Tatjana Pokorny
· 24.02.2024
Dieser erste Tag beim Australia SailGP in Sydney hätte für Sebastian Vettels Germany SailGP Team deutlich besser ausfallen können: Zwar war die Mannschaft um Steuermann Erik Heil im ersten von drei Starts vom US-Team um Taylor Canfield noch nach hinten “ausgespuckt” worden, wie es Wedo-Sports-Kommentator Thomas Plößel formulierte. Dann aber gelangen der Crew unter deutscher Flagge zwei sehenswerte Leestarts, an deren Ende sie die erste Wendemarke jeweils als erstes Team passierten. Dass die Tagesbilanz nach drei kurzen Rennen trotzdem nur die Ergebnisse 8, 8 und 5 für die beherzt kämpfenden deutschen Newcomer auswies, hatte andere Ursachen.
Im ersten Rennen konnte sich das Germany SailGP Team nicht mehr vom Spätstart erholen. Den Sieg sicherten sich SailGP-Dominator Tom Slingsby und seine Australier vor den gut aufgelegten Dänen mit Nicolai Sehested und Neuseeland mit Ersatzsteuermann Nathan Outteridge. Im zweiten Rennen waren die Deutschen nach ihrem Lee-Blitzstart sehr gut im Spiel, bis es bei einer Tonnenrundung zur dramatischen Begegnung mit Frankreich kam.
Quentin Delapierre und sein Team entschieden sich wie Team Germany zur Rundung der linken Tonne. Mit sehr knappem Vorsprung und Wegerecht machten sie dabei in guter Position die Tür für das deutsche SailGP-Team zu, das seinen Versuch, sich noch zwischen Franzosen und Tonne durchzudrücken, auf spektakuläre Weise abbrechen musste. Statt sich noch durchs Nadelöhr zwischen Gegner und Tonne durchzudrängen, wichen die Deutschen in einem Last-Minute-Manöver auf der falschen Seite der Wendemarke aus und mussten sie danach erneut runden.
Dabei geriet das deutsche Team mit einem Rumpf hoch im Himmel über Sydney beinahe in Kentergefahr. “Es ist ganz schön beängstigend, so in der Luft zu hängen”, berichtete Strategin Anna Barth später. Die Crew um Steuermann Erik Heil verlor bei ihrem Ritt auf Messers Schneide viele Plätze, kam am Ende des Rennens mit Rang acht statt mit einer gut möglichen Top-Fünf-Platzierung ins Ziel.
Im dritten und letzten Rennen des Tages konnten Erik Heil und sein Team ihren starken “Aufschlag” aus dem zweiten Rennen wiederholen. Mit einem erneuten Blitzstart in Lee rundeten sie die erste Wendemarke wieder als Erste. Dieses Mal agierte das Germany SailGP Team konzentrierter und brachte trotz einiger Positionsverluste Rang fünf ins Ziel. Teams des Tages waren die Dänen und die Australier (jeweils 26 Punkte), die sich in dieser Reihenfolge die Führung nach drei Rennen vor Neuseeland (24 Punkte) teilten.
Das erst zu Beginn der laufenden vierten Saison in den SailGP eingestiegene Germany SailGP Team agierte in Sydney erstmals mit vier deutschen Akteuren: Neben Fahrer Erik Heil, Strategin Anna Barth und Grinder Jonathan Knottnerus-Meyer feierte Felix van den Hövel seine SailGP-Segelpremiere. Der Berliner ist in der weltweit führenden Profiliga und auch beim Germany SailGP Team aber längst kein Unbekannter mehr. Als Bootsbauer hat er beim America’s Cup selbst zwei F50-Katamarane gebaut, kennt die Boote auch technisch bestens.
Später arbeitete Felix van den Hövel für den SailGP-Ligabetrieb, war dort zunächst Teil des globalen Technikteams und dann verantwortlich für die Flügelsegel, bevor er die Landmannschaft des neuen deutschen Rennstalls von Sebastian Vettel und Thomas Riedel verstärkte. „Jetzt darf ich endlich benutzen, was ich sonst gebaut habe. Das ist wie Spielzeug auspacken“, sagte der 35-Jährige vor seinem ersten Einsatz, der nun hinter ihm liegt.
Um auf dem Rennkatamaran mitfahren zu können, hat Felix van den Hövel hart trainiert, musste unter anderem 13 Kilogramm an Körpergewicht zulegen. Nach den drei Samstagrennen sagte der neue Grinder in Sydney: “Es war so geil! Wohl der beste Start, den ich hätte haben können. Ich hab alles mitgemacht, was andere vielleicht in einer ganzen Saison erfahren. Erst die enge Situation mit Frankreich, dann die Tonne, dann fast gekentert … Das ist natürlich ärgerlich, aber das Wichtigste ist, dass keinem etwas passiert ist. Ich bin gerade wunschlos glücklich. Es war sehr anstrengend, aber auch sehr motivierend.”
Die deutsche Mannschaft (12 Punkte) konnte bei ihrem Einsatz immerhin die strauchelnden Teams aus Großbritannien und den USA auf die Plätze 8 und 9 verweisen. Nicht über den zehnten und letzten Platz hinaus kamen die Kanadier mit ihrem Fahrer Phil Robertson, die mit technischen Problemen den letzten beiden Rennen des Tages vom Spielfeldrand aus zuschauen musste. Erik Heil und seine Mannschaft starten am 25. Februar von Position sieben aus in die letzten beiden Fleetraces bis zum Finale. Wedo Sports wird die Sonntagsrennen wieder ab 6 Uhr hier übertragen.