Wenn ein Hafen an einen neuen Eigentümer übergeht, entsteht für Pächter und Liegeplatzinhaber häufig Unsicherheit. In Österreich hat nun ein ganzer See die Besitzerin gewechselt und die Aufregung ist entsprechend groß - zumal auf einen Schlag die Kündigung aller Verträge angekündigt wurde. Und das ausschließlich per Post und ohne weitere Erklärung.
Dabei handelt es sich nicht um irgendein Gewässer: Der Mondsee ist mit einer Fläche von rund 14 Quadratkilometern der viertgrößte Österreichs. Zusammen mit Attersee, Traunsee und Wolfgangsee liegt er im landschaftlich wunderschönen Salzkammergut, nur eine knappe halbe Autostunde von Salzburg entfernt.
Er ist beliebtes Naherholungs- und Urlaubsgebiet, daher gehören zu den Pächtern entlang des Ufers auch Segelschulen und Vereine, der Segelclub Schwarzindien und der Union Yacht Club Mondsee. Auch sie sind von der neuen Entwicklung betroffen.
Zwar betonte der Bürgermeister der anliegenden Gemeinde St. Lorenz im ORF, dass der Wassersport selbst auf dem See eine “Allgemeinrecht” sei, die Ufernutzung durch “Bojen, Stegen und Hütten, die im Seeboden verankert sind” allerdings nicht.
Allerdings, so stellte er klar, seien Aktivitäten auf dem Mondsee weiterhin möglich. Für das Baden, Segeln, Surfen, Tauchen und Bootfahren bestehe ein „Allgemeinrecht“. Von den beabsichtigten Kündigungen seien nur Pächter von Bojen, Stegen und Hütten, die im Seeboden verankert sind, betroffen.
Wie österreichische Medien übereinstimmend berichten, hatte die vorherige Besitzerin den Mondsee bereits im Vorjahr auf ihre Tochter übertragen. Diese kündigte den Pächtern nun schriftlich an, von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen zu wollen. Allerdings wurde von Beobachtern auch darauf hingewiesen, dass der Vorgang an sich nicht unüblich sei beim Übergang in neue Eigentümerschaft.
Für offene Fragen sorgte zunächst die Vorgehensweise, die unzweideutigen Kündigungsbriefe, die die weitere Nutzung ohne “ausdrückliche gesetzliche oder schriftliche Erlaubnis” untersagen, ohne Vorankündigung oder eine Erklärung zu Absichten oder zum weiteren Vorgehen zu versenden. Anfang August veröffentlichte die Seeerbin Anna Mathyl dann jedoch ein Statement auf der Seite ihrer Seeverwaltung. Darin heißt es, die Zukunft des Sees, der sich seit Jahrhunderten im Familienbesitz befindet, liege ihr sehr am Herzen. Ihr Ziel sei es, die Flächen ökonomisch und ökologisch nachhaltig zu bewirtschaften. “Wir befinden uns derzeit in einem geordneten Prozess zur Neuregelung der bestehenden Pacht- bzw. Mietverhältnisse. [...] Die Abklärung der bestehenden Vertragsbeziehungen und Nutzungen ist [...] von Zeit zu Zeit notwendig und dient auch dazu allenfalls offene Themen und Rechtsfragen abzuklären.” Immerhin: Folgender Absatz weckt Hoffnung für Pächter, die teilweise seit Generationen Wassergrundstücke am Mondsee bewirtschaften: “Die Bestandsverhältnisse werden soweit möglich fortgesetzt und zu wirtschaftlich nachvollziehbaren und fairen Konditionen vergeben werden.”.
Besonders wichtig sei ihr, klarzustellen, dass die gesamte Wasserfläche des Mondsees dem sogenannten „Gemeingebrauch“ unterliege, welcher durch den Übergang der betroffenen Grundstücke an sie unberührt bliebe. Im Klartext bedeutet das, dass nicht-kommerzielle Nutzungen der Wasserfläche wie etwa Baden auch künftig möglich bleiben. “Darüberhinausgehende Nutzungen meiner Grundstücke und Seeflächen sind entsprechend zu vereinbaren, um mit dem Gesamtnutzungskonzept der Gesamtfläche im Einklang zu stehen.” Wie genau dieses “Gesamtnutzungkonzept” aussieht und ob es auch den Erhalt diverser Bootsclubs und Segelschulen vorsieht, die für die Nutzung ihrer Infrastruktur, Stege und Bootshäuser auf neue Pachtverträge angewiesen sind, darauf wird im Statement nicht näher eingegangen.
Als Grund für die Kündigungen werden entsprechende Preisanpassungen der Pacht für die 150 betroffenen Bojen und Stege vermutet. Bislang hatte diese nämlich deutlich unter denen vergleichbarer Seen gelegen. In ihrem Statement gibt die neue Eigentümerin auch eine mögliche Maßnahme bekannt, die mit den höheren Einnahmen finanziert werden soll: “Ebenso setze ich mich dafür ein, dass der Mondsee künftig auch naturverträglich bewirtschaftet wird: So sehen bspw. die neuen Verträge unter anderem vor, dass zum Schutz des sensiblen Seegrunds neue bodenschonende Bojenverankerungen eingesetzt werden.”