Wer dieser Tage einmal mit Hafenbetreibern, -meistern, Vereinsvorsitzenden oder Seglern spricht, bekommt eine Idee davon, wie viel Unheil der große Oktobersturm 2023 wirklich angerichtet hat. Zwischen Flensburg und Kiel berichten Dutzende Verantwortliche von immensen Schäden. Vieles davon drang gar nicht an die große Öffentlichkeit, richtete sich doch nach der Katastrophe der Fokus vor allem auf das Drama rund um die schwersten Fälle an der Ostsee: Maasholm, Schilksee und Damp. Doch gerade für Vereinshäfen, kleine Kommunen oder private Marinas, die so wenig Plätze haben, dass sie ohnehin wirtschaftlich nur gerade eben über die Runden kommen, waren die Folgen nicht weniger drastisch. Geflutete Stromkästen, zerrissene Leitungen, beschädigte Stege, abgesoffene Sanitäranlagen – die Reparaturkosten fallen meist deutlich fünf-, oft genug sechsstellig aus.
Zwar kam im März die Zusage des Landes Schleswig-Holstein, dass ein Sturmflut-Fonds eingerichtet und mit einem Volumen von 160 Millionen Euro bestens ausgestattet sei. Doch profitieren davon vor allem kommunale Häfen oder solche, deren Anlagen Bestandteil des Hochwasser- oder Küstenschutzes sind. Sie können Anträge auf eine Förderung von 75 Prozent der Aufwendungen stellen. Manche Gemeinden stehen allerdings vor dem Problem, dass nicht klar ist, wann die Gelder fließen. Folglich müssen sie Kredite aufnehmen, damit die Arbeiten möglichst schnell beginnen können.
Darüber hinaus ist weiterhin offen, wie man die richtig großen Investitionen stemmen will, die erforderlich sind, um die zu niedrigen oder zu schwach dimensionierten Wellenbrecher zu erhöhen beziehungsweise zu verstärken. In Maasholm, Damp, Schilksee und Harrislee hatten die vorhandenen Bauwerke der Sturmflut nicht standgehalten. Nun möchte man sich wappnen, auch in Hinsicht auf die Folgen des Klimawandels. Ob das mit dem Sturmflut-Fonds des Landes machbar ist, werden wohl erst die nächsten Jahre zeigen.
Viele Vereinshäfen oder private Marinas gehen auf jeden Fall leer aus. Es wird an der Küste zwar über eine geplante Härtefall-Regelung gesprochen. Sie soll besonders stark vom Sturm betroffenen Vereinen helfen. Ob und wann sie kommt, kann aber noch niemand sagen.
Daher wird 2024 wohl vor allem ein Jahr der Wiederherstellung des Status quo von vor der Katastrophe. Verbesserungen stehen hintenan – wenngleich es auch von Erweiterungs- und Neubauprojekten zu berichten gibt, wie etwa in Olpenitz, Lübeck und Travemünde. Selbst Liegeplätze sind in einigen Häfen noch frei, das brachte eine aktuelle Recherche der YACHT zum Vorschein. Wer noch auf der Suche nach einem Heimathafen fürs Schiff ist, findet nachfolgend entsprechende Hinweise.
Was der Rekordsturm leider auch nach sich zieht, sind Preiserhöhungen. Diverse Hafenbetreiber verlangen infolge der außerordentlichen Investitionen sieben bis zehn Prozent mehr als im letzten Jahr. Mancherorts trifft es nur die Gastlieger, doch auch die Dauerlieger dürften über kurz oder lang stärker zur Kasse gebeten werden. Das gilt im Übrigen ebenfalls für einige Vereinshäfen, da diese oft nur über geringe Rücklagen verfügen.
Eine weitere Folge des Ostsee-Sturms: versandete Hafenzufahrten sowie teils abgetragene Strände wie in Großenbrode, Grömitz und anderswo. Fast überall sind die entstandenen Flachstellen zumindest in den Fahrwassern schon im April beseitigt worden. Gerade bei der Ansteuerung von Ankerplätzen in ohnehin meist flacheren Bereichen sollten Skipper in diesem Jahr aber besser mehr Vorsicht als sonst walten lassen.