Segeln in der KaribikParty im Passat - Die Spring Regatta auf den British Virgin Islands

Martin Hager

 · 16.11.2024

Karibisches Finish der zweiten Wettfahrt für die Swan 58 „WaveWalker“ und die R/P 42 „Rikki“ vor dem Scrub Island Resort
Foto: Alex Turnbull
Während der Winter in Europa regiert, lockt die Karibik mit entspannten Fun-Regatten in konstanter Brise. Palmeninseln, warmes Wasser und viel Sonnenschein machen die Britischen Jungferninseln zum Traumrevier und die jährlich stattfindende BVI Spring Regatta zum Spaßgaranten. YACHT-Chefredakteur Martin Hager war bei der jüngsten Auflage dabei

Dass die British Virgin Islands (BVIs) ein wahres Segelparadies sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Warme und konstante Passatwinde, traumhafte Strände und eine Vielzahl wunderschöner Ankerbuchten machen die Inselgruppe vulkanischen Ursprungs zum Cruising-Dorado. YACHT-Reiseredakteur Andreas Fritsch fasst es so zusammen: „Die BVIs sind das ideale Revier für alle Segler, die erste Karibik-Erfahrungen sammeln wollen. Die Charterbasen sind groß, die Boote in gutem Zustand, und die Entfernungen zwischen den rund 60 Inseln sind so gering, dass sich der Archipel ohne Stress bequem binnen einer Woche erkunden lässt.“

BVI Spring Regatta & Sailing Festival

Dazu kommt der entspannte karibische Lifestyle, der den Alltagsstress prompt und nachhaltig vertreibt. Für alle Segler, die mehr wollen, als gemütlich von Palmeninsel zu Palmeninsel zu cruisen, bieten sich eine Reihe von Fun-Regatten an, bei denen sich Gleichgesinnte auf der Bahn messen. Eine der beliebtesten Veranstaltungen ist das BVI Spring Regatta & Sailing Festival, das dieses Jahr zum 51. Mal stattfand und 61 Boote aus 13 Ländern in die Nanny Cay Marina auf Tortola lockte. Das Event auf der größten der Britischen Jungferninseln verknüpft ein vielseitiges Landprogramm mit mehreren Regatten, wobei der sportliche Anspruch je nach Wertungsklasse frei wählbar ist. Der Spaß am Wettfahrtsegeln steht – passend zum Begriff Fun-Regatta – an oberster Stelle.

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Die BVIs sind das ideale Revier für alle Segler, die erste Karibik-Erfahrungen sammeln wollen. Die Inseln lassen sich ohne Stress in einer Woche erkunden

Jeder Tag der Spring Regatta endet mit einer Party

Die eigentliche Spring Regatta dauert drei Tage. Für die weit angereisten europäischen Segler wurden vorher zwei weitere Küstenrennen etabliert, die ebenfalls im geschützten Sir-Francis-Drake-Kanal zwischen den Inseln ausgetragen werden und 35 und zwölf Seemeilen lang sind. Jeder Regattatag endet mit einer Rum- und Heineken-lastigen Party mit Livemusik auf dem Event-Gelände in der Nanny Quay Marina.

Das Scrub-Island-Invitational-Rennen an Tag zwei bleibt eine Ausnahme und gilt als einer der Höhepunkte des Festivals. Die zwölf Seemeilen kurze Wettfahrt führt die Teilnehmer aus den fünf Klassen Racing, Cruising, Bareboat, Cruising Multihull und Racing Multihull zum nördlich gelegenen Scrub Island, wo im gleichnamigen Resort die Festmacher über die Poller fliegen und eine ausgelassene Strand- und Pool-Party für alle Crews folgt.

Der dritte Tag ist aus gutem Grund als Ruhetag konzipiert und gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, in aller Ruhe zurück zum Ausgangshafen Nanny Quay zu kommen, bevor am nächsten Tag die Hauptwettfahrten vor der Südküste Tortolas angeschossen werden. Die drei folgenden Regattatage beinhalten meist je zwei Wettfahrten unterschiedlicher Länge, abhängig von Windstärke und -richtung.

Teilnahme an der Spring Regatta als Bareboat-Charter oder Kojencharter

In diesem Jahr schwächelte der Passat und garantierte nur an zwei von insgesamt fünf Renntagen ausgezeichnete Bedingungen bei um die 20 Knoten Wind. Während der eigentlichen Spring Regatta war Leetrimm wichtiger als das Sitzen auf der Luvkante, und bei Temperaturen von 35 Grad und mehr fühlte sich mancher Schwachwind-Kurs wie ein Saunagang an.

Alle Mann in Luv auf der Mills 41 „Final Final“Foto: Alex TurnbullAlle Mann in Luv auf der Mills 41 „Final Final“

Wer an der Spring Regatta teilnehmen möchte, hat zwei Möglichkeiten: Bareboat-Charter oder – besonders für Einzelbucher interessant – Kojencharter auf einem Regattaboot von Anbietern wie beispielsweise Sail Racing Academy, Ocean Racers oder Sail Race Crew. Um die verschiedenen Optionen einer Teilnahme auszuloten, haben wir die zwei recht unkompliziert zu organisierenden Varianten ausprobiert und die Mannschaften von zwei Yachten während der Regattatage unterstützt.

Wer Lust hat, alleine karibische Segelerfahrungen zu sammeln, ist bei den Engländern von Sail Racing Academy gut aufgehoben. Das Unternehmen bereedert zwei Yachten, die Harmony 52 „Sao Jorge“ aus 2007 und die 2008 abgelieferte Beneteau First 40.7 „Escapado“, die im Laufe ihrer Jahre so viele Meilen auf dem Salzbuckel hat wie kaum ein Serienschiff. „Unser jährlicher Regattakalender ist prall gefüllt, wir sind 365 Tage im Jahr unterwegs“, erzählt der 41 Jahre alte „Escapado“-Skipper Germaine Williams im Cockpit des Performance-Cruisers, dem man seinen harten Dauereinsatz ansieht. „Bei uns kann sich jeder einbuchen und mitsegeln, egal ob Middle Sea Race, ARC, RORC Carribean 600, Les Voiles de Saint-Tropez oder entspannte Events wie die Spring Regatta“, so der erfahrene Profi-Skipper, der es an Bord mit Seglern ganz unterschiedlicher Könnensstufe und Herkunft zu tun hat.

Drei Jahre Segelerfahrung in sechs Wochen

Das Angebot ist attraktiv. So zahlt man für eine Teilnahme beim BVI-Event rund 1080 Euro (ein Tag Training, fünf Tage Regatta). Wer mit der ARC den Atlantic überquert, kommt auf 4800 Euro. „Die meisten Segler bleiben gleich für mehrere Events an Bord und haben großes Interesse, möglichst viel Segel- und Regattaerfahrung zu sammeln.“ So auch der 66 Jahre alte Kanadier Lance McQueen, der nach seiner Lehrer-Laufbahn „mitten in der kanadischen Prärie nahe Saskatoon“ den Spaß am Segeln auf einem See entdeckte und nun Segellehrer werden möchte. „Ich bin schon einen Monat an Bord und bin begeistert. Hier bekomme ich drei Jahre Segelerfahrung in sechs Wochen!“

Die größte Herausforderung sei nicht die Enge an Bord des voll ausgebuchten Bootes, sondern eher der Charakter einzelner Crewmitglieder, lässt Lance wissen. Hitzige Diskussionen oder Streit unter den Crewmitgliedern sei dennoch selten. „Das sind glücklicherweise Ausnahmen“, springt Seán Bergin ein. Der 26-jährige Ire machte die Atlantik-Überführung im Rahmen der ARC an Bord von „Escapado“ mit und absolviert seit zwei Monaten ein Praktikum als Deckhand an Bord von „Escapado“.

„Kost und Logis an Bord sind für mich frei, und ich werde in Segelerfahrung bezahlt. Besser geht’s nicht!“, sagt er begeistert. Die bunt zusammengewürfelte Racing-Truppe komplettieren Ben Newman, 22, der erst kürzlich sein Physik-Studium in Cambridge beendet hat und sich nun eine Segelauszeit gönnt, und John Gorton, 69, Ex-Consultant aus den USA, der an Bord des Performance-Cruisers seine Segelerfahrung auffrischt. Als Bordältester macht er eine gute Figur an den Winschen und schreckt vor keiner sportlichen Herausforderung zurück.

Hitzeprüfung bei 30 Grad und Schwachwind

Der zweite Tag der Spring Regatta an Bord der Beneteau First 40.7 ist eine Hitzeprüfung für die erst kürzlich aus dem europäischen Winter eingeflogenen Segler. Bei deutlich über 30 Grad im Schatten und gerade mal sechs bis acht Knoten Wind wird jedes Manöver zur physischen Herausforderung. Aufgrund der Windvorhersage stehen an diesem Tag nur zwei kurze Zehn-Seemeilen-Rennen an, die sich in Dreiecken vor Pelican Island, Peter Island und rund Flannagan Island abspielen.

An der Startlinie von Klasse B der Performance Cruiser, in der sich auch „Escapado“ tummelt, geht es mit zehn Booten erstaunlich eng und ambitioniert zu. Hier wird sich kein Zentimeter geschenkt und auf überraschend hohem Niveau taktisch agiert. Entscheidend sind an diesem Schwachwindtag perfekt ausgeführte Gennakermanöver – ein Manko unserer wenig eingespielten Crew. Insbesondere das Gennaker-Bergen mit drei Mann kostet bei der Hitze Körner. Am härtesten trifft es Seán, der im Salon bei gefühlten 50 Grad den Gennaker für den nächsten Raumschotschlag sortiert und vorbereitet. Mit hochrotem Kopf und schweißgebadet taucht er nach zehn Minuten im Niedergang auf und schnappt nach Frischluft.

Karibiksegeln vom Feinsten

Der traumhaft schöne Kurs rund um die Mikroinsel Flannagan begeistert die Crew: Karibiksegeln vom Feinsten. Nach zwei Rennen und einem tapfer erkämpften siebten Platz geht es vier Seemeilen zurück in die Nanny Cay Marina, wo Skipper Germaine die Crew auf das Rennen am nächsten Tag einschwört. Dann geht es mit der ganzen Mannschaft zur Party auf dem Open-Air-Eventplatz der Veranstaltung.

Insbesondere das Gennaker-Bergen mit drei Mann kostet bei der Hitze Körner. Der Schweiß läuft in Strömen

Was die Fun-Regatta von anderen Wettfahrt-Formaten unterscheidet, ist neben dem weniger verbissenen sportlichen Aspekt auch das Miteinander auf den Stegen. Obgleich bei den Wettfahrten mitunter ambitioniert um die Positionen gerungen wird – an Land hilft jeder jedem, und sei es nur mit einem eisgekühlten Heineken als Anlegerschluck.

Eine Woche Cruisen, eine Woche Regatta

Für Segler, die mit Familie oder Freunden anreisen, bietet sich die Teilnahme auf einem Charterschiff in der Bareboat-Klasse an. Diese Variante hat den Vorteil, dass sich der Segelurlaub zweiteilen lässt: eine Woche feinstes Cruising entlang der touristischen BVI-Höhepunkte und entspanntes Kennenlernen des Charterbootes plus sieben Tage geselliges wie abwechslungsreiches Spring-Regatta-Programm. Die Auswahl an Charteranbietern in der Region ist groß, wobei die Platzhirsche rund um Tortola ganz klar die Charterprofis von Moorings und Sunsail sind, die in der Hauptstadt der Britischen Jungferninseln Road Town eine eigene Marina mit mehreren Hundert Monohulls und Kats betreiben.

Die Kosten für Charteryachten variieren je nach Größe und Typ. So listet die Webseite für den Zeitraum eine Sunsail 41.3 für acht Gäste und sieben Nächte für rund 4970 Euro. Wer eine Woche länger mietet, zahlt 10.300 Euro. Wer gerne mehr Platz zur Verfügung hat, dem empfiehlt sich ein Multihull. Ein Kat vom Typ Mooring 4500L für zehn Gäste schlägt in derselben Zeit mit 11.546 Euro zu Buche, wer sieben Tage länger unterwegs ist, zahlt 20.169 Euro (Preise Stand 18.10.2024). Bei Teilnahme an einer Fun-Regatta kommt eine Wettfahrt-Versicherung hinzu, die rund 830 Euro kostet. Es rentiert sich, bei den Anbietern nach speziellen Angeboten für das Spring Regatta & Sailing Festival nachzufragen.

Hauptziel der Spring Regatta: Eine gute Zeit haben

Eine Crew, die diesen Weg gegangen ist, ist die Mannschaft um Skipper Colm Crilly, die mit täglich wechselnden Mitseglern an Bord ihrer gecharterten brandneuen Moorings 46.1 „Sea Esta“ auf der Regattabahn unterwegs ist. „Kommt an Bord und lasst es euch gut gehen“, empfängt der Captain seine Gäste entspannt mit einer riesigen Tüte Eiswürfel auf dem Arm, die er soeben aus dem Marina-Supermarkt angeschleppt hat. Eiswürfel zählen, genau wie Platten mit Lunch-Häppchen, zur Grundausstattung an Bord der „Sea Esta“. „Wir wollen eine gute Zeit haben und laden jeden Tag Mitarbeiter und Kunden ein, um mit uns die Spring Regatta zu erleben“, berichtet der Brite Crilly, der vor sechs Monaten auf die BVIs auswanderte und als Director of Operations bei der BVI-Supermarkt-Kette Riteway anheuerte. Als Sponsor der Spring Regatta sei es ein logischer Schritt gewesen, auch mal mit einem eigenen Boot am Start zu sein, sagt er.

Regattasegeln als Kunden-und Mitarbeiter-Incentive war eine großartige Idee. Wir sind im nächsten Jahr wieder am Start!”

„Regattasegeln als Kunden- und Mitarbeiter-Incentive war eine großartige Idee von unserem Skipper Colm. Wir sind im nächsten Jahr wieder am Start“, schwärmt Riteway-Geschäftsführer Neil Hayes, der ebenfalls jeden Tag mit an Bord ist. Es erklärt sich von selbst, dass die Teilnehmer der Bareboat-Klasse weniger ambitioniert an die Startlinie kreuzen. Die meisten der zwölf Charterboot-Skipper sind weniger regattaerfahren, und der Spaß am Segeln steht im Vordergrund.

Malerisches Finish: Die Cape 31 „Flying Jenny“ von US-Eignerin Sandra Askew rauscht unter Gennaker, Groß und Fock an der acht Hektar kleinen Insel Marina Cay vorbei, um kurz darauf die Ziellinie der Scrub-Island-Invitational-
Wettfahrt zu kreuzen. Für die zwölf Seemeilen von Nanny Quay brauchte das schnelle Mark-Mills-Design nur 2:18 Stunden.Foto: Alex TurnbullMalerisches Finish: Die Cape 31 „Flying Jenny“ von US-Eignerin Sandra Askew rauscht unter Gennaker, Groß und Fock an der acht Hektar kleinen Insel Marina Cay vorbei, um kurz darauf die Ziellinie der Scrub-Island-Invitational- Wettfahrt zu kreuzen. Für die zwölf Seemeilen von Nanny Quay brauchte das schnelle Mark-Mills-Design nur 2:18 Stunden.

Regatta mit großer Crew und vollem Kühlschrank

So auch an Raceday drei der Spring Regatta, der mit lauen Lüftchen um die fünf bis zehn Knoten keine atemberaubende Wettfahrt-Action verspricht. Die zwölf meist schweren Charterschiffe wenden mit großer Crew und vollem Kühlschrank in Zeitlupe vor der Startlinie hin und her, bis schließlich der Schuss kommt. Die Atmosphäre auf den Booten ist entspannt, es wird sich zugewinkt und bei engeren Manövern angefeuert. Unsere „Sea Esta“, eine voluminöse Beneteau Oceanis 46.1, ist auf Komfort getrimmt. Die Selbstwendefock braucht kaum Aufmerksamkeit, einen Großschot-Traveller und Backstagen gibt es nicht, wodurch viel Zeit zum Plaudern und Genusssegeln bleibt.

„Die meisten unserer Crewmitglieder sind keine Segler, daher ist es gut, dass wir das Boot zu zweit komfortabel bedienen können“, sagt Colm Crilly. Die Wettfahrt schleppt sich bei zwei Windstärken dahin, am Ende kreuzt „Sea Esta“ als Vierte über die Ziellinie. Rennen zwei wird von der Wettfahrtleitung aufgrund von Flaute abgesagt, der Nachmittag bleibt zum Baden und Schnorcheln, wozu uns Skipper Crilly in die Traumbucht Little Harbour auf Peter Island manövriert und den Anker fallen lässt. Damit endet ein Regattatag der etwas anderen und äußerst entspannten Art.

Landschaftliche Höhepunkte und Robinson-Feeling

Es gibt sehr gut nachvollziehbare Gründe, warum viele Spring-Regatta-Teilnehmer treue Wiederholungsbucher sind und Jahr für Jahr in der Nanny Quay Marina andocken. Die Party im Passat und der Winter im Warmen sind eine Reise wert! Segler, die bereits mit dem Gedanken gespielt haben, die BVIs auf Charterkiel oder auch als Crew auf einem Racer zu erkunden, können wir dazu nur raten. Landschaftliche Höhepunkte wie The Baths auf Virgin Gorda, Cooper und Scrub Island sind tatsächlich noch schöner als auf jeder Postkarte. Unser heimlicher Favorit jedoch bleibt das Mikro-Eiland Fallen Jerusalem, das wir abseits der Spring Regatta und aufgrund von nur zwei verfügbaren Mooring-Bojen fast ganz für uns alleine hatten. Robinson Crusoe lässt grüßen.

Natürlich gehört auch ein Stopp beim Bitter End Yacht Club zum Pflichtprogramm. Das Resort im North Sound wurde durch Hurrikan Irma komplett zerstört und lockt Besucher seit zwei Jahren in neuem Glanz an – Strandbar mit Hängematten und eisgekühltem BVI-Nationalgetränk Painkiller inklusive. Der Cocktail aus Rum, Ananas- und Orangensaft, Kokosmilch und Muskat schmeckt mit den Füßen im Sand und unter Palmen einfach am besten. Prost!


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