Andreas Fritsch
· 22.03.2024
Es ist die Gretchenfrage bei wohl jeder Charterbuchung: Wie finde ich eine Basis, die ihre Schiffe richtig gut wartet? Wo man sich während des Törns nicht mit unterschiedlichsten technischen Defekten herumschlägt, über ranzige Nasszellen, blinde Fenster, fleckige Kojenpolster, siffige Motorbilgen oder diverse andere Kleinigkeiten ärgert, die nun mal auftreten, wenn ein Boot in die Jahre kommt und der Flottenbetreiber dessen Pflege und Instandhaltung nicht im Griff hat.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, befragt die YACHT in loser Folge große deutsche Charteragenturen, welche Firmen ihren Job so gut machen, dass man dort bedenkenlos einen Stammkunden auch mit einem sechs, acht oder sogar zehn Jahre alten Schiff auf Törn gehen lassen kann.
Diese Frage stellt sich aktuell noch mehr als früher. Im Chartermarkt hat die Inflation mittlerweile tiefe Spuren hinterlassen. Die Charterwochen sind vor allem 2022 und auch 2023 vielerorts deutlich teurer geworden. Die Preissteigerungen sind zwar je nach Revier sehr unterschiedlich stark ausgefallen. Ein Plus von zehn bis 25 Prozent ist aber keine Seltenheit.
Fragt man die Flottenbetreiber nach den Gründen, verweisen sie auf gestiegene Marina- und Personalkosten. Zudem seien die Charteryachten in der Neuanschaffung zuletzt deutlich teurer geworden. Uwe Heine von Four Seasons Yachting beschreibt das recht anschaulich: „Uns ist vor einigen Monaten ein drei Jahre altes 41-Fuß-Schiff infolge einer Grundberührung verloren gegangen. Ich habe dieselbe Yacht mit derselben Ausrüstung dann noch einmal bestellt – sie kostete fast 40.000 Euro mehr!“
Zwar hat die Preisrallye bei den Werften mittlerweile nachgelassen. Doch das ändert nichts daran, dass der Kostendruck für die Flottenbetreiber derzeit deutlich höher ist als noch vor drei Jahren. Heißt im Umkehrschluss: Chartertörns müssen teurer werden, damit sich insbesondere das sogenannte Kaufchartermodell überhaupt noch rechnet. Bei diesem Modell erwirbt eine Privatperson eine Yacht und gibt sie zur Vermietung in eine Charterflotte.
Oder aber ein Schiff muss länger als bisher üblich in Charter laufen, damit die einzelne Woche nicht teurer wird, am Ende die Rechnung für den Eigner und den Flottenbetreiber aber dennoch aufgeht. An diesem Vorgehen führt auch deshalb kaum noch ein Weg vorbei, weil die Kunden ihr Budget für Chartertörns seit Jahren nur um etwa zweieinhalb Prozent zu erhöhen bereit sind. Das ergab unlängst eine Umfrage der YACHT.
Charterer haben grundsätzlich mehrere Möglichkeiten zu sparen: Sie geben sich mit einem kleineren Boot zufrieden. Sie machen kürzer als früher Urlaub. Oder sie mieten eben ein älteres Schiff. Letzteres kostet viele jedoch Überwindung.
„Der Durchschnittskunde fragt derzeit nach fünf bis sechs Jahre alten Schiffen. Viele wollen sogar nur eine höchstens drei Jahre alte Yacht“, berichtet Christian Zaloudek. Er ist der erste Vorsitzende der Vereinigung Deutscher Yacht-Charterunternehmen (VDC). Zaloudek sagt aber auch: „Wenn wir Anfragen von Kunden bekommen, für die der Preis am wichtigsten ist, sind ältere Boote sehr interessant.“
Als Beispiel führt er eine 45-Fuß-Yacht in Kroatien Anfang Juni an: „Die kostet mit Baujahr 2019 bei einem guten Partner von uns 4.600 Euro pro Woche. Eine gleich große Bavaria von 2010 ist dagegen für 3.290 Euro zu haben. Da ich die Schiffe von unseren Flottillen persönlich kenne, kann ich dem Kunden garantieren, dass er mit der zwar älteren Yacht trotzdem vollauf zufrieden sein wird.“
Wer also nach einer Charteryacht sucht und sich mit einem älteren Modell anfreunden könne, sollte unbedingt mit einer Agentur sprechen, welche die Flottenbetreiber vor Ort gut kennt. Bei einer Anfrage per Mail würde ein Agent in der Regel auf Nummer sicher gehen und jüngere Schiffe anbieten. Im persönlichen Gespräch könne man Kunden hingegen oftmals vom Preisvorteil überzeugen, so Zaloudek.
Die häufig inhabergeführten Agenturen suchen sich ihre Partner in der Regel sorgfältig aus. Sie wollen oft gar nicht mehr die immer größer werdende Masse von Vercharterern auf dem Markt abbilden, wie es manche Anbieter tun, die mit Callcentern und Tiefpreisgarantien arbeiten. Persönliche Kontakte zum Anbieter würden immer wichtiger, denn: „Es kommen mehr und mehr Flotten auf den Markt“, so Zaloudek.
Aus diesem Grund hat die YACHT die diesjährige Charterumfrage in Kooperation mit dem VDC als größtem Branchenverband in Deutschland durchgeführt. Elf seiner Mitgliedsagenturen (Teilnehmer siehe Tabellen) wurden nach den besten Charterflotten in unterschiedlichen Mittelmeerländern gefragt, die auch gut erhaltene ältere Schiffe im Programm haben. Unter allen genannten Flotten wurden diejenigen in unsere Übersicht übernommen, die mindestens zweimal genannt wurden.
Alle hier aufgelisteten Firmen haben natürlich auch neuere Boote im Angebot. Wer ausschließlich danach sucht, sollte trotzdem weiterlesen. Denn: Flottenbetreiber, die ihre alten Schätzchen hegen und pflegen, dürften sich auch gut um ihre jungen Yachten kümmern. Was natürlich nicht heißt, dass Anbieter, die in der Tabelle mangels alten Booten im Bestand nicht auftauchen, keinen guten Job machen. Insbesondere Branchengrößen wie Dream Yachts oder Moorings & Sunsail sortieren ältere Schiffe oft standardmäßig aus.
In die Übersicht schafften es 31 Firmen, etwa eine Handvoll mehr als bei der letzten Umfrage im Jahr 2017. Was sofort auffällt: Keine einzige französische Firma ist dabei. Schon vor sieben Jahren hatte es nur eine einzige geschafft. Was ist da los?
„Frankreich ist ein Sonderfall. Wenn Kunden nach Korsika wollen, startet die Charter fast immer von der italienischen Nachbarinsel Sardinien. Dort sind die Schiffe ordentlicher, die Auswahl ist größer, und die Fluganbindung von Deutschland ist viel besser als nach Korsika“, erklärt Janis Kather von VDC-Mitglied 1a Yachtcharter. Viele Korsika-Segler werden daher bei den Agenturen als Italien-Charterer geführt.
Seit Jahren von deutschen Charterkunden schwach nachgefragt sei hingegen die französische Festlandküste einschließlich der Côte d’Azur. „Dort sind zudem nur wenige kleinere Flotten stationiert, überwiegend sind große Anbieter ansässig. Die aber haben kaum ältere Yachten im Programm“, erklärt Kather.
Stets spannend ist, welche Veränderungen sich seit der letzten Umfrage ergeben haben: Wer ist neu dazugekommen, wer rausgefallen? Ins Auge fällt diesbezüglich ein deutscher Anbieter: In jeder Umfrage war Sun Charter unter den Top-Drei gelistet, der Betreiber unterhielt zudem Basen in gleich mehreren Ländern. Inzwischen ist Sun Charter aber wohl deutlich in der Gunst der Agenturen gesunken. Vor Kurzem wurde die Firma an Investoren verkauft, die nun versuchen, dem Flottenbetreiber zu altem Glanz zu verhelfen.
Generell ist das Charter-Business starken Schwankungen unterworfen. Nicht zuletzt, weil die Qualität einer Charterbasis vor allem vom Personal vor Ort abhängt. Geht beispielsweise eine gute Führungskraft, kann ein Stützpunkt binnen kurzer Zeit stark an Service und Qualität nachlassen. Das wissen auch die Agenturen: „Es gibt Firmen, die haben eine enorm starke Basis, die anderen sind eher Durchschnitt. Das merken wir an Kunden-Rückmeldungen manchmal in nur einer Saison“, sagt etwa Daniel Barone von Barone Yachting.
Doch wie wird nun ein Stützpunkt so gut, dass er aus der Masse heraussticht? Wir fragten jene, die es wissen müssen: die Flottenbetreiber, die am häufigsten von den Agenten genannt wurden. Wie Olympic Yachting im griechischen Lavrion bei Athen. Die Basis wurde mit neun Nennungen so oft gelobt wie keine andere. Und sie war schon in den Vorjahren immer vorn mit dabei. In den Kommentaren schwärmen die Agenten regelrecht über die Griechen. Basis-Chef ist Marko Basialekos, der seit 29 Jahren die Station des Familienunternehmens mit 20 Schiffen leitet.
„Das Wichtigste ist die Konsequenz, mit der man zum einen dem Kunden zuhört und zum anderen Probleme auch wirklich sofort zu lösen versucht. Wenn die Kunden zurückkommen, löchern wir sie regelrecht, ob etwas nicht funktioniert oder was ihnen vielleicht nicht gefallen hat. Daraus entsteht eine Liste, die bis zum nächsten Kunden abgearbeitet wird“, so Basialekos. Das hört sich leichter an als getan. „Hat man gute Techniker gefunden, muss man sie halten und motivieren. Wir tun das etwa durch bessere Bezahlung als üblich.“
Zudem würden die technischen Standards kontinuierlich weiterentwickelt. Basialekos: „Nehmen wir das Thema Gerüche an Bord. Niemand mag müffelnde Bäder. Daher haben wir vor Jahren beschlossen, dass die Toiletten mit Süßwasser gespült werden. Salzwasser sorgt selbst bei guter Pflege immer für Gerüche. Seitdem ist das Problem gelöst.“
Hinzu komme eine gute Ausstattung der Schiffe: Solarpaneele, damit der Kühlschrank nicht die Batterien leert. Ankerwinschen würden jedes Jahr komplett zerlegt, damit sie nicht plötzlich den Dienst quittieren. Bei jedem Check-out suchten die Mitarbeiter akribisch nach Leckagen an Fenstern, Beschlägen und so weiter. „Das ist wichtig. Feuchtigkeit im Boot kann schnell zum Problem werden“, erklärt der Basisleiter und fügt hinzu, dass die Checkliste für jedes Boot im Winter sieben DIN-A4-Seiten lang sei. „Dazu gibt es ein Notizbuch mit Verbesserungsvorschlägen!“
Basialekos meint, dass das alles eigentlich kein großes Geheimnis sei. „Das könnte jeder Stützpunkt. Sie tun es nur nicht alle. Es hat halt seinen Preis, was letztlich unsere Marge pro Charter etwas kleiner werden lässt als bei einigen Mitwettbewerbern. Am Ende hat bei uns eben die Zufriedenheit der Kunden die höchste Priorität.“ Die wüssten das zu schätzen; die Wiederholerquote sei „sehr hoch“.
Auffällig ist, dass wie auch bei Olympic Yachting viele der genannten Unternehmen kleine oder sogar Familienbetriebe sind, mit teils nicht mehr als zehn bis 20 Schiffen. In vielen Fällen sind die Boote dort zudem im Firmenbesitz, die Yachten werden also nicht via Kaufcharter als Renditeobjekt für Privatpersonen betrieben. Damit ergibt sich ein ganz anderer Anreiz, die Schiffe top in Schuss zu halten: Je länger sie segeln, umso mehr machen sie sich für die kleinen Firmen bezahlt. Kein Wunder also, dass in der Tabelle Flottenbetreiber auftauchen, die 20 Jahre alte Boote verchartern, von denen Kunden dennoch begeistert sind.
So zum Beispiel bei der Flotte, die auf dem zweiten Platz landete: die italienische Firma Boomerang in Portisco auf Sardinien. Basisleiter Daniele Artai berichtet, dass 30 der 36 Boote am Stützpunkt den Firmeninhabern gehören. „Sie laufen etwa acht bis neun Jahre in Charter. Ist ein Modell beim Kunden beliebt, auch länger.“
Entsprechend aufwändig werde an den Schiffen gearbeitet. „Wir lackieren jeden Winter die Holzteile unter Deck und leeren und spülen den Dieseltank, damit keine Dieselpest entsteht. Alle Toiletten werden samt Schläuchen ausgebaut, zerlegt, gewartet und zudem in kurzen Abständen ausgetauscht, damit gar nicht erst Gerüche entstehen“, so der Italiener. Ferner würden die Boote komplett leer geräumt, die Küchenutensilien akribisch geputzt, die Polster jedes Jahr professionell gereinigt.
Während der Saison rücke dann der Kunde in den Fokus der Servicebemühungen: „Jeden Sonntagmorgen gibt es ein etwa 30-minütiges Briefing der Basisleiter fürs Revier. Sie empfehlen Buchten und Häfen, aber auch Restaurants. Sie erklären, wo man vorsichtig navigieren muss, und weisen auf Besonderheiten hin.“ Auf Wunsch, so Artai, könne sich jeder Kunde 100 Tipps und Marker in seine Navionics-Navi-App herunterladen.
Auch die Einkaufspolitik für die Flotte ist umsichtig. „Von ganz neuen Modellen kaufen wir oft nur ein, zwei Boote. Die lassen wir ein Jahr laufen, damit wir die Kinderkrankheiten erkennen. Danach erst werden weitere geordert. So können wir Probleme ausmerzen, bevor das Schiff überhaupt in Charter geht“, erklärt Artai.
Eine weitere Basis, die mehrfach unter den Top Five der Umfrage war, ist die von Dalmatia Charter. Die kroatische Firma ist zuletzt deutlich gewachsen, hat mittlerweile 25 Yachten im Programm. Sie und selbst noch größere Flottenbetreiber können also durchaus auch gute Qualität bei älteren Yachten liefern.
Eine davon ist die griechische Firma Istion, die in allen griechischen Revieren und neu in Kroatien aktiv ist. Sie überzeugt bei jeder Umfrage mehr Agenturen. Auch die YACHT ist schon mit elf Jahre alten Schiffen von Istion unterwegs gewesen und kann deren Qualität bestätigen.
Überhaupt sind 2024 auffällig viele griechische Firmen in der Übersicht vertreten. Das mag daran liegen, dass das Revier seit etwa fünf Jahren boomt und nun eine der Top-Destinationen im Mittelmeer ist. Dazu beigetragen haben dürfte zudem ein Förderprogramm für Charteryachten, das der griechische Staat vor einigen Jahren aufgelegt hat.
In Kroatien gelingt den Österreichern von Pitter Yachting das Kunststück, es als große Firma mit einigen Hundert Yachten in die Übersicht zu schaffen. Auch dort hat die YACHT schon häufig ältere Schiffe gechartert, die tadellos in Schuss waren. Istion und Pitter sind ferner bekannt für gute Ausrüstungsstandards.
Denn es ist nicht nur der Preis, der ältere Yachten für die Charter spannend macht. Auch wenn das Holz unter Deck etwas dunkler ist, es keine Badeplattform-Grills gibt oder nicht jede Kammer ihr eigenes Bad hat. Ältere Boote sind oft weniger auf Volumen gebaut, sie haben noch die von vielen geliebten großen Genuas statt Selbstwendefocks – oder aber einfach schöne Linien
Nennung der Charterflotten in der Umfrage in Klammern