Ursula Meer
· 05.09.2025
Am 3. September 2025 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Öl- und Gasförderung in sechs deutschen Meeresschutzgebieten der Nord- und Ostsee untersagen will. Der Hintergrund dafür ist der alarmierend schlechte Zustand beider Meere, der laut Regierungsquellen durch Schadstoffeinträge, intensiven Schiffsverkehr und Rohstoffabbau verursacht wird. Bevor das Verbot in Kraft treten kann, muss es noch den Bundestag passieren. Ausnahmen sollen nur in besonderen Einzelfällen möglich sein.
In der Nordsee betrifft das geplante Verbot drei Schutzgebiete: den Borkum Riffgrund nordöstlich der Ostfriesischen Inseln, die Doggerbank in der Deutschen Bucht und das Sylter Außenriff westlich von Sylt. In der Ostsee sind die Schutzgebiete Fehmarnbelt, Kadetrinne und Pommersche Bucht-Rönnebank betroffen. Zusammen machen diese Schutzgebiete fast ein Drittel der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee aus, für die der Bund zuständig ist. Die AWZ erstreckt sich vom Küstenmeer (12-Seemeilen-Zone) bis maximal zur 200-Seemeilen-Grenze. Obwohl sie nicht zum Hoheitsgebiet des anliegenden Küstenstaates gehört, hat dieser dort exklusive Nutzungsrechte.
Der Gesetzentwurf richtet sich auf zukünftige Förderungen, am Status quo aber ändert sich nichts - denn in den AWZ in Nord- und Ostsee finden laut Übersichtskarten des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bisher keine Öl- oder Gasförderungen statt.
So bleiben auch zwei besonders umstrittene Plattformen in der Nordsee von dem geplanten neuen Verbot unberührt: Die Bohr- und Förderinsel Mittelplate am Rande des Nationalparks Schleswig-holsteinisches Wattenmeer und das Gasförderprojekt des niederländischen Unternehmens One-Dyas vor Borkum.
Erstere liegt vor der Küste Dithmarschens innerhalb der 12-Meilen-Zone und fällt in den Zuständigkeitsbereich des Landes. Von Mittelplate aus wird seit 1987 Öl in der Nordsee gefördert. Umweltschutzverbände betrachten die Bohr- und Förderinsel als Gefahr für das angrenzende UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer und hatten gegen eine Verlängerung der Förderlizenz geklagt. Die Klage blieb erfolglos, 2024 wurde die Verlängerung der Lizenz zur Ölförderung bis 2041bestätigt. Danach soll die Plattform zurückgebaut werden.
Ebenfalls erfolglos blieb ein langes Ringen von Umweltschützern und Inselbewohnern gegen die Gasförderung des niederländischen Unternehmens "One"-Dyas B.V. vor der Nordseeinsel Borkum. Das Unternehmen wird von der im niederländischen Hoheitsbereich, etwa 23 Kilometer von Borkum, gelegenen Plattform N05-A aus mit Richtbohrungen Gasvorkommen aus dem deutschen Sektor fördern. Testbohrungen laufen bereits, und nun hat das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) laut einer Pressemitteilung vom 1. September den Sofortvollzug für die Erdgasförderung im deutschen Teil der Nordsee angeordnet.
Aktuell wird auf Borkum dagegen demonstriert. Die Kritiker des Projekts wenden sich gegen die weitere Nutzung fossiler Energien und befürchten bisher unabsehbare Schäden für den sensiblen Meeres- und Küstenbereich. Sorgen bereiten ihnen auch die bereits genehmigten Pläne, ein Unterseestromkabel vom Windpark Riffgat zur Gasplattform zu legen, um diese mit Strom zu versorgen.
An der Ostsee sorgen neuerdings ähnliche Pläne für Aufregung, seit vor der polnischen Küste Usedoms ein bedeutendes Öl- und Gasvorkommen entdeckt wurde. Das kanadische Unternehmen Central European Petroleum plant die Förderung, was auf deutscher Seite massive Bedenken auslöst. Die Förderanlagen werden vom deutschen Teil der Ferieninsel Usedom aus sichtbar sein. Umweltschützer und Tourismusvertreter befürchten negative Folgen für die Urlaubsregion. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus reagierte mit deutlicher Kritik auf die Pläne.
Das Offshore-Ölfeld mit dem Namen "Wolin East" liegt etwa sechs Kilometer von der polnischen Hafenstadt Swinoujscie (Swinemünde) entfernt in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Polens und wäre damit ebenfalls nicht von dem neuen Förderverbotsgesetz betroffen.
Wo immer auf See Energie gewonnen wird, ist mit Einschränkungen für den Wassersport zu rechnen. Auf hoher See etwa durch den Bau neuer Windkraftanlagen zwischen Rügen und Bornholm. Grundsätzlich sind Windparks auf der deutschen Ostsee Sperrgebiete: die Durchfahrt ist verboten, und Segler müssen einen Mindestabstand von 500 Metern halten.
Auch im küstennahen Bereich wird es enger. So werden aktuell im Fehmarnsund Stromkabel für den Transport der auf Fehmarn gewonnen Windenergie verlegt. Entsprechend viele Arbeitsschiffe sind dort unterwegs, denen Segler erhöhte Aufmerksamkeit widmen müssen.
An der Ostfriesischen Nordseeküste werden derzeit Offshore-Netzanschlusssysteme gebaut, die die Windparks auf See mit dem Stromnetz an Land verbinden. Bei den Bauarbeiten im Wattenmeer zwischen den Küstenorten und den Nordseeinseln Baltrum und Norderney werden die Wattfahrwasser bei Flut genutzt, um Materialien wie Kabelschutzrohre zu transportieren und Unterwasserkabel zu verlegen. Daher kommt es seit diesem Jahr bis voraussichtlich 2029 in den Sommermonaten zu zeitweisen, teils auch tagelangen Sperrungen der Wattfahrwasser, die bei der Törnplanung berücksichtigt werden müssen.