Ungewohnter AIS-Kontakt, Segeldrohnen überwachen Schifffahrtsstraße im Skagerrak und Kattegat

AIS-Kontakt mit einer der Segeldrohnen vor Anholt.
Foto: YACHT / Hauke Schmidt
Wer im Sommer im Kattegat oder Skagerrak gesegelt ist, hat möglicherweise ein seltsames AIS-Signal beobachtet. Unter dem Namen Dalo Drone 2031 ist dort ein vergleichsweise langsames Fahrzeug unterwegs. Es ist eine von vier Segeldrohnen der dänischen Marine, die den Tiefwasserweg Route Tango überwachen.

Das Militär hat insgesamt vier Exemplare der Saildrone Voyager im Testeinsatz. Die 10 Meter langen Segeldrohnen sollen überwachen, was auf der Ostsee vor sich geht – über und unter Wasser. Sie sind lautlos und haben nahezu unbegrenzte Ausdauer – das macht die schwimmenden Drohnen des US-Herstellers Saildrone zum idealen Wächter auf See. Die völlig autonom operierenden, unbemannten 30-Fuß-USVs (die englische Abkürzung steht für Unmanned Surface Vessel) testet die dänische Marine seit Juni in der Ostsee. Während die in der Køgebucht im Südwesten der Insel Seeland stationierten Drohnen anfänglich im Öresund unterwegs waren, sind sie nun im Kattegat und Skagerrak auf Patrouille. Dabei sind sie in der Regel mit 2,5 bis 3,6 Knoten Fahrt unterwegs.

Angehörige des dänischen Streitkräfte beim Beginn des Tests der Saildrone Voyager in der Køge Marina.Foto: picture alliance; dpaAngehörige des dänischen Streitkräfte beim Beginn des Tests der Saildrone Voyager in der Køge Marina.

Segeldrohnen nutzen Wind und Sonne

Das Besondere an den Drohnen ist, dass sie im Regelfall nur den Wind benötigen, um in ihrem Aufgabengebiet zu patrouillieren. Dafür sorgt ein einzelnes großes Tragflächensegel mittschiffs, der Strombedarf für die Elektronik an Bord wird von der Sonne geliefert. Völlig den Elementen ausgeliefert ist die Voyager jedoch nicht: Für besondere Fälle, in denen größere Geschwindigkeit benötigt wird, steht zusätzlich ein diesel-elektrischer Antrieb zur Verfügung

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Insgesamt sind vier Voyager-Drohnen an dem Test beteiligt. Dabei will das dänische Verteidigungsministerium nicht nur die Technologie auf ihre generelle Eignung prüfen, sondern auch mögliche Einsatzkonzepte.

Neue Lage durch Russlands Angriffskrieg

Dabei können sie auch auf bereits gesammelte Erfahrungen der US-amerikanischen Marine, die die USVs von Saildrone seit mehreren Jahren einsetzt, etwa im Kampf gegen Drogenschmuggel und illegale Migration. Nach Angaben des Herstellers wurden so in allen Bereichen und Bedingungen weltweit bislang mehr als als eine Million Seemeilen mit den Segeldrohnen zurückgelegt.

Das Herausforderung für die dänische Marine und für die anderen NATO-Anrainer der Ostsee ist nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen russischen Angriffs auf die Ukraine stetig gewachsen. Der Bedarf an möglichst lückenloser Aufklärung ist stark gewachsen. Hier kommt die Segeldrohne ins Spiel.

Überwachung über und unter Wasser

Über Wasser sind es in erster Linie Schiffsbewegungen, die im Fokus stehen. Dazu gehören die Passagen der im zivilen Auftrag des Kremls operierenden Schattenflotte ebenso, wie jene von Kampfeinheiten der russischen Marine, die Flottenstützpunkte bei Sankt Petersburg und in der Exklave Kaliningrad betreibt. Um sich ein umfassendes Lagebild in einem Radius von bis zu 30 Seemeilen zu verschaffen, verfügt die künstliche Intelligenz an Bord über leistungsstarke Radar- und Kameraausrüstung, auch mit Infrarottechnik.

Unter Wasser geht es um den Schutz von wichtiger Infrastruktur wie Pipelines oder Datenkabel, die bereits mehrfach das Ziel von hybriden Sabotageaktionen waren. Daneben ist die Sensorik, die im nicht-militärischen Forschungsspektrum in der Lage ist, beispielsweise große Meeresbewohner wie Wale zu erfassen, auch in der Lage, russische Unterseeboote zu registrieren.

Die Segeldrohnen haben keinen Ausguck

Ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Sicherheit: Ausgestattet ist die Saildrone standardmäßig mit AIS-Tranceiver, Radar und Raderreflektor, den vorgeschriebenen Lichtern und natürlich Kameras zur Überwachung des Nahbereiches.

Nur eines kann sie als unbemanntes Fahrzeug nicht bieten: den nach Regel 5 der Kollisionsverhütungsregeln (KVR) vorgeschriebenen “gehörigen Ausguck (...), der einen vollständigen Überblick über die Lage und die Möglichkeit der Gefahr eines Zusammenstoßes gibt”. Nach allgemeinem Verständnis ist damit immer noch eine menschliche Person gemeint.

Ausblick: USVs bald nichts Besonderes mehr?

Nur muss das nicht immer so bleiben. In einem ersten Schritt, die neue Technologie zu normalisieren, wurde die Saildrone Voyager bereits im November 2023 vom American Bureau of Shipping (ABS) klassifiziert - als erstes USV überhaupt. Autonome Transportmittel, zu Wasser wie zu Lande und in der Luft, kommen in vielen Bereichen der kommerziellen Serienreife immer näher.

Was das für den Ablauf des Seeverkehrs im Allgemeinen und etwa das Wegerecht im Besonderen bedeuten wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Bis dahin sollten Skipper jedoch Umsicht walten lassen und besser früher als später eigenes Verhalten und eigenen Kurs anpassen. Besonders in diesem Sommer in dänischen Gewässern, wenn eine der zehn Meter langen grauen Drohnen mit großem Dannebrog auf dem Segel in Sicht kommt.

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