Kristina Müller
· 09.08.2022
Claudia Kirchberger ist seit Jahren auf Langfahrt und hat sich auf das Thema Ernährung an Bord spezialisiert. Ihre Proviant-Tipps für lange und kurze Törns
YACHT: Frau Kirchberger, verraten Sie uns Ihre Lieblingszutaten, die immer an Bord sind – und warum?
Claudia Kirchberger: Zum einen Kartoffeln: Sie können sehr lange aufbewahrt werden, sind vitaminreich und finden in vielen leckeren Rezepten Einsatz. Dann Reis: Er lässt sich auch bei Sturm ohne Gefahr einfach kochen und ist sowohl als Hauptspeise als auch als Beilage toll. Roggenmehl ist auch super, nur ist es in vielen Teilen der Welt schwer erhältlich, für uns aber Grundlage für Sauerteig und schmackhaftes Brot. Wir verproviantieren uns auch mit Gewürzen und Kräutern der bereisten Länder. Es ist immer super, den Geschmack vor Ort herauszufinden und mit regionalen Gewürzen zu experimentieren!
Worauf sollten Segler achten, die sich in der Pantry und beim Thema Proviantieren nicht zu Hause fühlen? Sprich: Welche simplen Tipps sollte jeder beherzigen?
Gutes Essen setzt nicht wirklich kompliziertes Kochen voraus. Viel wichtiger als komplizierte Rezepte sind hochwertige Zutaten und eine gute Auswahl an Kräuter und Gewürzen. Man sollte frische Lebensmittel wie Eier, Obst und Gemüse am besten direkt vom Hersteller kaufen, da sie länger haltbar sind als bereits gekühlte Lebensmittel aus dem Supermarkt. Am besten Obst und Gemüse noch im Hafen waschen und trocknen lassen. Der Proviant sollte regelmäßig auf Schadstellen oder Fäule kontrolliert werden, und man sollte sich einen Plan machen, welche Lebensmittel zuerst verarbeitet werden müssen. Es wäre schade, wenn man Kraut oder Kartoffeln aufbraucht, während Zucchini und Tomaten im Obstnetz verfaulen!
Noch etwas? Vielleicht ein Tipp fürs Kochen auf See?
An Bord verwendet man am besten große, tiefe Töpfe, vor allem, wenn man mit heißem Wasser arbeitet. Und sollte es zu rau zum Kochen sein, dann kann es helfen, das Boot währenddessen beizudrehen.
Gibt es auf Ihrem Boot eigentlich eine Kühlung?
Nein, die haben wir tatsächlich nicht an Bord, und wir vermissen sie eigentlich selbst in den Tropen nicht.
Viele Crews haben große Kühlboxen oder Gefrierkühltruhen an Bord. Sollte sich dennoch jeder mit den Grundregeln des Haltbarmachens auskennen?
Man sollte zumindest bedenken: Sollte es zu technischen Problemen auf der Yacht kommen, musst du auch weiterhin die Crew versorgen können. Planst du einen Ozeantörn, musst du die Grundregeln von Haltbarmachen und Proviantieren kennen. Du musst die Yacht so verproviantiert haben, dass auch beim Ausfall deiner Kühl- oder Gefrieranlage genügend haltbare Lebensmittel an Bord sind, um die Reise gefahrlos zu beenden. Und notfalls sollten auch unterwegs die Möglichkeiten bekannt sein, um langsam auftauende Lebensmittel nach einem möglichen Ausfall der Gefrieranlage so lange haltbar zu machen, bis sie aufgegessen sind.
Macht Ihnen Kochen und Verproviantieren eigentlich immer Spaß? Wie erhalten Sie Ihre Freude an dem Thema aufrecht?
Verproviantieren heißt meistens, dass die nächste große Etappe bevorsteht, ein Ozeantörn, längere Zeit in einer einsamen Region oder abseits von Supermärkten leben. Einkaufen, stauen, einmachen sind die letzten großen Vorbereitungen vor dem Aufbruch. Und die Vorfreude ist in der Regel Motivation genug, um Freude an der Arbeit zu haben. Auch koche ich in der Regel gern an Bord. Aber natürlich gibt es auch Zeiten, in denen die Küchenarbeit auf ein Minimum reduziert wird, allem voran, wenn die Seekrankheit zuschlägt …
Worin liegt Ihrer Meinung nach der Unterschied beim Verproviantieren für drei Wochen Sommertörn oder für drei Wochen Atlantiküberquerung?
Da gibt es einiges. Auch wenn viele Segler überzeugt sind, nicht seekrank zu werden, kann die erste Ozeanüberquerung zeigen, dass dies nicht unbedingt stimmen muss. Ein Vorrat an Salzcrackern, Knäckebrot, Reiswaffeln, sauren Äpfeln und frischem Gemüse kann den Magen beruhigen und etwas Energie geben. Bananen geben nicht nur viel Energie, sie rutschen auch leicht runter und rauf und verhindern starkes Sodbrennen.
Während auf einem Sommertörn in der Regel oft nur wenige Seemeilen bei Schönwetter am Tag gesegelt werden, läuft die Yacht auf Seereisen Tag und Nacht bei allen Bedingungen durch. Das heißt, dass zu jeder Tages- und Nachtzeit hungrige Segler an Bord sind! Deshalb sollte man genug Snacks und Obst für die Nachtwachen einplanen. Während der einsamen Nachtstunden sind Naschereien sehr gefragt!
Bei vielen Sommertörns sind zudem Märkte, Supermärkte und Restaurants nicht nur erreichbar, sondern gehören auch zum Urlaubsprogramm. Auf Hochsee bist du von dem mitgebrachten Proviant abhängig. Und damit musst du nicht nur genügend mitbringen, sondern willst auch nach Wochen noch Frisches an Bord haben.
Gibt es noch etwas?
Ein genereller Unterschied ist natürlich auch, dass du auf Sommertörns hauptsächlich im Hafen oder vor Anker – also im ruhigen Schiff – kochst. Auf Hochsee gibt es diesen Luxus nicht. Man sollte also überprüfen, ob die Party sicheres Arbeiten auch bei Seegang ermöglicht, und einfache und zeitsparende Rezepte kennen.
Und last, but not least: Viele Sommertörns bewegen sich oft innerhalb eines Landes oder einer Region. Doch bei einem Ozeantörn wirst du Grenzen überschreiten. Man sollte sich also beim Proviantieren von Alkohol bewusst machen, dass man die Übermengen entweder verzollen muss oder man im Begriff ist zu schmuggeln …
Verraten Sie uns Ihr All-time-favorit-Rezept? Also eines, das immer geht, jedem schmeckt und auch noch einfach und schnell zuzubereiten ist?
Der Klassiker bei uns an Bord ist sicherlich der "Clan Chowder": Eine gehackte Zwiebel in etwas Öl anbraten, wenn vorhanden Speckwürfel – oder Salami – dazugeben. Fünf oder sechs Kartoffeln schälen, in Würfel schneiden und kurz braten. Mit Salz und Chili oder Pfeffer würzen und mit zwei Löffel Mehl bestäuben. Mit Suppe oder Fischfond und einem Schuss Weißwein oder Zitronensaft aufgießen und unter gelegentlichem Umrühren die Kartoffeln weichkochen. Muscheln, frisch oder aus der Konserve, dazugeben, abschließend mit H-Sahne – oder Milchpulver und etwas Butter – abschmecken. Guten Appetit!
Buchtipp: Von Claudia Kirchberger ist der Titel "Bordversorgung heute: Ernährung und Proviantierung an Bord von Fahrtenyachten" im Eigenverlag erschienen. Ihre Reisen kann man in ihrem Blog fortgeblasen.at verfolgen