Andreas Fritsch
· 13.02.2024
Die Veröffentlichung eines Dekrets durch die Regierung in Madrid kam für die Branche überraschend. Sie soll Privatpersonen ermöglichen, ihre Yachten auch in den Hochsaison-Monaten Juli, August und September zu verchartern, was bislang ausgeschlossen war. Und zwar ohne den Hintergrund einer professionellen Basis, die eine ganze Flotte betreibt. Dieses Modell gibt es in vielen Ländern Europas und wird allgemein unter dem Begriff Eigner-Charter zusammengefasst, in Deutschland gibt es sogar Agenturen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben, wie etwa die Agentur Privat Charter Ostsee (PCO).
Doch die Charterflottenbetreiber auf den Inseln der Balearen wehren sich gegen die unerwartete Konkurrenz, die dann im Sommer in Heerscharen vom Festland herüberfahren und die im Sommer ohnehin schon gut gefüllten Häfen und Buchten weiter überfüllen könnte. Doch das ist nicht der erste Kritikpunkt, wie Dirk Kadach, der für 1. Klasse Yachten/First Class Yachting die Charterbasis in Can Pastilla betreibt, erklärt:
“Für uns kann so etwas nur möglich sein, wenn der Wettbewerb zu gleichen Regeln stattfindet, das heißt, wenn die Privat-Vercharterer auch alle Auflagen erfüllen, die wir einhalten müssen. Das beginnt damit, dass die Schiffe erst einmal die entsprechenden Sicherheitsauflagen für Charter einhalten, was technische Ausrüstung und deren regelmäßige Kontrolle angeht. Dann stellen sich Versicherungsfragen: Private Eigner sind nicht gegen das Charterrisiko versichert. Werden sie zum Nachbessern und auch den höheren Deckungssummen verpflichtet wie wir?” Die Hürden seien hoch für Charterfirmen auf den Balearen, er glaubt nicht, dass viele Eigner den Aufwand privat betreiben und dann angesichts der Mehrkosten noch Interesse haben.
Ganz ähnlich sieht es Uwe Heine von der Firma Four Seasons Yachting, die eine Basis in Portocolom betreibt. “Es ist aber auch noch nicht klar, ob diese privaten Angebote jetzt einfach so kommen werden. Der Charterverband ANEN der Balearen wehrt sich gegen den Erlass, schließlich gibt es die Auflagen und Regeln für uns ja nicht ohne Grund.” Es sei durchaus möglich, dass es da noch nachträgliche Vorschriften geben werde, etwa dass solche Yachten in den Häfen streng kontrolliert würden. Das gilt auch für die Registrierung der Schiffe, die in Spanien am Rumpf eine Nummer führen müssen. Für Charteryachten ist die anders als die der privaten Eigner. Das Dekret erlaubt nun scheinbar auch, dass Yachten ohne diese Charter-Registrierungsnummer verchartert werden dürften. Es gibt also noch viele offene Fragen, die in der neuen Regelung gar nicht detailliert erfasst sind. Das letzte Wort scheint also noch nicht gesprochen in der Sache.
Generell müssen sich Kunden auch über die Eigenheiten der Privat-Charter im Klaren sein. Man kann auf diesem Weg zwar auch außergewöhnliche und vor allem kleinere Yachten finden, die dann natürlich auch günstig sind, aber es gibt auch Risiken. Chartert man direkt beim Eigner, gibt es keine Ersatzschiffe, wenn die Yacht wegen eines Schadens ausfällt, und ob er sie so ausrüstet, wartet und reinigt, wie es professionelle Firmen tun und die meisten Kunden gewöhnt sind, ist natürlich auch noch die Frage.