Text: Reinhold Quast
Unsere „Belle Epoque“, eine Biga 270, hat ihren Heimathafen eigentlich am Ammersee. Doch richtig wohl fühlt sie sich auf der Ostsee. Startpunkt ist Maasholm an der Schlei. Vorbei an Schleimünde segeln wir bei bestem Wetter unter Groß und Code Zero Richtung Bagenkop auf Langeland.
Mit seinen bunten Häuschen hat der Hafen nordisches Flair – perfekt als Auftakt zu unserem Törn nach Kopenhagen. Dovns Klint ist die Südspitze Langelands, ein großer Leuchtturm thront auf der Klippe. Wir schiften die Segel und steuern in den Großen Belt.
Unter Vollzeug geht es neben dicken Frachtpötten hinauf nach Onsevig. Der kleine Ort liegt im Norden Lollands mitten in der Natur und voll auf unserem Weg. Hier beginnt nach Osten das Smålandsfahrwasser, das Seeland von den großen Inseln Lolland, Falster und Møn trennt. Es bildet mit dem Ulvsund und Bøgestrøm einen idealen Durchschlupf zum Öresund, die Grenze von Dänemark und Schweden. Strom und enge Fahrwasser müssen aber beachtet werden.
Wir lassen uns bei Sonne und achterlichem Wind raumschots bis zur Insel Femø schieben. Neben blühenden Gärten sind es kleine Parklandschaften mit Kunstimpressionen, die die bereits von ihrem Jazz-Festival international bekannte Insel prägen. Ein Besuch des Kro von 1659 lohnt übrigens auch, und abends erleben wir einen grandiosen Sonnenuntergang am Strand.
Der nächste Tag führt uns nach Vordingborg in die Wikingerzeit. Mit kräftigem achterlichen Strom gleiten wir unter der Storstrømsbro hindurch, und gleich danach zweigen wir in das enge Fahrwasser nach Vordingborg ab. Hier baute der legendäre König Waldemar 1130 eine seiner größten Burgen. Heute kann man vom Hafen bequem hinaufschlendern und die Ruine mit dem Gänseturm besichtigen. Von hier aus ist man auch gleich in der Stadt, wo es neben Pubs und Restaurants auch gute Einkaufsmöglichkeiten gibt.
Ein besonderes Segelerlebnis haben wir dann von Vordingborg nach Nyord: Dieser Abschnitt erinnert beinahe an eine Flusslandschaft mit ihren vielen Windungen. Zu beiden Seiten vermitteln Bäume, Wiesen und kleine reetgedeckte Häuser tiefe Ruhe. Der Strom, der hier kräftig mitläuft, erlaubt uns, nur unter Fock entspannt den Ulvsund hinunterzusegeln. Südlich liegt die Insel Møn, und bei Kalvehave passieren wir die vielleicht schönste Brücke in Dänemark, die Dronning Alexandrines Bro.
Wir erreichen Nyord mit seinem idyllisch kleinen Hafen, dessen Einfahrt kaum fünf Meter misst. Nyord war noch Anfang letzten Jahrhunderts Lotseninsel für Schiffe, die den Bøgestrøm mit seinen unzähligen Windungen und Bänken hinaufsegelten. Ein Spaziergang führt auf den Hügel zum ehemaligen Lotsenhaus, wo man Fotos aus alter Zeit findet. Wie ein großer Spiegel reflektiert das Wasser die Farben des Himmels.
Wir folgen der alten Route, penibel am Tonnenstrich entlang durch viele Kehren und Windungen hinaus in die Faxe Bugt. Der achterliche Wind lässt uns öfter halsen, und draußen frischt der Wind kräftig auf. Kurz vor Rødvig erreicht er in Böen über 20 Knoten. Der Hafen ist recht voll, viele Segler wollen von hier zur Südküste Schwedens. Wir planen für den nächsten Tag eine Wanderung zu einem besonderen Ort: Stevns Klint, vom Hafen in kurzer Wanderung erreicht, ist UNESCO-Welterbe.
Hier wurde anhand von Ascheschichten in der Steilküste jener Meteoreinschlag im Golf von Mexiko nachgewiesen, der vor 66 Millionen Jahren das Ende der Dinosaurier einleitete. Die Wanderung geht immer am Rand der Klippen entlang mit fantastischem Blick auf den Öresund. Das Wasser unten funkelt karibisch.
Für die nächste Woche ist ein stabiles Hoch mit östlichen Winden über diesem Teil von Dänemark angesagt. Das passt genau in unseren Plan. Von Rødvig mühen wir uns bei schwachem Wind durch die große Køge Bugt, wo schon entscheidende Seeschlachten ausgetragen wurden. Am Ende sind wir froh, als wir endlich Dragør erreichen. Früher ein wichtiger Hafenort, ist er heute ein beliebtes Ausflugsziel von Kopenhagen, das von hier aus im wahrsten Sinne um die Ecke liegt.
Von Dragør ist man schnell in Kopenhagen, was einer erfolgreichen Liegeplatzsuche dort entgegenkommt. Wir steuern die Metropole von Norden an, passieren den königlichen Anleger und die moderne Oper. Kurz vor der Brücke zum Nyhavn biegen wir links zum Christianshavn ab und schieben uns langsam in den kleinen Hafenkanal. Er ist unterteilt in den vorderen, freien Stadthafen und den hinteren, privat geführten Gästehafen, der eine Anmeldung erfordert.
Wir haben tatsächlich Glück und finden eine Lücke neben einem Hausboot im Stadthafen. Wir verbringen einige schöne sommerliche und spannende Tage in der lebendigen Großstadt, bevor nicht nur in dieser Hinsicht Kontrastprogramm ansteht: die schwedische Insel Ven. Unter Groß und Code Zero rauscht unsere Biga durch den Öresund nach Norden.
Der urige Hafen Kyrkbacken im Westen Vens liegt direkt vor der Steilwand, an deren oberer Kante die mittelalterliche Kirche Sankt Ibbs mit dem ehrwürdigen Friedhof und seinen altersschiefen Kreuzen über die Insel wacht. Die Wanderung hinauf wird mit einer großartigen Aussicht belohnt: In der Ferne sieht man Dänemark und aus dem Dunst heraus über dem Wasser im dramatischen Gegenlicht die Skyline von Kopenhagen aufragen.
Schon endet unser kurzer Abstecher nach Schweden wieder, und bei stabilem Ostwind segeln wir den Öresund hinauf ins Kattegat. Der große Fischereihafen Gilleleije ist unser nächstes Ziel, die Logge zeigt bis zu sieben Knoten an. Zwischen Helsingør und Helsingborg lassen wir die schnellen Autofähren passieren, die hier selbst nach dem Bau der großen Brücke noch immer pendeln. Backbord liegt das berühmte dänische Schloss Kronborg, die Heimat von Shakespeares Hamlet.
Teil 2 folgt demnächst