NordseeDurch Nordfriesland - Über Hallig Hooge nach Helgoland

Nico Krauss

 · 09.11.2025

Eindrucksvoller Kontrast zum flachen Nordfriesland: die rote Felswand Helgolands.
Foto: Nico Krauss
Auf eigenem Kiel durch Nordfriesland. Teil 2 des Törns führt durch den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer von Hallig Hooge nach Helgoland.

Den ersten Teil der Törnreportage lesen Sie hier.

„Dafür, dass wir mit einem Kielschiff unterwegs sind, kommen wir erstaunlich gut klar“, resümiert unser Wetter- und Navigationsexperte Finn unseren bisherigen Törn durch Nordfriesland. Der Langkiel unserer HR Monsun 31 hat nur 1,45 Meter Tiefgang – in den meisten Häfen und Fahrwassern unproblematisch und im Schlick ein solides Fundament.

Der Törn durchs Watt gelingt uns Ostsee-Seglern leichter als gedacht, vielleicht weil wir das Revier ernst nehmen: Wir hängen an Wetterberichten und Wasserständen wie Serienfans am nächsten Cliffhanger und planen Kurse, Wattenhochs und ETAs so gründlich wie Fluglotsen ihre Slots. Diese Vorbereitung schenkt am Ende die Gelassenheit, den Törn wirklich zu genießen.

Ein Katzensprung nach Föhr

Von Sylt nach Föhr wirkt wie ein Katzensprung – doch ohne „optionale Grundberührung“ gelingt er am sichersten über die rund 23 Seemeilen lange Außenroute: westlich an Amrum vorbei, durchs Rütergat und weiter ins Dagebüller Fahrwasser. Flacher gehende Yachten sind schneller, wenn sie über die Föhrer Schulter in die nördliche Föhrer Ley einlaufen, ein Wattenhoch queren, anschließend Pricken und später Tonnen zur befeuerten Einfahrt des Yachthafens Wyk folgen.

Beide Varianten sind ähnlich weit, doch über die Innenstrecke lässt sich der Ebbstrom effektiv als Turbo nutzen. Achtung bei auflandigem Wind: Die Zufahrt kann ruppig werden; Fährverkehr und teils kräftiger quersetzender Tidenstrom sind im Blick zu behalten. Im Hafen warten etwa 35 Gästeplätze an Steg 1 (Wassertiefe etwa 1,2–2,0 m, darunter weicher Schlick). Funk: VHF 11 „Wyk Port“.

Durch den Nationalpark Wattenmeer

Unser Kurs führt durch den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Deutschlands größtes Schutzgebiet und UNESCO-Weltnaturerbe. Über 4.400 Quadratkilometer Watt, Priele, Salzwiesen, Rastplatz für Millionen Zugvögel, Kinderstube für Seehunde und Kegelrobben. Sensibles Revier: Die Nordsee-Befahrensverordnung setzt klare Regeln, besonders geschützte Zonen sind außerhalb der Fahrwasser während der Schutzzeiten tabu.

In Richtung Hallig Hooge sehen wir einen Jollenkreuzer übers Watt abkürzen. Wir bleiben besser im Priel, folgen den Pricken, lesen Stromkanten und nutzen den Nehrstrom. Weniger Tiefgang wäre manchmal schön, doch mit Planung, Konzentration und Demut kommt man gut durch. Das Kielschiff zwingt zur Vorbereitung und schenkt dafür Ruhe in der Dünung und Komfort auf langen Schlägen.

Zu Halligen: Hallig Hooge

Die Halligen gehören zu den Besonderheiten des Reviers. In der Sommerhitze flimmern sie wie Trugbilder – flache Hügel mit einem Haus, scheinbar am Horizont hängend, verbunden nur durch einen Damm. Hallig Hooge empfängt uns still: keine hohen Deiche, stattdessen Salzwiesen und Marsch, die bei Sturmfluten überflutet werden. Gebäude stehen auf Warften, Zuflucht für Mensch und Tier. Abends, wenn die Tagesgäste fort sind, bleibt die Einsamkeit.

Per Rad oder Kutsche geht’s über Backenswarft und Kirchwarft. Sehenswert: der Königspesel auf der Hanswarft mit Wohnkultur des 18. Jahrhunderts. Der Seglerhafen liegt hinter der Schleuse (Tor meist offen), bei halber Tide herrscht teils kräftiger Querstrom. Für Boote mit etwa1,60 Meter Tiefgang ist das Einlaufen etwa von zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach Hochwasser realistisch. Das trockenfallende Becken hinter dem Sommerdeich bietet weichen Schlick für rund 25 Gäste. Sanitäranlagen im Seilerhus. Hafenmeister: 0160/493 46 94, hsc-hooge.de.

Letzter Stopp: Helgoland

Nicht mehr Watt, sondern roter Sandstein in offener See, das ist Deutschlands einzige Hochseeinsel Helgoland. Die Lange Anna trotzt der Brandung, unten tummeln sich Seevögel. Es gibt sichere Liegeplätze, Restaurants, Treibstoff, Proviant – alles zoll- und steuerfrei. Drüben die Düne: helle Strände, Kegelrobben. Für Nordfriesland- Törns ist Helgoland perfekter Hub: 24/7 ein- und auslaufen, das Wetter und Tidenfenster in Ruhe abpassen.

„Was nehmt ihr mit von diesem Törn ins Wattenmeer?“ Beim Abschied sind wir uns einig: Die stillen Momente, die Weite zwischen Himmel und Meer, die Brandung an den Sandbänken, den Ruf der Wattvögel. Und diese Demut vor den Kräften der Natur, wir mittendrin. Und wir haben gelernt, das Revier zu lesen – ein spannendes Buch, das wir nicht mehr aus der Hand legen werden.

​Den ersten Teil der Törnreportage lesen Sie hier.

Revierinformationen Nordfriesland​

Navigation

Das Revier wird von Wind und Gezeiten bestimmt. Gründliche Törnvorbereitung ist Pflicht, damit am Zielhafen noch genug Wasser zum Einlaufen steht – erst recht, wenn Prielstrecken anliegen und ein Wattenhoch gequert werden muss. Üblicherweise nutzt man mitlaufenden Tidenstrom oder die schwächere Strömung zur Kenterzeit; die Kombination aus Wind gegen Strom sollte man meiden – ab etwa fünf Beaufort besser ganz bleiben lassen. Trockenfallen ist mit geeignetem Boot eine Bereicherung jedes Wattenmeer- Törns. Immer aktuelle Infos beim Hafenmeister und Behörden einholen: Tonnen können vertreiben, Priele und Sände ihren Verlauf ändern. DGzRS-Notfall: UKW Kanal 16/DSC; küstennah aus dem deutschen Mobilfunknetz 124 124.

Wie gefällt Ihnen dieser Artikel?

Wind und Wetter

Mildes Atlantikklima: Kühle Sommer, milde Winter, viel Wind. Juli/ August im Mittel 17 °C, ca. 4,8 Sonnenstunden/ Tag. Wind aus Westnordwest dominiert. Warme Festlandsluft und kühle Nordsee bringen Seenebel mit rasch fallender Sicht. Herbst/Winter: Stürmisch mit Regenphasen. DWD Seewetter: Deutsche Bucht/Nordsee: dwd.de

​Boot fürs Revier

Für Yachten ist ein Tiefgang bis etwa 1,30 Meter günstig, mit sorgfältiger Törnplanung sind 1,50–1,70 Meter machbar. Zum Trockenfallen eignen sich Doppel-, Huboder Schwenkkiel oder Wattstützen – entscheidend sind stabile Standflächen im Schlick und robuste Kielsohlen. Ruder und Antrieb sollten geschützt sein.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Landgang

Auf den größeren Inseln ist die Gastronomie vielfältig. Zudem gibt es Cafés und gute Einkaufsmöglichkeiten, Fahrradverleihe findet man direkt an den Häfen oder im Ort. Für Crewwechsel ist die Infrastruktur bequem: Sylt bietet Bahnanschluss, und zwischen Wittdün, Wyk und Dagebüll (Bahnanschluss) verkehren regelmäßig die Fähren.

Literatur

  • Sportbootkarten “NV Charts Nordsee DE11 – Elbe, Hamburg bis Helgoland”, NV Charts
  • Sportbootkarten “NV Charts Nordsee DE10 – Nordfriesland, Sylt bis Helgoland & Eider”, NV Charts
  • “Gezeitenkalender 2026” für die deutsche Nordseeküsten, BSH
  • Törnführer “Nordseeküste 2; Elbe bis Sylt”, Jan Werner, Delius Klasing Verlag, 5., überarbeitete Auflage

Meistgelesen in der Rubrik Reisen