Die Sturmflut traf den beliebten Hafen schwer. Die Küchencontainer der legendären Kneipe „Giftbude“ sind Totalschäden. „‚Giftbude‘ und Lotsenhaus haben Wasserschäden, sind strukturell sonst aber zum Glück intakt. Abwassernetz, Stromversorgung und Heizungen sind jedoch zerstört. „Alles in allem ein Schaden von rund einer Million Euro“, sagt Jens Ambsdorf von der Stiftung Lighthouse Foundation, die seit 2008 Eigentümerin der Lotseninsel ist. Trotzdem macht er den Seglern Mut: „2024 wird der Hafen in Betrieb gehen, aber wohl nicht wieder mit warmer Küche, die allein würde 200.000 Euro kosten.“
Ziel der Stiftung sei es, Schleimünde als öffentlich zugänglichen Ort zu erhalten, und das werde man auch weiter tun – nur wie lange noch, sei ungewiss. „Wenn die Klimakatastrophe so weitergeht, muss man sich wohl darauf einstellen, dass wir bis etwa 2050 einen geordneten Rückzug von Schleimünde erleben werden.“ Schon die Hochwasser 2013 und 2019, als es zu den ersten Überspülungen der Halbinsel kam, verursachten teure Schäden, die nicht mehr versicherbar sind. „Wenn wir uns alle fünf Jahre auf höheres Wasser bei Ost-Stürmen einstellen müssen, ist klar, wo das endet.“
Die wichtigste Aufgabe sei es jetzt, umgehend die Lücke im Schutzdamm zu schließen, schließlich steht der Winter mit seinen Stürmen erst noch bevor. Der massive Steinwall ist auf etwa 30 Meter Länge von der See zerbrochen, die Böschung dahinter fortgespült. Mittlerweile wurde ein Bagger nach Schleimünde verschifft, der die gröbsten Aufräumarbeiten angeht, etwa die ganzen großen Steine einsammelt, die die Wassermassen überall verteilt haben.
Die Flut hat auch die Aussichtsplattform, die auf zwei riesigen Beton-Fundamenten ruhte, komplett zerstört und freigespült. „Das ist eigentlich die alte Kläranlage von Schleimünde, doch die war schon vorher durch Stürme so schwer beschädigt, dass wir eine neue gebaut hatten“, erklärt Jens Ambsdorf. Die Betonteile sollen nun abtransportiert werden.
Langfristig müssen sich Gemeinden, Land und Küstenschutz an der Schlei überlegen, wie es weitergeht. Dem Bau eines Deichs von Schleimünde bis zum alten Leuchtturm Falshöft, wie er von den Bewohnern der Schlei-Region schon nach den letzten Hochwasserschäden ins Gespräch gebracht worden ist, erteilten Küstenschutz- und Naturschutz-Behörden bislang eine klare Absage. Ihr Standpunkt ist, dass Schleimünde als Naturschutzgebiet der Natur überlassen werden soll. Wenn die Ostsee die Halbinsel, wie seit Jahren der Fall, bei starkem Ostwind hinter der kleinen Baumgruppe überspült und sich immer weiter gen „Giftbude“ voranfrisst, sei das eben Natur. Die Bürgerinitiative „Schleimünde retten“ kritisiert seit Jahren, dass es gefährlich und unverantwortlich sei, dies zuzulassen, nicht nur weil Schleimünde erhaltenswert sei, sondern auch, weil bei Ost-Sturm letztlich über eine immer größer werdende Öffnung Wasser in die Schlei drückt. Dadurch steigen die Wasserstände dort schneller und höher. Der Küsten- und Deichschutz sah das bislang nicht so. Da bei Maasholm und Arnis aber Deiche brachen, stellt sich die Frage, ob die Behörde falsch lag.
“Doch das beantwortet nicht die Frage, wie man Hochwasser an der Schlei künftig begegnen will. Sollen sich alle Orte durch bauliche Maßnahmen selbst schützen, gar ein Sperrwerk planen, oder gibt man bestimmte Bereiche langfristig auf?“, fragt Jens Ambsdorf. Für diese nötige Diskussion könne man mit einer Zwischenlösung in Schleimünde wichtige Zeit erkaufen. Bis in die 70er Jahre war es zum Beispiel üblich, dass zwei Angestellte des Kreises regelmäßig den Steindamm und Erdwall, der vor der Lotsenstation liegt, regelmäßig inspizierten und Schäden ständig behoben. Die Diskussion um Schleimünde könnte also erst so richtig begonnen haben.