Tatjana Pokorny
· 14.01.2024
Einer gemischten Bilanz am ersten Tag ließen Erik Heil und das Germany SailGP Team im Sonntagsfinale zwei Top-Resultate folgen. Bei der siebten von 13 Regatten in der SailGP-Saison 2023/2024 glänzte die erst im vergangenen Jahr in die Weltliga des Segelsports eingestiegene deutsche Mannschaft am zweiten Tag mit den Rängen 3 und 2 im Feld der zehn F50-Katamarane.
Mit diesem formidablen Endspurt konnte sich Sebastian Vettels und Thomas Riedels Segel-Rennstall im Leichtwindpoker noch in die Top Fünf des SailGP-Gipfels vor Abu Dhabi katapultieren. Den Sieg sicherten sich in sehr leichten Winden im Hafenstadion von Mina Zayed Neuseelands America’s-Cup-Stars um Steuermann Peter Burling vor Spanien mit Fahrer Diego Botin und den USA mit dem früheren Matchrace-Weltmeister Taylor Canfield am Steuer.
Erik Heil, Olympia-Dritter im 49er von 2016 und 2021, sagte zum Aufwärtstrend seines Teams: “Ich hatte darauf gehofft, dass wir ein Top-Fünf-Ergebnis erreichen, um einen Motivationsschub mit nach Sydney und Christchurch nehmen zu können. Unsere Starts waren immer noch nicht so gut wie erhofft, aber wir konnten eine gute Segelleistung abliefern.”
Der in Kopenhagen lebende Flensburger Team-Coach Lennart Briesenick freute sich mit der Mannschaft: “Jetzt bekommen sie die Belohnung für ihre harte Arbeit.” Vor allem mit den beiden letzten der insgesamt fünf Fleetreces bis zum Finale der Top Drei war Briesenick hochzufrieden: “Vor ein paar Rennen hätten sie manche Entscheidungen so noch nicht getroffen.”
Mit den Rängen 6, 5, 10, 3 und 2 zeigten Erik Heil und sein in flauen Winden auf vier Crew-Mitglieder reduziertes Team in Abu Dhabi, dass sie kämpfen und in komplizierten Bedingungen mit dem größten Flügelsegel gut bestehen können. Für seine Qualitäten in schwierigen Windverhältnissen war Erik Heil schon als olympischer 49er-Steuermann bekannt. “Wenn es tricky zugeht, dann fängt der Spaß erst richtig an”, hatte er einmal gesagt.
Weil das Germany SailGP Team den anspruchsvollen F50-Katamaran und seine Technologie nun immer besser beherrscht, kann die Crew ihr vorhandenes Können auch in der Formel 1 des Segelsports zunehmend besser um- und einsetzen. In Abu Dhabi fehlten den Herausforderern unter deutscher Flagge nur zwei Punkte, um erstmalig in ein SailGP-Eventfinale einzuziehen. Im Zwischenklassement der Saisonwertung passierte die deutsche Mannschaft, die nach ihrem Einstieg bei den ersten SailGP-Regatten viel Lehrgeld hatte zahlen müssen, das Schweizer Team und rückte auf Platz neun vor.
Die schwierigen leichten Windbedingungen haben im zuschauerfreundlichen Segelstadion von Mina Zayed an diesem Wochenende die gesamte Flotte stark gefordert. In Winden um nur zehn Stundenkilometer konnte keines der Teams die F50-Katamarane zum Foilen bringen. „Das erste Rennen heute war sehr chaotisch. Es gab viele Frühstarts. Das Team hat es gut geschafft, seinen Penalty zu verbrennen, und ist dann sehr gut gefahren“, zollte Coach Lennart Briesenick der Mannschaft mit Strategin Sophie Steinlein nach dem ersten Sonntagsrennen Bilanz.
Sieben der zehn Katamarane hatten die Startlinie im vierten der fünf Fleetraces zu früh passiert und Strafen kassiert. Laut SailGP-Veranstalter wurde in diesem Rennen mit insgesamt 17 Penaltys ein neuer Liga-Rekord aufgestellt. Das Durcheinander der geforderten Bereinigungen nach dem Start hat die deutsche Mannschaft danach fast ideal gemeistert.
Das war das beste Rennen, das wir bisher hatten” (Erik Heil)
„Das war das beste Rennen, das wir bisher hatten“, befand Erik Heil, auch wenn er noch nicht hundertprozentig zufrieden war. Der Fahrer des deutschen Teams hatte schon vor dem Kräftemessen in Abu Dhabi gehofft, erstmals eine Top-Fünf-Platzierung erreichen zu können. Mit etwas mehr Fortune am Vortag hätte es beinahe zur ersten Finalteilnahme bei einer SailGP-Regatta gereicht, die für das aufstrebende Team nun in greifbare Nähe gerückt ist.
Das Finale bestritten in Abu Dhabi Neuseeland, Spanien und die USA. Verpasst hatten den Einzug Tom Slingsby und seine australischen SailGP-Rekordsieger als Gesamt-Siebte. Ein Patzer im letzten Rennen und Rang 9 hatten Slingsby bei seinem zunächst vielversprechenden Comeback aus der Babypause noch gestoppt und im Abu-Dhabi-Klassement schmerzlich weit zurückgeworfen. Den Sieg holten sich im Finale die souverän agierenden Kiwis, die das America’s-Cup-Jahr damit optimal eröffneten.
“Das ist super für uns mit Blick auf die SailGP-Saisonwertung”, freute sich der sonst oft zurückhaltende Peter Burling sichtlich begeistert. Nach sieben von 13 SailGP-Regatten führt zwar Australien das Klassement mit 56 Punkten weiter an, doch die Neuseeländer konnten mit nun 50 Zählern auf dem SailGP-Konto dichter an die Rivalen aus Down Under heranrücken.
Bedenkt man die Regatta-Ausfälle, die Burling und Co. nach ihrem dramatischen Mastbruch in Saint-Tropez im vergangenen Jahr wegzustecken hatten, kommen die nun zwei Siege in Folge in Dubai und in Abu Dhabi einer gewichtigen Kampfansage an die australischen SailGP-Rekordsieger gleich.
Die SailGP-Serie wird am 24. und 25. Februar mit dem KPMG Australia Sail Grand Prix in Sydney fortgesetzt. Die insgesamt vierte SailGP-Saison endet nach vier weiteren Gipfeln im neuseeländischen Christchurch, vor Bermuda, Halifax und New York am 13. und 14. Juli mit dem großen Finale in San Francisco. Dort kämpfen die drei besten Teams der Saison um zwei Millionen US-Dollar Preisgeld allein für die Sieger.