Zwischen Saisonfiasko und NeubeginnDänische Häfen nach der Sturmflut

Fabian Boerger

 · 10.09.2024

Zwischen Saisonfiasko und Neubeginn: Dänische Häfen nach der SturmflutFoto: picture alliance/EPA/INGRID RIIS DENMARK OUT
Im Oktober 2023 verwüstete die Sturmflut den Hafen von Hesnæs. Selbst ein Jahr später hat er wegen der vielen Schäden noch nicht öffnen können.
Einige Häfen entlang der deutschen Ostseeküste sowie im Nachbarland Dänemark kämpfen noch heute mit den Folgen der Sturmflut. Doch wie ist der aktuelle Stand? Wir haben nachgefragt.

Es waren Kräfte der besonderen Art: Eine verheerende Sturmflut wütete vergangenen Oktober in Teilen Schleswig-Holsteins, Mecklenburg-Vorpommerns und im südöstlichen Dänemark. Mancherorts rissen Sturm und Wellen Löcher in Hafenmolen, versenkten Yachten, zerstörten Stege, Dalben und spülten ganze Strandabschnitte weg.

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Das war vor fast einem Jahr. Vieles ist seither geschehen. Deiche wurden repariert – zum Beispiel im besonders betroffenen Arnis – oder neu aufgeschüttet. Es wurden ganze Stege neu beplankt, Pfähle eingerammt, Strom- und Wasserleitungen verlegt sowie zugehörige Säulen repariert. So geschehen in Maasholm oder in Kiel-Schilksee. Alles, damit der Segelsaison 2024 nichts im Wege steht (die YACHT berichtete).

Einige Sturmflut-Schäden noch immer sichtbar

Doch es geht auch anders. In Schleimünde sieht die Mole noch immer aus, als wäre sie von einem Sprengkörper getroffen worden. Wenige Seemeilen weiter – im Yachthafen von Damp – sind weiterhin Teile der Marina gesperrt. Etwas weniger als ein Drittel der 365 Liegeplätze können derzeit genutzt werden.


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Zusätzlich explodieren dort gerade die Kosten. Das Problem: Der Hafen müsse für den Wiederaufbau und Umbau ausgebaggert werden, sagt die Damper Bürgermeisterin Barbara Feyock. Das Baggergut sei aber durch Giftstoffe von den Booten kontaminiert und die Entsorgung teuer und aufwändig.

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Dänemark: Lage privater Häfen angespannt

Blickt man hinüber ins benachbarte Dänemark, ist die Lage ähnlich. Der Verband der dänischen Marinabetreiber bezifferte den Schaden der Sturmflut Anfang dieses Jahres auf rund zwölf Millionen Euro. 59 Häfen sind demnach betroffen gewesen. Die Schadenssumme beläuft sich laut Verband auf 90 Millionen Kronen, rund zwölf Millionen Euro.

Und was sich bereits im Oktober abzeichnete, wird heute umso deutlicher: Vor allem die Lage einiger privat betriebener Häfen bleibt weiter angespannt. Ähnlich wie in Deutschland werden sie nicht von staatlichen Fördermaßnahmen berücksichtigt. Reparaturen an Steganlagen, Molen oder im Hafenbecken müssen sie zum Großteil aus eigener Tasche bezahlen. Für viele ist das eine immense Hürde.

Keine staatliche Hilfe, dafür großer Zusammenhalt

Zum Beispiel in Avernakø – einer Insel südlich von Fünen und nur wenige Seemeilen von Faaborg entfernt. Der Hafen ist nicht in kommunaler Hand, sondern Eigentum der Inselbewohner. Während der Sturmflut stieg das Wasser hier über zwei Meter über Normalnull. Das sind etwa 60 Zentimeter mehr als die Höhe der aktuellen Mole. Im Servicehaus stand das Wasser fast einen halben Meter hoch und auch das Café am Hafen war überflutet.

Henning Storm, der damalige Hafenvorstand, erzählt im Gespräch mit der YACHT: „Wir versuchen, die Saison bestmöglich zu bewältigen.” Doch die Schäden seien gravierend, sagt er. Nur der mittlere Steg im rechteckigen, von einer Mole umschlossenen Hafen könne inzwischen von Gastliegern genutzt werden. Dort können 40 Yachten liegen, je 20 auf jeder Seite. Die lokalen Boote habe man an den östlichen Steg verlegt. Eine Übergangslösung, sagt er, da die Schäden dort nur notdürftig repariert sind.

Ein Schritt nach dem anderen

Und die Plätze an der West- und Nordseite? Da könne man erstmal nichts machen, sagt Storm. Die Sturmflut habe sie komplett zerstört. Wann sich daran etwas ändert: Vielleicht im nächsten Jahr? Genau weiß er es nicht. Jetzt im Herbst soll zunächst einmal die Mole um etwa einen halben Meter erhöht und der Ost-Steg erneuert werden. Auch das Servicehaus sowie das Café sind mittlerweile wieder renoviert.

Die Inselbewohner rechnen für die Bauarbeiten mit Kosten von etwa 100.000 Euro. Den Großteil wollen sie durch Fondfinanzierungen abdecken, aber sie haben auch um private Spenden gebeten. Dafür haben sie einen Flyer im Hafen aufgehängt und auf ihre Lage aufmerksam gemacht. Bisher sind dadurch rund 1000 Euro zusammengekommen, sagt Storm. Noch hilfreicher sei jedoch das große, private Engagement. Storm: „Ein Viertel aller Inselbewohner hat bei uns im Hafen mit angepackt und viele Tage geholfen.“

Mommark: Seit Mai wieder vollständig geöffnet

Ähnlich wie dem Hafen in Avernakø geht es auch anderen - zum Beispiel der kleinen Marina in Mommark. Auch sie wird privat betrieben, auch sie liegt nach Osten hin offen. Carsten Kock hat den Hafen 2013 von der Gemeinde Sønderborg übernommen. Im November 2023 bezifferte er seinen Schaden gegenüber dem dänischen Fernsehsender TV Syd auf etwa acht bis zehn Millionen Kronen. Auf staatliche Sturmflut-Hilfe hofft auch er nicht mehr, da Hafen- und Kaianlagen nicht versichert sind.

Obwohl einige Schäden noch sichtbar sind, ist der Hafen seit Mai wieder vollständig geöffnet.Foto: PrivatObwohl einige Schäden noch sichtbar sind, ist der Hafen seit Mai wieder vollständig geöffnet.

Im Gespräch mit der YACHT erzählt Kock, dass die Saison bisher gut gelaufen sei. Ein Grund sei das schöne Wetter Ende August und Anfang September gewesen. Das hätte die Saison etwas verlängert. Doch insgesamt habe er einen Rückgang von rund 30 Prozent festgestellt. Ein Teil davon sei der allgemeine Rückgang, aus anderen Häfen habe er Ähnliches gehört.

“Viele dachten, der Hafen sei geschlossen”

Ein anderer Teil könnte einen anderen Grund haben, sagt Kock. “Uns hat getroffen, dass viele Segler gedacht haben, dass der Hafen geschlossen sei.” Noch immer riefen ihn Segler an und würden nachfragen. Dabei sei der Hafen seit Mitte April mit etwa der Hälfte der Plätze geöffnet gewesen, ab Mai sogar vollständig. Bei der Gastronomie oder beim Camping sei alles zu 100 Prozent wieder geöffnet.

Bei den Stegen und der Mole zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Die Stege seien bestmöglich zusammengebastelt, aber man sehe noch deutlich die Schäden, so Kock. Auch die Schutzmole sei noch völlig kaputt. 600.000 Euro habe er für die Arbeiten bisher einsetzen müssen. Für die Mole sowie die Stege würden erneut 800.000 Euro hinzukommen – Kosten, die er selbst zu tragen hat.

Wie sinnvoll ist die Molen-Erneuerung?

Er kann nicht nachvollziehen, warum er keine staatliche Unterstützung erhält. Bei anerkannten Sturmfluten hätte statt der Versicherung der Danish Natural Hazard Council die Schäden übernehmen müssen. Kommunale Häfen haben viel Geld bekommen, sagt Kock. Private Hafenanlagen oder Kais sind jedoch auf der Negativ-Liste der Behörde und gehen leer aus.


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Aufgrund der Kosten und eines anderen Projekts ist die Restaurierung der zerstörten Mole noch ungewiss. Der Hafen soll nämlich erweitert werden. Es sollen 180 neue Plätze für Sportboote und ein Industriehafen entstehen. Die wichtigsten Genehmigungen haben er und die Investoren bereits, so Kock. Das Projekt soll 20 Millionen Euro kosten und der Bau könnte in den nächsten zwei bis vier Jahren beginnen.

Düstere Stimmung in Hesnæs

Und während in Mommark und Avernakø eine gewisse Aufbruchsstimmung zu spüren ist, bleibt es eher düster in Hesnæs auf der Insel Falster. Er gehört zu den besonders stark getroffenen Häfen in Dänemark. Teile der Anlage wurden völlig zerstört. Auch deshalb blieb der vor allem bei deutschen Seglern beliebte Stopover-Hafen diese Saison geschlossen.

Manche lassen sich davon nicht abhalten: „Obwohl der Hafen geschlossen ist, fahren immer noch Segler hinein“, sagt Kristian Magnussen. Das sei nicht ungefährlich, so der Hafenmeister, denn im Hafenbecken liegen noch große Felsbrocken. Dazu kommt der Kai im Osten des Hafens. Besonders größere Yachten können dort längsseits anlegen. An mehreren Stellen ist der Beton aufgebrochen.

Hafenöffnung unsicher – möglicherweise Sommer 2025

Einen konkreten Plan für das weitere Vorgehen gibt es nicht, sagt Magnussen. Zunächst stehe die Reinigung des Hafenbeckens an. Im nächsten Frühling soll es von Steinen und Müll befreit werden. Auch die Idee, den beschädigten Betonkai vorübergehend mit Holz zu bedecken, wird diskutiert. Laut Magnussen koste es viel Geld, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Im kommenden Sommer wolle man dann auch wieder für Segler geöffnet haben, wenn alles wie geplant verläuft.


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