NiederlandeAm Rand von Flevoland – Unterwegs auf den Randmeeren

Bodo Müller

 · 04.05.2025

Eine schiffbare Trogbrücke verbindet das Veluwemeer mit dem Wolderwijd in der Nähe von Harderwikj.
Foto: Fokke Baarssen - stock.adobe.com
Viele Wege führen nach Amsterdam – zumindest kleineren Yachten bietet ein Törn über die Randmeere eine interessante Alternative zum IJsselmeer. Aber auch für einen Sackgassen-Törn lohnt sich eine Stippvisite.

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Für die meisten Skipper, die von Friesland nach Amsterdam segeln möchten, führt der Weg über das IJsselmeer. Ein unterschätzter und nicht weniger reizvoller Weg führt über die Randmeere – zumindest für Segelyachten mit einer Masthöhe von unter 12,70 Metern.

Am Gooimeer heißt es für Segler mit höherem Mast umkehren

Denn ganz am südwestlichen Ende der miteinander verbundenen Gewässer wird das Gooimeer von den beiden Autobahnbrücken Hollandse Brug und Stichtse Brug begrenzt. Doch selbst für Kielyachten mit höherem Mast lohnt sich ein Abstecher in das Binnenrevier, den man sich mit genügend Zeit – selbst als Sackgassen-Törn – nicht entgehen lassen sollte. Denn die künstlich angelegte Seenkette ist ein beliebtes Sportbootrevier und bietet genügend Ziele für einen eigenen Törnabschnitt. Vor allem für Segler, die es gern etwas ruhiger haben: kein Seegang, kurze Distanzen, abwechslungsreiche Landschaften, idyllische Naturanleger und moderne Marinas in typisch niederländischen Hafenstädtchen.

Von Menschenhand erschaffen: Flevoland

Entstanden ist das Revier in den 1960er-Jahren durch Eindeichung und Trockenlegung. Ursprünglich sollte der gesamte Südteil des IJsselmeeres eingepoldert werden. Dazu wurde der Houtribdijk – auch bekannt als Markermeerdeich – errichtet. In einem ersten Schritt wurde im Südosten der Flevopolder trockengelegt. Zwischen dem riesigen Polder, der heutigen Insel Flevoland, und dem Festland wurde eine Kette verbundener Seen erhalten, um die historischen Hafenorte Elburg, Harderwijk und Spakenburg nicht von der Schifffahrt abzuschneiden. Das Flevoland sollte der letzte Polder werden. Die Proteste von Naturschützern gegen die sukzessive Trockenlegung der ehemaligen Zuiderzee wurden zum Ende des vorigen Jahrhunderts immer energischer. 2003 gab die niederländische Regierung die Pläne zur Polderung des Markermeeres endgültig auf.

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Die Orte östlich und südlich des Flevolandes sind nicht so touristisch und urtümlicher als die Hafenstädte an der Ostküste des Markermeeres. Noch heute wird hier die Segelschifffahrt mit Bottern praktiziert, Seefahrerromantik pur.

Die Randmeere sind eine interessante Alternative zum IJsselmeer

Genügend Gründe für uns, das IJsselmeer dieses Mal links liegen zu lassen und von Urk aus stattdessen Richtung Südosten zu fahren. Mit Wind und Seegang von Steuerbord navigieren wir wenige Seemeilen südwärts übers IJsselmeer, um bei der Ketelbrug in Richtung Osten ins Ketelmeer einzubiegen. Ein Teil der 800 Meter langen Brücke, die den Noordoostpolder und den östlichen Flevopolder miteinander verbindet, ist klappbar. Hier ist viel Schiffsverkehr. Motorboote, Segelyachten, Traditionssegler und Frachtschiffe fahren wie auf der Autobahn. Im Südosten des Ketelmeeres steuern wir ins Vossemeer und damit in geschütztere Gewässer hinein. Der Schiffsverkehr wird weniger, die Wasserflächen schmaler und die liebliche Landschaft rückt näher heran.

Die Randmeere sind zwischen drei und zehn Seemeilen lang, an den schmalsten Stellen aber nur wenige Hundert Meter breit. Von Nordost bis Südwest heißen sie: Ketelmeer, Zwarte Meer, Vossemeer, Drontermeer und das mit knapp zehn Seemeilen Länge größte Randmeer, das Veluwemeer. Von hier geht es weiter über ein Aquädukt in den Wolderwijd, Nuldernauw, Nijkerkernauw, Eemmeer und schließlich in das Gooimeer. Wer von Norden hineinsteuert, findet an Backbord die alten Seefahrerorte an der ehemaligen Südküste der Zuiderzee. An Steuerbord liegt das Flevoland.

Das Revier ist vor allem geeignet für kleinere Boote, kann aber auch mit der Kielyacht befahren werden. Die Wasserstände werden durch Schleusen reguliert. Nur abseits des Fahrwassers, an den Inseln und in einigen kleinen Häfen muss mit weniger Wassertiefe gerechnet werden. Bis zum ganz im Süden liegenden Gooimeer kann die rund 37 Seemeilen lange Route mit stehendem Mast befahren werden.

Mittelalterlicher und maritimer Charme in Elburg

Wir haben uns entschieden, zuerst nach Elburg zu steuern. Die Stadt zählt zu den ältesten Orten an der ehemaligen Zuiderzee. Schon 796 urkundlich erwähnt, trat sie später der Hanse bei. Nach einer schweren Sturmflut im 14. Jahrhundert wurde Elburg schachbrettartig neu aufgebaut und mit hohen Mauern befestigt. Sie sollten nicht nur vor Angreifern, sondern auch vor den Fluten der Nordsee schützen. In Elburg werden noch heute die hölzernen Zuiderzee-Botter gebaut und restauriert, flachbodige, halb gedeckte Küstensegler von neun bis 15 Meter Länge mit Seitenschwertern.

Ursprünglich wurden sie zur Fischerei und für den Transport genutzt, heute werden Botter als Yachten um - beziehungsweise nachgebaut.

Am Nachmittag steuern wir in den Stichkanal nach Elburg. Alle Liegeplätze längs des Kanals sind belegt. Wir fahren bis in den letzten Zipfel des alten Hafens, wo eine ganze Botter-Flotte liegt. Völlig aussichtslos, hier einen Platz zu finden. Schließlich entdecken wir den Hafenmeister, der unsere Parkplatzsuche beobachtet. „Du musst in die zweite oder dritte Reihe parken“, ruft er. Wir legen uns längsseits eines Zweier-Päckchens von Motoryachten, denn von außen kommen gerade weitere Sportboote in Richtung Elburg, die sicher alle auch einen Liegeplatz brauchen.

Vom Hafen aus gelangt man zu Fuß in wenigen Minuten durch das Fischtor in den rechteckig angelegten mittelalterlichen Stadtkern. In den Straßen der weitgehend autofreien Altstadt pulsiert das Leben. Es gibt viele kleine Shops, Cafés und Kneipen. Elburg ist zwar auch touristisch, jedoch trifft man hier überwiegend Niederländer.

Ein schiffbares Aquädukt verbindet die Randmeere Veluwemeer und Wolderwijd

Morgens legen wir zeitig ab und steuern mit Kurs Südwest hinaus auf das Veluwemeer. Bekanntlich haben die Niederländer ein großes Talent, maritim geprägte Landschaften nach ihrem Geschmack zu gestalten. So haben sie in das Veluwemeer gleich sieben Inseln hineingebaut. Die größeren davon haben „natürliche“ Hafenbecken, in denen man meistens längsseits gehen kann. Über eine schiffbare Trogbrücke, das Veluwemeer-Aquädukt erreichen wir den Wolderwijd. Unser Ziel ist die alte Hansestadt Harderwijk, einst der bedeutendste Hafen im Süden der Zuiderzee.

Als Amsterdam und Rotterdam noch Dörfer waren, war Harderwijk bereits ein mächtiges Mitglied der deutschen Hanse.

Um in den alten Hafen zu gelangen, steuert man durch die neue Waterstad. Auch hier zeigt sich das Talent der Niederländer, aus Wasserflächen Land zu machen und sehr geschmackvoll zu bebauen. Dazu gehören neben einer Marina die allgegenwärtigen schiffbaren Kanäle.

Geschichtsträchtiges Harderwijk

Weil wir schon um 11 Uhr in Harderwijk ankommen, bekommen wir in Vissershaven, dem alten Fischerhafen, problemlos einen Liegeplatz. Eine Stunde später ist er bereits voll belegt und ohne Voranmeldung geht gar nichts mehr. Wir liegen mitten im alten Zentrum. Zur Windmühle, der traditionellen Botter-Werft und zum schönen Marktplatz mit seinen historischen Gebäuden sind es nur wenige Minuten zu Fuß. Eine touristische Attraktion ist das Dolfinarium, der größte Meeressäugerpark Europas.

Gegen 14 Uhr mahnt uns der freundliche Hafenmeister, dass wir den Platz nicht reserviert, sondern uns morgens einfach hingelegt hätten. Wir argumentieren, dass wir nur noch einkaufen und Wasser bunkern wollen. Er schaut auf die Uhr und schüttelt den Kopf. In wenigen Minuten kommen mit dem nächsten Brückenzug jene Boote, die reserviert haben. Ohne Einkauf und mit leerem Tank legen wir ab. Das ist aber auf den Randmeeren kein Problem. Denn rund um die Seenkette gibt es 23 Häfen und Marinas sowie etliche Stege, wo man anlegen kann.

Moderne Kontraste auf dem Flevopolder

Nur etwa zwei bis drei Seemeilen in Richtung Südwesten sind es von Harderwijk nach Zeewolde. Die Stadt liegt auf dem Flevopolder, kann also nur ein moderner Ort sein.

Zeewolde wurde großflächig angelegt mit vielen Grünanlagen. Es gibt vier Bootshäfen, die über Kanäle verbunden sind. Wir legen im Bonshaven an, wo es Strom und Wasser am Steg gibt, ebenso eine Bootstankstelle. Und gleich in Hafennähe liegen mehrere Supermärkte. Nach dem Bunkern geht es weiter in Richtung Spakenburg. Der angekündigte Starkwind aus Südwest fegt jetzt über den Nuldernauw, der den Wolderwijd mit dem Eemmeer verbindet. Wir fahren gegenan und sind fast allein auf dem aufgewühlten Wasser.

In Spakenburg scheint die Zeit stehen geblieben

Spakenburg ist über einen Stichkanal erreichbar. Ursprünglich war der Ort einer der wichtigsten Fischerhäfen an der Zuiderzee. Vor einhundert Jahren lag hier noch eine Flotte von 180 Bottern. Die noch heute arbeitende Scheepstimmerwerf Nieuwboer ist die älteste Werft dieser Art der Niederlande.

Wir fahren bis zum südlichen Ende des Alten Hafens hinein. Mit etwas Glück finden wir am Westufer des Kanals den letzten freien Liegeplatz und haben neben uns sogar eine Säule für Strom und Wasser. Von hier sind es nur wenige Schritte zum Museumshafen, wo die Zeit stehen geblieben scheint.

An Marktständen verkaufen Frauen Fisch und Käse. Die Männer werkeln an ihren Booten und haben die braunen Segel zum Trocknen hochgezogen. Holland wie aus dem Bilderbuch.

Spakenburg ist sicherlich einer der schönsten Orte an der Südküste der Randmeere. Für kleinere Yachten geht es ab hier weiter auf die letzte Etappe zur nahen Metropole Amsterdam. Zwischen den beiden Autobahnbrücken liegt das Städtchen Huizen am Gooimeer mit einem historischen Museum und eigenem Sandstrand.

Segler, deren Masthöhe mehr als 12,70 Meter beträgt, müssen im Eemmeer kehrtmachen. Bei anhaltendem Westwind kann sich die Durchfahrtshöhe noch verringern. Doch das ist kein Problem. Es gibt noch viele schöne Orte an den Randmeeren zu entdecken. Und zurück in Richtung Nordosten haben wir die frische Nordsee-Brise als Schiebewind.

Karten und Literatur

  • ANWB-Wasserkarte 18 – IJsselmeer, Markermeer, Randmeren, niederländisch, 17,99 Euro ISBN: 9789018046132 www.shop.watersportalmanak.nl
  • Manfred Fenzl: Das IJsselmeer, Edition Maritim, 39,90 Euro ISBN: 978-3-667-12212-4 www.delius-klasing.de
  • Jan Werner: Törnführer Holland 2 – Das IJsselmeer und die nördlichen Provinzen, 39,90 Euro ISBN: 978-3-667-12063-2 www.delius-klasing.de

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