Wenn Segler im Cockpit oder in der Hafenkneipe zusammensitzen, wird gerne mal Seemannsgarn gesponnen. Dabei kommt nicht selten zur Sprache, was man schon alles unter Segeln „erobert“ hat. In der Regel werfen die Beteiligten vor allem ferne, exotische Orte in die Runde, die sie angesteuert haben – und wo außer ihnen noch kaum jemand anderes war. Ist ja klar.
So weit, so schön. Doch es gibt auch hier, in europäischen Revieren, Ziele, die abseits aller üblichen Segelrouten liegen und daher bei vielen Skippern in Vergessenheit geraten. Teils sind es obskure kleine Inseln, meist ohne Charterstützpunkt in der Nähe oder nur bei gutem Wetter zugänglich. Sie machen es einem nicht leicht. Trotzdem lohnt es sehr, sie auf den Törnplan zu setzen. Die Îles Chausey nördlich von Saint-Malo beispielsweise fallen in diese Kategorie. Wer sich die Mühe macht, auf das ideale Wetterfenster und die richtige Tide wartet, um sie anzulaufen, wird sie auf ewig lieben.
Genau solche Traumziele haben wir schon einmal in YACHT 4/2015 vorgestellt. Die Resonanz damals war einhellig: mehr davon! Nun ist es so weit. Das Redaktionsteam und befreundete Skipper haben zusammengetragen, welche unbekannten Orte seither auf ihrem Kurs lagen. Kastellorizo, Rathlin oder Ventotene etwa. Nie gehört? Dann ist es höchste Zeit, den Horizont zu erweitern. Beim nächsten Mal in der Hafenkneipe wird man Ihren Erlebnissen gebannt lauschen. Versprochen!
Diesen winzigen Flecken im Mittelmeer, der zu den Pontinischen Inseln gehört, lassen viele Crews links liegen. Denn meist starten sie ab Neapel und segeln dann den Bogen um Ischia, Capri und weiter zur Amalfi-Küste. Dabei ist die alte Vulkaninsel Ventotene ein kleines Juwel. Sie hat diesen speziellen Reiz der Abgeschiedenheit. Hier gibt es keinen Massenansturm à la Capri. Ganz im Gegenteil geht es wohltuend ruhig und gelassen zu.
Beim Ansteuern des Inselhafens im Nordosten leuchten die pastellfarbenen Häuser der alten römischen Anlage in der Sonne. Sie sind eingebettet in weichen Tuffstein, in den die Einheimischen Höhlen und sogar kleine Häuser geschlagen haben. Selbst die Festmacher-Poller wurden aus Tuff geformt. Der historische Hafen ist ein enger Schlauch, der sich in die Felsen schmiegt und einfach traumhaft schön ist. Anlegen sollten dort aber nur routinierte Crews mit kleineren Booten. Alle anderen fahren in den modernen Nordhafen. Der hat Schwimmstege und eine Pier, an der auch die Inselfähre anlegt.
Ventotene ist mit rund 700 Einwohnern noch eine lebendige, funktionierende Insel, die Fischgründe um das strenge Meeresschutzgebiet herum sind ergiebig. Es gibt unter Wasser noch wertvolle Posidonia-Wiesen wie überhaupt eine reiche Flora und Fauna.
Die Insel hat diesen gewissen „Lost Island Touch“. Man kann Tage damit verbringen, die gemütlichen Restaurants und Bars durchzuprobieren, an den Stränden zu entspannen, zu baden oder auch einmal rund um die plateauartige, recht grüne Insel zu wandern.
Bei den oft flauen und heißen Sommerwetterlagen in der Region ein magischer Platz.
40° 47‘ 58‘‘ N, 013° 25‘52‘‘ E
ca. 1,5 x 0,5 Seemeilen
ca. 700
Im neuen Hafen Schwimmstege samt Wasser und Strom mit Muringleinen und Plätzen eingangs an der Mole. Der alte Römer-Hafen hat Plätze gleich steuerbords nach dem Einlaufen, man liegt an Muringleinen. Eher etwas für Yachten unter 40 Fuß, es ist sehr eng. Vorsicht vor Steinen am Pier, besser mit Bug voraus anlegen. Gute, zahlreiche Ankerplätze finden sich mit schönem Blick auf die Häuser entlang des alten Hafens bis kurz vor die Einfahrt zum Porto Nuovo. Bei leichtem Wind aus West bis Nordwest geschützt. www.commune.ventotene.it
Um die Insel das Schutzgebiet mit einigen Ankerverbotszonen beachten. www.riservaventotene.it
Die Ex-Gefängnisinsel Santo Stefano kann besichtigt werden. Das Naturschutzgebiet hat ein Besucherzentrum. Um den alten Hafen viele urige, gute Restaurants und Bars.