Krimi um Yachthafen Lippe”Der Graf will uns einfach loswerden!”

Nils Leiterholt

 · 14.04.2025

Krimi um Yachthafen Lippe: ”Der Graf will uns einfach loswerden!”
Der Yachthafen Lippe ist schon länger in den Schlagzeilen. Bereits im Dezember 2024 berichteten wir über die Schwierigkeiten, vor denen die Betreiber des Yachthafens standen. Damals wurde allen Liegeplatzinhabern zum März 2025 gekündigt.

Der Yachthafen Lippe zu besseren ZeitenFoto: behrensdorf-ostsee.deDer Yachthafen Lippe zu besseren Zeiten

Der Yachthafen Lippe steht vor dem endgültigen Aus. Schon in der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit darum gegeben, wer für das Ausbaggern der Fahrrinne vor dem Ostsee-Hafen zuständig war. Das Problem: Etwa 20 Meter vor der Hafeneinfahrt liegt eine Sandbank, die regelmäßig freigebaggert werden muss. Im Jahr 2022 einigte man sich darauf, Lippe als Nothafen zu deklarieren. Mit diesem Konstrukt sollte es möglich sein, dass die Kosten von rund 60.000 Euro für das Ausbaggern durch das Land Schleswig-Holstein getragen werden.

Die Angelegenheit wurde allerdings zur Hängepartie: Im Innenministerium Schleswig-Holsteins verschoben sich die Verantwortlichkeiten, künftig sollte nicht mehr das Referat Katastrophenschutz, sondern das Referat Feuerwehrwesen verantwortlich sein. Aber auch diese Hürde wurde überwunden, sodass der Fortbestand des Hafens sicher schien.

Bohrmuschel zieht Lippe den Stecker

Im Dezember 2024 dann der Schock für die Liegeplatzinhaber: Nachdem das Problem der Finanzierung des Ausbaggerns gelöst schien, kündigte die Verwaltung des Guts Waldersee ihnen zum März diesen Jahres. Als Grund nannte der Besitzer des Hafens, Graf Franz von Waldersee, dass die Konstruktion der Holzmole an der Hafeneinfahrt so stark von der Bohrmuschel „Teredo Navalis“ befallen sei, dass die Mole einsturzgefährdet und ein sicherer Betrieb des Hafens nicht mehr möglich sei. Die Verwaltung des Guts bestätigte gegenüber der YACHT, dass der Hafen in diesem Frühling nicht mehr eröffnet werde.

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Mitglieder des ansässigen Yachtclubs Lippe/Ostsee sind skeptisch

„Ich kann mir das mit der Bohrmuschel beim besten Willen nicht vorstellen“, sagt Andreas Medelin. Der erste Vorsitzende des im Hafen zwischen Kiel und Fehmarn ansässigen Vereins „Yachtclub Lippe/Ostsee“ geht davon aus, dass die Bohrmuschel eine Erfindung des Grafen sei, um die Bootsbesitzer loszuwerden. Hintergrund ist ein Gerichtsstreit zwischen der Gutsverwaltung und dem Segelverein.

Was passiert mit den Schiffen auf dem Gelände?

„Mein Stand vom Sonntagmorgen ist, dass noch mindestens 50 Prozent der Schiffe, die im Winterlager des Hafens gestanden haben, noch auf dem Gelände sind“, so Alexander Medelin. „Das sind ungefähr 40, 50 Schiffe, die da mit Sicherheit noch liegen“. Wie es mit diesen weitergehen soll, ist bislang unklar. Eigentlich wollte Graf von Waldersee das Grundstück bis zum 31. März von den Bootsbesitzern geräumt wissen. „Viele haben aber das Problem, dass sie die Schiffe schlicht nicht wegbekommen“, erklärt Medelin. Ihm zufolge würde ein erheblicher Anteil auf Hafentrailern lagern, die nicht zum Straßenverkehr zugelassen sind. „Das sind irgendwelche zusammengeschusterten LKW-Anhänger. Die sind wirklich nur für den Hafenbetrieb geeignet, um zehn Meter zur Slipanlage und wieder zurück zu fahren“, ergänzt er.

Vorsitzender kämpft um Fortbestand des Vereins

Der Liegeplatz von Medelin wurde bereits vor Jahren ohne Angabe von Gründen gekündigt. „Ich glaube, das ist eine Strategie, dem Vorsitzenden vor mir hat er ebenfalls gekündigt. Er denkt wohl, er treffe die Mitglieder am ehesten, wenn er die Spitze des Eisbergs ankratzt“, sagt Medelin. Er hat sein Boot mittlerweile in der Marina Wendtorf liegen, will aber trotzdem weiter für „seine“ Mitglieder da sein. Er sagt: „Mir ist es egal, ich bin jetzt in Wendtorf mit meinem Schiff, bleibe aber erster Vorsitzender und unsere Veranstaltungsräume bleiben auch an der Lippe.“ Das eine habe ja mit dem anderen nichts zu tun, so Medelin, auch wenn sein Boot nicht mehr in Lippe läge, könne er ja trotzdem weiter als erster Vorsitzender des Segelvereins fungieren. Der Club betreibt derweil noch Räumlichkeiten im sonst nahezu verlassenen Hafen.

Gerichtsstreit über Mietvertrag

„Wir als Yachtclub haben vom Grafen bislang keine Kündigung erhalten, er kann uns auch nicht mal eben so kündigen“, sagt Medelin. Ihm zufolge haben die Eltern von Franz Graf von Waldersee, genauer sein Vater, per Handschlag mit dem Segelverein einen Vertrag geschlossen. „Ein alter Schleswig-Holsteinischer Handschlagvertrag ist nach 30 Jahren kündbar, danach läuft er unbefristet weiter“, so Medelin. Eben dieser Handschlagvertrag ist auch Bestandteil eines Gerichtsverfahrens, in dem der Graf versucht, gegen den Segelverein vorzugehen. Nachdem anfangs eine gute Stimmung zwischen dem Grafen und den Seglern geherrscht und Franz von Waldersee sogar ihre Feierlichkeiten besucht haben soll, versuche er sie jetzt loszuwerden, so Andreas Medelin. Graf von Waldersee wollte auf unsere Fragen nicht antworten.

Über die Bohrmuschel „Teredo Navalis“

Die „Teredo Navalis“ war ursprünglich in tropischen und subtropischen Gewässern beheimatet. Sie wurde allerdings bereits im 18. Jahrhundert nach Europa eingeschleppt und hat sich seitdem in vielen Gewässern weltweit, einschließlich der Nord- und Ostsee, ausgebreitet. Der Seeschädling kann enorme Schäden an Holzstrukturen anrichten, da er sich von Holz ernährt und dabei Tunnel von etwa einem Zentimeter Durchmesser und bis zu 60 Zentimetern Länge bohrt. Aus diesem Grund werden die Bohrmuscheln auch „Termiten der Meere“ genannt.


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