Welcher Charterskipper hat nicht schon einmal mit Segeln in Skandinavien geliebäugelt angesichts von spektakulären Fotos schwedischer Schärenlandschaften, norwegischer Fjorde oder einfach nur der Abwechslung der dänischen Reviere. Highlights wie die Metropolen Stockholm, Kopenhagen, Helsinki – die Liste der spannenden Ziele ist lang.
So lang die Liste der spannenden Ziele, so kurz ist die der großen Charterflotten in den Revieren. Die sehr kurze Saison ist einer der Gründe. „Die einheimische Nachfrage für Charterschiffe ist in Schweden zeitlich extrem begrenzt, Partnerfirmen haben uns berichtet, dass sich das Geschäft im Grunde genommen oft auf acht Wochen im Jahr beschränkt. In der Vor- und Nachsaison ist die Nachfrage gering, und wenn, eher von ausländischen Kunden“, sagt Rolf Brezinsky von der Charter-Agentur Privat Charter Ostsee (PCO), der sich gut auf dem skandinavischen Markt auskennt.
Schiffe im Mittelmeer kommen in guten Jahren auf über 20 Wochen, davon können nordische Flottenbetreiber nur träumen. Einheimische Skipper haben oft eigene Yachten oder wollen im Sommer lieber ins Warme, als vor der eigenen Haustür zu segeln. Mit so wenigen Wochen ist das Geschäft in Skandinavien nicht leicht, daher die geringe Anzahl an Flotten. Hohes Lohn- und Steuerniveau tun ein Übriges. Entsprechend höher sind die Wochenpreise für Schiffe dort.
Die Auswahl an Stützpunkten ist entsprechend klein, in Dänemark gibt es etwa nur zwei wirklich große Starthäfen, Kerteminde und Juelsminde, in den Hauptstädten Kopenhagen und Aarhus gibt es schlicht gar keine Flotten. Bei den Zielen im Süden Dänemarks ist das auch nicht weiter verwunderlich, da es an der deutschen Küste sehr große Flottenstützpunkte gibt und der Wechsel nach Dänemark von ihnen aus oft nicht einmal einen langen Segeltag bedeutet. Seit einigen Jahren gibt es aber auch deutsche Firmen, die Stützpunkte in Skandinavien betreiben. So etwa Mola Yachtcharter, die eine Basis in Juelsminde betreiben.
Und auch nach Schweden haben sie sich gewagt. „Wir haben eine Sommer-Basis in Saltsjö Pir bei Stockholm. Wir segeln die Schiffe dort Ende Mai hinauf und lassen sie bis Anfang September da. Den Winter über kommen sie nach Rügen zurück,“ so Mola-Inhaber Thomas Richter. Die Überführungs- und Rücktörns sind bei Kunden ebenfalls beliebt, da man sie als One-Way segeln kann.
Das sei natürlich aufwendig und teuer. Für Ostsee-Kunden, die sich dafür interessieren, gibt es deshalb oft eine unerwartete Überraschung: „Die Schiffe sind gut doppelt so teuer wie in Deutschland, das lässt sich mit den Kosten dort nicht anders machen.“ Bekommt man eine 34‑Fuß-Yacht in der Saison in Deutschland etwa für 2200 Euro, kommt man in Schweden auf gut 4300. Entsprechend begrenzt ist der Markt. Doch immerhin, 15 Schiffe hat Mola dort, und die Nachfrage ist überschaubar, aber stabil, manche Segler wollen sich das spannende Revier einfach leisten.
Preislich ähnlich liegen Norwegen oder Finnland im Rennen, deutlich günstiger ist Dänemark, die nahe deutsche Konkurrenz macht es möglich. Dort muss man mit etwa 20 bis 30 Prozent höheren Kosten rechnen.
Ein daraus naheliegender Schluss ist, nur eine Woche segeln zu gehen, doch Crews müssen sich natürlich darüber im Klaren sein, dass die skandinavischen Reviere wettermäßig auch in der Hochsaison für eine hartnäckige Schlechtwetterlage gut sind. Die kann man zwar sogar in Schärenrevieren gut aussitzen, indem man einfach etwas weiter Richtung Festland segelt und den Schutz des ersten oder oft auch zweiten Schärengürtels sucht. Die Inseln werden dann oft größer, sind bergiger und bewaldet und nehmen Wind, aber vor allem Seegang viel von seiner Kraft.
Auch sonst hat Skandinavien so seine Charter-Eigenheiten. Etwa wenn es um die Flotten geht. Die sind nicht immer so, wie es Kunden aus der deutschen Ostsee oder dem Mittelmeer gewohnt sind, beschränken sich auf gängige Großserien und haben auch viele alte Schiffe im Angebot. Der Grund dafür ist einfach: Wird ein Schiff über Charter finanziert, braucht es viel länger, um Gewinn zu erwirtschaften. Über zehn Jahre alte Yachten sind hier schlicht nichts Besonderes. Auch deshalb und weil nicht so leicht Eigner zu finden sind, die sich auf solche Chartermodelle einlassen, ist die Typenvielfalt weiter gefächert. Man findet auch ungewöhnliche Yachten wie Delphia, Ovnis und in Dänemark in Kerteminde auch einen Stützpunkt mit Hallberg-Rassy-Yachten. Denn wenn die Schiffe ein langes Charter-Leben haben müssen, um wirtschaftlich zu arbeiten, machen hochwertige Marken durchaus Sinn.
Ein Problem ist das aber nicht, wie Max Barbera von Barbera Yachting weiß: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch die alten Schiffe in Skandinavien meist in hervorragendem Pflegezustand sind. Da brauchen sich die Kunden keine Sorgen zu machen.“
Ebenfalls besonders in Skandinavien ist wegen des etwas löchrigen Netzes von guten Ausgangsbasen das Modell der sogenannten Eigner-Charter. Denn wer von einem bestimmten Revier träumt, das nicht in den Basen auftaucht, kann versuchen, einen privaten Eigner zu finden, der sein Schiff für einige Wochen im Jahr verchartert. Dafür gibt es in Skandinavien spezialisierte und eingesessene Vermittlungsagenturen, etwa die schwedische Agentur RTC Båtkontakten oder Skipperi (www.skipperi.se oder www.rtc.se). Diese bieten eine Fülle von Booten wirklich jeder Couleur, Größe und jeden Alters an.
Man findet auch sehr günstige Schiffe, muss sich aber bewusst sein, dass man ein kleines Wagnis eingeht. Die Schiffe sind, was Ausrüstung und Pflegezustand angeht, nicht immer auf dem Standard, der von üblichen größeren Anbietern geboten wird. Oft sind die Schiffe auch sehr persönlich eingerichtet, da steht schon mal die Privatbibliothek vom Eigner im Regal und private Bilder hängen an der Wand. Dafür bekommt man günstige und ungewöhnliche Bootstypen abseits des Mainstreams, zum Beispiel viele skandinavische Yachttypen. Das Feedback der Kunden ist dementsprechend mal gut, wenn man eine gut gepflegte Eigner-Perle erwischt hat, und mal schlecht, wenn hier jemand versucht, ein paar Euro aus seiner alten Möhre zu generieren.
Wichtig ist, dass, wer eine Charter in Skandinavien bucht, weiß, worauf er sich reviermäßig einlässt. Gerade Schweden, Finnland und Norwegen sind durch die vielen vorgelagerten Schärengürtel navigatorisch sehr anspruchsvolle Reviere. Wer hier segelt, sollte navigatorisch wirklich absolut sattelfest sein, und es ist von Vorteil, wenn zumindest ein Mitsegler auf gleichem Niveau ist wie der Skipper. Denn teils frisst die Navigation deutlich mehr Aufmerksamkeit ab, als man das von Ostsee- oder Mittelmeer-Törns gewohnt ist. Und dem Skipper muss klar sein: Wer sich hier vernavigiert, landet zumindest in Schweden, Norwegen oder Finnland meist direkt auf Fels.
Das hat Folgen, wie auch Thomas Richter von Mola Yachtcharter aus Erfahrung weiß: „Man kann sagen, dass die Crews, die in Schweden chartern, sehr erfahren sind. Wir haben dort weniger der kleineren, üblichen Schäden, aber dafür praktisch jede Saison einen großen Schaden. Wer mit 5 Knoten Fahrt einen Fels trifft, hat meist einen ernsteren Strukturschaden verursacht, während das im Sand oder Schlick auf der deutschen Ostsee oder in Dänemark weitaus glimpflicher ausgeht.“ Eine Kautionsversicherung ist in skandinavischen Revieren daher ohne Frage eine sehr gute Idee.
Dafür hat das Revier andere Vorzüge. Interessante Varianten einer Skandinavien-Charter kennt Rolf Brezinsky von PCO: „Wir haben auch Vereine, die eine Yacht für vier bis sechs Wochen chartern und dann Kettentörns mit wechselnden Crews machen. Das ist natürlich eine spannende Geschichte für die Mitsegler. Aber manche Vercharterer verlangen dann eine etwas höhere Kaution für solche Projekte.“
Auch andere ungewöhnliche Törns sind möglich. So gab es schon Crews, die ein Boot zwei Wochen charterten und dann den Göta-Kanal machten, der Vercharterer hatte Übergabeorte an beiden Küsten. So können sich auch Charterkunden einen Traum erfüllen, den viele Eigner an der Ostsee hegen. Abschließend muss man sagen: Wer die Eigenheiten der Skandinavien-Charter kennt, kann dort einen perfekten Törn machen, sollte aber wettertolerant sein.
Ideales Skandinavien-Revier für Einsteiger. Viele kleine, ruhige Inseln und gut geschützte Buchten. Geringste nautische Schwierigkeit im Norden, dichtes Hafennetz aus Marinas und kommunalen Stadthäfen. Liegen in Boxen mit Pfählen. Plätze sind etwas teurer als in Deutschland, aber deutlich günstiger als in fast allen Mittelmeer-Revieren, was für ganz Skandinavien gilt! Viele gute Ankerplätze. Metropolen wie Kopenhagen und Aarhus sind beliebte Ziele. Das Revier ist ideal per Pkw oder auch Bahn zu erreichen, Flüge nach Kopenhagen. An Land ist Dänemark deutlich teurer, etwa um die 30 Prozent, besonders Restaurantbesuche sind kostspielig, hier ist doppeltes Preisniveau zu Deutschland keine Seltenheit, besonders Alkohol ist teuer.
Der Traum von den Schären lockt viele Segler hierher. Hohes Schwierigkeitsniveau – wer hier segelt, muss versierter Navigator sein, auch in Zeiten von GPS-Plottern. Manchmal dauert es etwas, das Plotterbild mit dem in Einklang zu bringen, was das Auge sieht. Die Westküste ist tendenziell rauer, windiger, die kargen Felsschären werden erst etwas landeinwärts grüner. Die Ostküste ist etwas sanfter, der Wind schwächer, das Revier grüner, es gibt viel Wald.
Besonders ist auch das Festmachen in den Schären, man muss sich mit Felsnägeln anfreunden oder Buchten aussuchen, die schon befestigte Metallringe haben, was oft der Fall und in Revierführern sogar eingezeichnet ist! Häfen haben oft Heckbojen zum Festmachen, wofür Leinen durchgefädelt werden müssen, teils sind dafür Fanghaken an Bord oder schmale Metallausleger mit Bojen am Ende. In Schweden konzentriert sich das Leben auf die Zeit von Mittsommernacht bis 15. August. Davor und danach muss man mit vielen geschlossenen Geschäften und Restaurants rechnen. Das Revier ist wegen der schwachen Krone derzeit günstig, Preise auf deutschem Niveau, Hafengeld günstiger als Deutschland und Dänemark. Anreise via Flug oder Fähre ab Kiel.
Finnland ist eines der eher schwächer frequentierten Skandinavien-Reviere, was auch an den sehr wenigen Flotten im Land liegt. Das Revier gilt als Naturidyll mit reichlich Wald und Unmengen von Schären. Es ist deutlich leerer als in den Nachbarländern Schweden und Dänemark, die im Juli und August schon gut besucht sind und wo in den beliebten Häfen dann schon nachmittags die Liegeplätze knapp werden können. Das passiert in Finnland nie.
Schärenmaßig gelten ähnliche Regeln wie in Schweden, oft mit dem Bug zur Schäre und Landleine und Heckanker. Die Schiffe sind in Finnland und Schweden oft darauf vorbereitet, indem ein guter Zweitanker mit Kettenvorläufer und Gurtband am Heck vorhanden ist. Finnland ist in den Lebenshaltungskosten etwa 15 Prozent teurer, Alkohol ist sehr teuer, oft doppelt so teuer oder mehr. Wer hier startet, sollte sich auch gut verproviantieren, auf den einsamen Inselchen ist die Versorgung oft löcherig. Anreise für Chartercrews fast immer per Flugzeug via Helsinki, Fähren haben oft zu lange Strecken, sind dann zwei Nächte unterwegs und dadurch deutlich teurer.
Segeln in Norwegen bedeutet für viele Crews den Traum von imposanten Fjorden: Steil aufragende Felswände mit Wasserfällen, Gletschern und imposanter bergiger Landschaft, in die die gewundenen Fjorde tief hineinschneiden. Hardanger- oder Sognefjord sind für Crews, die ab Bergen starten, durchaus machbar. Auch Norwegen hat vorgelagerte breite Schärengürtel, vom rauen Wetter geprägt, Tiefs prallen hier ungefiltert von der Nordsee auf Land. Wer hier segelt, ist in einem anspruchsvollen Revier unterwegs, doch tief in den Fjorden und in Lee der größeren Inseln findet man durchaus auch Schutz. Gezeitennavigation ist in Norwegen ebenfalls Teil der Törnplanung. Wer hier segelt, sollte auf jeden Fall schon Skandinavien-Kenntnisse mitbringen und mit Schärennavigation vertraut sein.
Wer das Abenteuer sucht, kann auch ganz im Norden ab Tromsø segeln, dann sind die Lofoten meist das Ziel. In solchen Revieren sind auch geskipperte Törns eine beliebte Alternative. Als sehr reiches Land verfügt Norwegen über eine gute Hafeninfrastruktur, die Preise sind allerdings ebenfalls hoch, sowohl im Hafen als auch an Land – oder besonders dort. Etwa ein Drittel mehr als in Deutschland, besonders Alkohol und Restaurants sind teils noch deutlich teurer. Dafür ist das Revier nicht so überlaufen wie Schweden. Die Saison ist hier allerdings ähnlich kurz, die meisten Crews kommen von Mitte Juni bis Anfang August. Häfen- und Schärenliegen ist ähnlich wie in Schweden: oft vor Heckanker mit Bug zum Fels oder an den vielen kleinen Anlegern, oft mit schmalen Fingerstegen mit befestigten Bojen am Ende. Anreise per Flug nach Bergen oder Tromsø.