandinseln Runden über ihr drehte. Auf die Frage des Piloten, wohin ihre Reise gehen würde, sagte sie: „Tut mir leid, mein Ziel ist noch unbekannt. Es könnten die karibischen Inseln sein oder St. Helena oder vielleicht weiter nach Tasmanien und Neuseeland.“
Anfang Februar umsegelte sie erneut das Kap der Guten Hoffnung, wo sie bereits viereinhalb Monate zuvor vorbeigekommen war. Daher ist anzunehmen, dass ihre Reise weiter östlich als die Karibikinseln oder St. Helena führen wird.
Wie bereits beim ersten Mal folgt sie entschlossen den Spuren von Bernard Moitessier. Dieser nahm 1968/69 am Sunday Times Golden Globe Race teil, der ersten Nonstop-Einhandregatta um die Welt. Anstatt nach Plymouth in England zurückzusegeln und das Rennen zu gewinnen, setzte er seine Reise 1969 nach Polynesien fort, verzichtete auf den sicheren Sieg und schrieb damit Segelgeschichte.
Um diesen Geist der Freiheit wieder aufleben zu lassen und das 50. Jubiläum der Reise zu zelebrieren, rief der Franko-Amerikaner Guy Bernardin die Longue Route ins Leben. Dabei handelt es sich nicht um eine Regatta im klassischen Sinne, sondern vielmehr um eine Abenteuerfahrt unter Gleichgesinnten. Ohne Unterstützung und Zwischenstopps segeln die Teilnehmenden auf den Spuren Moitessiers um die drei Kaps der Welt. Es gibt keine Zeitmessung, keine Preise und nur wenige Regeln. Vielmehr geht es darum, den Freiheitstraum auf See zu verwirklichen. Dass Susanne Huber-Curphey nun auf neuem Kurs unterwegs ist, widerspricht also nicht den Regattaregeln. Vielmehr führt es den Gedanken des Rennens weiter fort.
Drei der insgesamt sechs gestarteten Boote sind noch auf Kurs zum Ausgangspunkt der Longue Route. Dort werden sie voraussichtlich im April erwartet. An der Spitze steht Pierre-André Huglo. Auch der Nordfranzose nahm 2018 mit seiner Contessa 32 "Fresh Herring" an der ersten Ausgabe der Longue Route teil. Bei seiner letzten Meldung Anfang Februar war er nordöstlich von Recife, Brasilien, und kurz davor, den Sprung über den Äquator zu machen.
Frédéric Switala folgt mit seiner umgebauten Admiraler 44, der "Man of War". Ende Januar umrundete er das Kap Horn und kämpfte dabei nach eigenen Angaben mit schwierigen Bedingungen. Er berichtet von fünf Meter hohen Wellen und Windgeschwindigkeiten über 40 Knoten. Derzeit befindet er sich nordöstlich der Falklandinseln, wo die Bedingungen anscheinend ruhiger geworden sind.
Alfonso Pascual liegt mit seiner "Cyrano", der zweiten Contessa 32 im kleinen Feld, auf dem letzten Platz. Wegen Problemen mit seiner Windsteueranlage musste er vor der tasmanischen Küste einen 38-stündigen Stopp einlegen. Die Reparatur gelang ihm, sodass er seine Reise fortsetzen konnte. Inzwischen hat er den Point Nemo im Südpazifik hinter sich gelassen und steuert nun auf das letzte der drei zu umrundenden Kaps, das Kap Horn, zu.
Eymeric Maiffredy, der im Dezember noch über seine Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung berichtete, hat inzwischen aufgegeben und liegt nun im Hafen von Kapstadt, Südafrika.