Fabian Boerger
· 19.10.2024
Als GEOMAR kümmern wir uns um das Riff- und Seegrasmonitoring, und wir haben die Situation der Fischbestände im Blick. Wir geben also wissenschaftlichen Input und sind unmittelbar beteiligt.
Ich nehme an, dass das schleswig-holsteinische Umweltministerium die Pläne erst einmal sehr detailliert und sorgfältig ausarbeitet. Im Anschluss wird es eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben. Das kann jetzt noch rund ein halbes Jahr dauern. Das ist aber der ganz normale Hergang.
Exakt. Dabei geht es auch um die Befahrensregelungen. Das ist rechtlich nicht ganz trivial. Heißt: Wer darf wann und wie in die Gebiete fahren, welche Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es und so weiter. Da werden vom Land Vorschläge vorbereitet, die werden dann öffentlich diskutiert. Genehmigen muss das aber schließlich der Bund.
Dass man in der südwestlichen Ostsee mit Nullnutzungszonen arbeitet, ist lange überfällig und betrifft vor allem die Fischerei. Überall auf der Welt ist das mittlerweile ein bewährtes Instrument – und das schon seit 25 bis 30 Jahren.
Naja, für Wassersportler sind die Einschränkungen im Aktionsplan minimal. Was sich ändert, ist, dass es in Kernzonen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von fünf bis zehn Knoten geben soll. Dabei handelt es sich um Regionen, die für Meeressäuger wie Schweinswale besonders wichtig sind.
Die Bereiche, in denen es im Winter (von November bis März, Anm. d. Red.) Fahrverbote geben soll, sind Vogelschutzzonen. Dort überwintern vor allem Enten, die aus dem skandinavischen Raum hierherkommen. Die Einschränkungen gelten also nur auf sehr wenigen wohldefinierten Flächen, die aber für Wasservögel sehr wertvoll sind.
Absolut. Es trifft höchstens die Hardcore-Surfer, die im Winter surfen wollen. Den normalen Segler stört das wohl nicht. Mitten im Winter sind ohnehin 98 Prozent der Boote aus dem Wasser. Deswegen war die Debatte über die geplanten Einschränkungen sowieso ein Sturm im Wasserglas.
Das Ganze wird nicht aus Jux und Tollerei gemacht. Ich meine, die Vögel kommen aus ganz Skandinavien hierher und brauchen einfach ihren Ruheplatz. Die Maßnahmen sind kein Kompromiss; das sind sinnvolle Schritte.
Aber zur ganzen Wahrheit gehört natürlich auch: Die hauptsächlichen Ursachen liegen anderswo; so ist beispielsweise die Munitionsbergung ein wichtiges Thema, und auch der Nährstoffeintrag ist ein riesiger Punkt. Das wird zwar im Aktionsplan angegangen, aber ich denke, da ist man noch nicht energisch genug. Aber nein: Grundsätzlich sehe ich bei den Gebietseinschränkungen nicht die Notwendigkeit, darüber hinauszugehen.
Ja, genau. Denn das Problem ist, dort wo Segler gerne ankern, weil es ruhig und geschützt ist, hat es auch das Seegras am liebsten. Dort muss man Kompromisse finden.
Absolut. Zu solchen Alternativen wird im Mittelmeer bereits viel geforscht. Dort gibt es deutlich mehr Superyachten. Deren Anker üben einen viel höheren Druck auf den Boden aus und richten eine entsprechend größere Zerstörung an. Deshalb wird dort mehr mit fixen Ankerpunkten gearbeitet. Dabei ist wichtig, dass die Ankerkette mit einer extra Boje straff gehalten wird. Sie verhindert, dass die Kette umherschwojt und in einem bestimmten Radius das gesamte Seegras abrasiert. Wenn man die seegrasfreundlichen Ankerpunkte in der Ostsee einrichtet, dann würde man gleich die bessere Lösung wählen.
Man sollte das Thema Meeresschutz positiv sehen, selbst Dinge anstoßen und auch darüber hinausgehen, was gesetzlich gefordert ist. Es gibt Bereiche, da ist noch Luft nach oben – zum Beispiel bei der Entleerung chemischer Toiletten oder beim Thema Antifouling. Aber darüber hinaus sind die Boote, wenn sie über die Seegrasfelder hinwegsegeln, überhaupt kein Problem.
Der Wissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel leitet dort den Forschungsbereich zur Marinen Ökologie und beschäftigt sich mit den biologischen Effekten des globalen Wandels. Zusammen mit seinen Forscherkollegen erarbeitet er unter anderem verschiedenste Methoden zur Regenerierung von Seegraswiesen.