Wasserqualität Ostsee und NordseeBaden oder nicht baden?

Marc Bielefeld

 · 22.06.2010

Wasserqualität Ostsee und Nordsee: Baden oder nicht baden?
Widersprüchliche Berichte verunsichern Badegäste und auch Segler. Wie sauber ist das Wasser an den Küsten wirklich?

Die EU hat deutschen Badegewässern erst kürzlich gute Noten ausgestellt. Experten attestierten den Stränden an Nord- und Ostsee beruhigende Werte. Der ADAC kommt nun zu anderen Ergebnissen und warnt vor Fäkalbakterien.

Im alljährlichen Badegewässerbericht attestierten die EU-Experten den Stränden an Nord- und Ostsee gute Wasserqualität, die fast überall sorgenfreies Baden garantiere. Auch weitere Meldungen und Ergebnisse gaben grünes Licht für heiteres Planschen und gesundes Schwimmen an unseren Küsten.

Nach einer EU-Studie sind sogar nicht nur die deutschen Küsten sauber genug fürs Badevergnügen, auch viele Seen und Flüsse haben noch reineres Wasser als in den Jahren zuvor. Die Küsten, Seen und Flüsse seien so sauber wie seit 20 Jahren nicht mehr. Nahezu alle Ostseeküsten und 99 Prozent der deutschen Nordseeküste haben einer EU-Studie zufolge 2009 die Standards der Europäischen Union erfüllt. Das war der höchste Wert seit Beginn der Messungen im Jahr 1990, teilte die EU-Umweltagentur (EUA) in Brüssel mit.

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Nun sorgen andere Meldungen plötzlich für Aufregung. Während die EU-Tester ihre Messungen ab einem Meter Wassertiefe vor dem Strand durchgeführt hatten, untersuchten Beauftragte des ADAC die Wasserqualität von 72 Stränden in der Nähe des Ufers — und kamen zu abweichenden Ergebnissen.

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An 22 Stränden war das Wasser angeblich deutlich zu stark mit Keimen belastet. Und in fast einem Viertel der Fälle wurden die Grenzwerte teils mehrfach und oft sogar krass überschritten. Fäkalbakterien trübten an insgesamt 17 Messstellen das Badevergnügen — und zwar ausgerechnet in den Spiel- und Flachwasserbereichen, wo sich besonders häufig Kinder aufhalten. Magen-Darm-Krankheiten, Hautausschläge oder Entzündungen könnten die Folge sein.

Gerade vermeldete der ADAC seine Ergebnisse, Zeitungen titelten: „Planschen mit Fäkalbakterien.“ An Nord- und Ostseestränden haben Wassertester Problembereiche unter die Lupe genommen: Knapp ein Viertel der Messstellen im flachen Badewasser — etwa in der Nähe von Buhnen oder Mündungen — fiel durch. Die Hälfte der untersuchten Badestellen wurde immerhin mit einem „Sehr gut“ und „Gut“ beurteilt.

Zu den 17 Stellen, die durch Fäkalbakterien belastet seien, sagte Thomas Burkhardt, ADAC-Vizepräsident für Technik, dass es sich um „besorgniserregende“ Ergebnisse handele. Gerade dort würden sich besonders häufig Kinder tummeln. Die Wertungen könnten aber nicht auf die Wasserqualität des gesamten Strandes oder Ortes übertragen werden. Zu den Siegern gehörten Strandabschnitte in Boltenhagen an der Ostsee sowie in Westerland (Sylt) an der Nordsee, zu den Verlierern zählten Messorte in Kühlungsborn und bei Eckernförde.

Der ADAC fordert nach einem Test der Wasserqualität an deutschen Badestränden sogar ein Badeverbot an manchen Stellen. „Sinnvoll wäre es, entsprechende Schilder aufzustellen und auf die Einhaltung der Verbote zu achten“, sagte Robert Sauter vom Automobilklub. Er forderte weiterhin die Gemeinden auf, Strände besser zu säubern und das Schwemmgut zu entfernen.

Ein Viertel der getesteten Strände an Nord- und Ostsee sei im Test mit den Noten „bedenklich“ oder „mangelhaft“ durchgefallen. Mit der Untersuchung stellt sich der Klub somit gegen den kürzlich veröffentlichten EU-Badegewässerbericht, der von einem „sauberen Badespaß“ an deutschen Küsten spricht. Die vom ADAC geäußerte Vermutung: Die EU-Messstellen stimmen nicht immer mit den tatsächlichen Badebereichen überein.

Badegäste und auch Segler, die sich neben den Häfen öfter an Stränden aufhalten, verunsichern die widersprüchlichen Ergebnisse. Tester sagen: „An sehr vielen Badestränden gibt es punktuell hygienisch belastete Bereiche. Sie fallen oft schon durch Schmutz oder unangenehmen Geruch auf und lassen sich leicht ausfindig machen.“ Der ADAC hat die Gemeinden, in denen Grenzwerte überschritten wurden, auf das Problem aufmerksam gemacht. „Aber es wurden weder Warnhinweise aufgestellt, noch wurden die Probleme anderweitig beseitigt“, berichtete ADAC-Vizepräsident Burkhardt. „Wenn wir unsere Aufgabe als Verbraucherschützer ernst nehmen, müssen wir weiterhin Druck machen.“ Unterdessen reagierte das Ostseebad Kühlungsborn auf den Test und kündigte Maßnahmen an, um den festgestellten Verschmutzungen zu begegnen.

Aktuelle Statusbeschreibungen an Deutschlands Küsten sind im Internet auf folgenden Seiten abrufbar:

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