Charter-VertragMeilenstein für die Kundenrechte

Andreas Fritsch

 · 16.09.2024

Charter-Vertrag: Meilenstein für die Kundenrechte
Charter-Vertrag: Sicherer dank Standard-Vertrag? | Photo: S. Reineke/YACHT
Der europäischen Verbände ICOMIA und EBI, sowie der deutsche VDC haben zusammen mit dem Versicherungsmakler YACHT-Pool einen Charter- Rahmenvertrag entwickelt, der ausgewogen sein soll für Kunden und Flotten. Keine leichte Kost, aber dafür bleiben kaum Fragen unklar

In der Charterszene sind die Verträge zwischen Flottenbetreiber und Endkunden seit Jahren ein schwieriges Thema. Jeder kochte da sein eigenes Süppchen, manche AGB’s (Allgemeine Geschäfts-Bedingungen) waren eine knappe DIN-A4 Seite lang, andere 8 Seiten lang in winzigen Schriftgrößen. Nicht wenige Verträge der Vercharterer häuften den Skipper bergweise Pflichten auf, machten in Sachen eigener Haftung aber einen auffällig schlanken Fuß.

So warnte die YACHT dann auch immer wieder vor ziemlich kritischen Klauseln in den Verträgen, die mitunter nahezu unkalkulierbare Risiken mit sich brachten. Und da gab es viele: Etwa wenn die im Vertrag genannte Kautionssumme, gemeinhin die Höhe der Selbstbeteiligung der Kasko-Versicherung des Bootes, im Vertrag so beschrieben wurde: “Die Kaution muss nicht der Höhe der Eigenbeteiligung der Kasko-Versicherung entsprechen”. Letztere wird aber nirgendwo genannt. So unterschrieb der Skipper quasi einen Blanko-Scheck für den Flottenbetreiber. Das konnte teuer werden.

Charterverträge haben oft Fallstricke für den Kunden

Oder wenn im Vertrag so Klauseln standen wie “Defekte oder fehlende Ausrüstung an Bord berechtigt den Kunden nicht zur Minderung des Charterpreises”. Auf gut Deutsch: Bugstrahler kaputt, Autopilot geht nicht, Außenborder vom Dinghi fehlt - keine Chance auf eine finanzielle Entschädigung. Die Yacht hat sogar schon Verträge gesehen, in denen die Segel oder Beiboote aus der Kasko-Haftung herausgenommen wurden.

Man muss zwar klar sagen, dass bestimmt 90 Prozent der Charterurlaube ohne größere Probleme über die Bühne gehen und die Kunden ihre Verträge gar nicht näher lesen zu brauchen, doch sie sollten es tun, denn dort wird viel sehr Wichtiges geregelt: Wieviel muss man zahlen, wenn man vom Törn kurzfristig zurücktreten muss? Wie lange muss man Warten, wenn ein Schiff bei Ankunft der Crew nicht startklar ist?

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Die Europäischen Branchenverbände wollten den Standard definieren

Diesem Problem sollte nun einmal auf europäischer Ebene angegangen werden. Dafür hat das International Council of Marine Industry Associations (ICOMIA), und der Verband European Boating Industry (EBI) als Grundlage den Fair-Charter-Vertrag des deutschen Versicherers YACHT-Pool genommen und zusammen mit den nationalen Charterverbänden, in Deutschland der Vereinigung Deutscher Yacht- Charterunternehmen (VDC), zu einem Standardwerk entwickelt. Nach langer Abstimmung ist so ein rund 5 Seiten langes Papier entstanden, dass die Rechte und Pflichten von Kunden und Flottenbetreibern ausgewogen darstellt und vor allem auch neueres EU-Recht berücksichtigt.

“Es war nämlich durchaus so, dass Charterverträge einzelner Flottenbetreiber Regelungen beinhalteten, die gar nicht mit EU-Recht vereinbar sind”, sagt Dr. Friedrich Schöchl, vom Versicherungsmakler YACHT-Pool. Schon vor vielen Jahren hatte sich seine Firma dem Missstand angenommen und den sogenannten “Fair-Charter-Vertrag” formuliert, der dem Dilemma ein Ende setzen sollte. In Kroatien fand der Vorschlag auch viel Gehör, aber im internationalen Chartermarkt blieb er die Ausnahme. “Die EBI ist dann auf mich zugekommen und haben gefragt, ob man nicht zusammen auf Grundlage des Vertrages ein Standardwerk für den Europäischen Markt entwickeln könnte. Das ist nun geschehen.”

Viel Unkenntnis der Flottenbetreiber

Und so wurden gleich zwei alte Zöpfe des Vertragsrechtes abgeschnitten, dass noch immer in den Köpfen vieler Skipper, Agenten, Flottenbetreiber und auch Rechtsanwälte steckt: “Zwei wichtige Punkte betreffen den Klageort und das Recht, nachdem verhandelt wird, wenn um eine Charter gestritten wird. Da dachten viele Flottenbetreiber noch immer, der deutsche Kunde müsste sie am Sitz der Firma verklagen, was wirtschaftlich wegen Reisekosten, Übersetzungskosten etc. Jahrzehntelang wirtschaftlich unsinnig war.”

Das wussten manche Flottenbetreiber und wähnten sich so in Sicherheit. ”Doch die EU hat das über die Verbraucherschutzrechte längst geklärt: Hat die Firma, über die der Vertrag geschlossen wird, eine deutsche Webseite und deutsche Verträge, gilt deutsches Recht, egal wo die Firma im Ausland sitzt. Und Zweitens: Verhandelt wird an dem Gericht das am Wohnort des Kunden liegt!”, so Dr. Schöchl.

Nun gibt es also diese EU-abgestimmten “Allgemeinen Charterbedingungen”, die von den jeweiligen Landesverbänden der Charterszene ihren Mitgliedsbetrieben und den Flottenbetreibern an Herz gelegt werden. Allerdings: verbindlich ist dies nicht, jede Firma entscheidet selber, ob sie den Regelungen folgt oder nicht. Als Richtlinie dürfte die Empfehlung aber sicher auf offene Ohren stoßen, sparen sich Firmen doch so eigene, teure juristische Beratung .

Auch bei der Vereinigung Deutscher Yacht- Charterunternehmen (VDC) ist man froh, dass endlich Bewegung in das Thema gekommen ist, so deren 1. Vorsitzender Christian Zaloudek: “Wir führen seit vielen Jahren Gespräche mit unseren europäischen Flotten-Partnern über die Vereinheitlichung der Verträge. Das ist einfach viel kundenfreundlicher, macht es für ihn und auch die Agenturen viel übersichtlicher. Daher haben wir auch engagiert an der Entwicklung dieses gemeinsamen Standard-Vertrages in vielen Beratungsrunden mitgearbeitet. Und für die Zukunft können wir diesen jetzt unseren Flotten-Partnern wärmstens empfehlen, dass hat nochmal ein ganz anderes Gewicht. Ich denke, das wird Gehör finden.”

Die Vorteile für Skipper

Was steht nun aber eigentlich drin, was bemerkenswert und besser für die Chartercrews ist? Da wäre schon einmal unmissverständlich die Regel, dass eine Verzögerung der Übergabe der Charteryacht, etwa weil sie noch repariert werden muss, zu einer anteiligen Minderung des Charterpreises berechtigt. Einen Tag aufs Schiff gewartet? Einen Tag weniger bezahlt!

Auch Ausrüstungsmängel, also defekte oder fehlende Ausrüstung berechtigt jetzt zu finanzieller Kompensation. Das zugesagte Bugstrahlruder fehlt? Es gibt kein Außenborder zum Dinghi?

Ärger gibt es auch immer wieder um die Rückgabe der Kaution. Die behalten Firmen immer mal wieder länger ein, obwohl es keine Beanstandungen gab. Nun ist geregelt: 24 Stunden nach Rückgabe muss das Geld wieder freigegeben sein. Ebenfalls manchmal ein Problem: Die Crew will ein Boot zurückgeben, aber vor ihrer Rückreise kommt kein Basis Mitarbeiter für den Check-Out. Nach dem neuen Vertrag gelte dann: Wird das Boot fristgerecht zurückgegeben und der Basisleiter schafft keine Übernahme oder verweigert eine unterschriebene Kopie des Rückgabeprotokolls, gilt das Boot dann als einwandfrei zurückgegeben.

Das gute des neuen Vertrages ist, dass er viele solcher kleinen Details regelt, die in der Praxis vorgekommen. So sieht es auch Dr. Friedrich Schöchl: “Es sind viele Dinge aus jahrzehntelanger, erlebter Praxis mit unseren Kautions- und Skipper-Haftpflichtversicherungen in den Vertrag eingeflossen.”

Dazu gehört übrigens auch ein Punkt, der lange Zeit von Charterfirmen still und heimlich totgeschwiegen wurde: Die GPS-Verfolgung der Schiffe. Die werden schon seit Jahren bei vielen Flotten mit entsprechenden Sensoren versehen. Wie das mit dem europäischen Datenschutz zusammengeht, war immer so eine Frage, die niemand so richtig angehen wollte. Im neuen Vertragsentwurf wird die GPS-Ortung der Schiffe nun offen angemerkt.

Natürlich enthält das 5-Seitige Papier auch diverse Pflichten für den Skipper: Schäden sofort melden, Strafen bei verspäteter Rückgabe, Haftung bei grob Fahrlässigem handeln über die Versicherung hinaus und ähnliches. Deshalb sollte die Lektüre der AGB’s einer Charter einfach dazugehören, auch wenn kaum jemand im Zuge der urlaubs-Vorfreude Lust dazu hat.

Meistgelesen in der Rubrik Reisen