Ein viel diskutiertes Thema auf der Messe boot in Düsseldorf war der rasche Wandel im Chartermarkt. Der verschiebt sich immer stärker in den Online-Bereich, auch bei der großen YACHT-Leserumfrage waren diesmal Online-Buchungen der Weg Nummer 1 des Kunden zum Boot. Das gilt wohl auch für die meisten “klassischen” Agenturen, die kennzeichnet, dass sie auf Messen präsent sind, Geschäftsräume haben, den Kunden zugänglich sind und durch Mitgliedschaft in Branchenverbänden wie der VDC (Vereinigung Deutscher Yacht-Charterunternehmen) gute Standards garantieren.
Das früher sehr angespannte Verhältnis zu reinen Online-Plattformen hat sich grundlegend geändert, seit solche Unternehmen auch klassische Agenturen wie etwa Master Yachting, Scansail oder Argos aufgekauft haben. Ohne Zweifel gibt es neben fragwürdigen Online-Charterplattformen, wie zuletzt Zizoo, gegen die in Deutschland ein Insolvenzverfahren läuft und gegen deren Geschäftsführung von der Staatsanwaltschaft ermittelt wird, auch solide Anbieter.
Schwierig ist der Umgang mit denen, die über aggressives Preisdumping mit allen Mitteln versuchen, Marktanteile zu gewinnen. Zuletzt versuchte das ein Start-up so: Registrierte dessen Software, dass ein anderer Agent ein Boot in den gängigen Flottenprogrammen optioniert hatte, spielte die Plattform des Start-ups augenblicklich ein Sonderangebot auf seiner Seite ein. Derselbe Bootstyp, dieselbe Woche, dieselbe Charterbasis – nur 10 bis 20 Prozent billiger. Obwohl das Schiff gar nicht mehr optioniert werden konnte, denn es war ja schon belegt.
Der Sinn des Ganzen: Wohl nicht wenige Kunden googeln nach dem Erhalt des Angebotes einer Agentur die Daten im Internet. Finden sie eine günstigere Offerte, klicken sie dort. Das gute Recht eines jeden Kunden. Wenn sie nun aber die gewünschte Yacht vom billigeren Anbieter nehmen wollen, kann er ihnen diese jedoch nicht zusagen, denn sie wurde ja bereits von anderen Anbieter optioniert. Entweder wird dann so lange gewartet, bis die Option bei diesem ausgelaufen ist, oder der Kunde bekommt vom Billiganbieter ein ähnliches Angebot. In jedem Fall hat der Billiganbieter damit einen Neukunden gewonnen.
Hinter solchen Taktiken steckt eine Langzeitstrategie. Zwar gibt die billigere Online-Plattform mit dem Dumping-Angebot ihre Buchungsmarge komplett ab, macht mit der Buchung also Verlust. Diese Verluste werden von Risiko-Investoren jahrelang getragen. Letztlich soll so die Konkurrenz aus dem Markt gedrängt und die Online-Plattform Marktführer werden. Danach diktiert sie die Margen und erhöht die Preise, sodass sie profitabel arbeitet.
Dass es mit diesen Methoden zu einer Marktführerschaft kommt, ist jedoch fraglich. Die Zeiten, in denen Online-Plattformen wie Booking.com oder Amazon Marktführerschaft erreichen konnten, indem sie technisch einen Vorsprung zur Konkurrenz hatten oder einfach einer der ersten großen Anbieter online waren, sind vorbei. So gut wie alle Charter-Agenturen nutzen dieselben Buchungssysteme und sind technisch auf einem ähnlichen Stand. Vorteile können sie sich nur über die Preise und die damit einhergehenden Verluste schaffen. Das erfordert aber einen langen Atem bei den Investoren. Die finanziellen Probleme des Startups Zizoo, das vor sieben Jahren angetreten war, um den Markt aufzurollen, belegen gerade, dass dies nicht so einfach zu sein scheint.
Nun wehren sich erste Flottenbetreiber, indem sie den Agenten vertraglich verbieten, ihre Margen komplett weiterzugeben.