Tatjana Pokorny
· 02.10.2024
Maggie Adamson & Cal Finlayson (GBR) sind Zweihand-Mixed-Offshore-Weltmeister 2024. Mit einem Vorsprung von nur 65 Sekunden verwiesen sie die französischen Top-Favoriten Elodie Bonafous und Basile Bourgnon im 151-Seemeilen-WM-Finale “Lorient Agglomération Race” auf Platz zwei. Charlotte Yven und Lois Berrehar segelten mit Bronze als zweites französisches Team ebenfalls aufs Podium.
Lina Rixgens (Verein Seglerhaus am Wannsee) und Sverre Reinke (Turn- und Sportverein Schilksee von 1947) waren als einzige deutsche Teilnehmer im Feld der 22 Crews bei der Zweihand-Mixed-Offshore-WM in Frankreich im Einsatz. Mit Platz vier im Qualifikationsrennen hatten sie souverän das Finale der besten zehn WM-Crews erreicht. “Ein Platz in den Top-Fünf wäre das Traumziel”, hatte Lina Rixgens vor Finalbeginn gesagt. Ganz gelang das trotz gelungenem Einstieg nicht.
Die Regatta Lorient Agglomération markierte das Finale der Zweihand-Mixed-Offshore-WM 2024. Wie die beiden Qualifikationsrennen der in zwei Gruppen eingeteilten Teilnehmer, war auch der entscheidende Lauf ein intensiver Kampf in Starkwindbedingungen. Winde von 30 Knoten und vier bis fünf Meter hohe Wellen bestimmten das Spiel ebenso wie flaue Bedingungen am Ende.
Während des Rennens drehte sich die Windrichtung um 180 Grad. Zusätzlich beeinflussten die der bretonischen Küste vorgelagerten Inseln die Bedingungen. Lina Rixgens und Sverre Reinke kamen zunächst vielversprechend gut ins Rennen, lagen am Abend nach dem Start in der führenden Gruppe. Dann aber fällten sie etwa auf der Hälfte der Kreuz zu den Glénans eine strategische Entscheidung, die nach hinten losging.
Da hatten sich zuvor zwei Optionen ergeben: Entweder nach links in ein Wettersystem reinzufahren oder die andere Seite zu wählen. Sverre Reinke berichtete: “Wir waren im hinteren Teil der Führungsgruppe, ich glaube auf Platz sechs zu den Zeitpunkt. Die ersten sechs Boote befanden sich nahe beeinander, etwa innerhalb eines Zwei-Meilen-Radius. Wir haben uns in der Mitte zwischen den beiden verschiedenen Optionen gehalten, und dann geschaut, was die Optionen bringen, die wir bekommen.”
Weiter erzählte Sverre Reinke: “Als wir dann irgendwann festgestellt haben, dass alle Boote links von uns langsamer werden und sich bei uns ein Rechtsdreher abzeichnet, war es für uns klar: Okay, die Wettermeldung mit dem Rechtsdreher setzt sich vermutlich durch. Wir halten uns also auf der rechten Seite des Feldes. Da sind wir zunächst auch sehr, sehr gut gefahren, bis wir dann irgendwann sehr, sehr abrupt stehengeblieben sind. Danach hatten wir keine Chance mehr, auf die andere Seite rüberzukommen.”
Es kam sogar noch ärger, wie Sverre Reinke sagte: “Normalerweise hätte die Transition entsprechend der Meldung ein bis zwei Stunden gedauert, bis der neue Nordwind einsetzen sollte. Bei uns hat es zehn Stunden gedauert, die wir da mit unter vier Knoten gedümpelt sind. Und unter vier Knoten Wind mit etwas Welle bedeutete, dass wir gar nicht vorankamen.”
Die Passage kostete Lina Rixgens und Sverre Reinke ihre Wunschplatzierung in den Top-Ten. Sie kamen am nächsten Tag knapp zwei Stunden nach den Siegern ins Ziel. Vorne im Feld hatte auf der dramatischen Schlussetappe in der leichten Brise der Schlussphase die Führung mehrmals gewechselt. Wenige Meilen vor dem Ziel strebten die ersten vier Boote dem Start- und Zielhafen Lorient Bug an Bug entgegen, als sie auf die Spinnaker wechselten.
Da zogen die jungen Briten Maggie Adamson und Cal Finlayson auf den letzten der insgesamt 151 Seemeilen ihren Code Zero. Das GBR-Boot kreuzte die Ziellinie nach packendem Vierkampf mit nur 65 Sekunden Vorsprung vor den französischen Top-Favoriten Elodie Bonafous und Basile Bourgnon. Charlotte Yven und Lois Berrehar erkämpften Platz drei. Die im Tracking auf Platz drei geführten Belgier Jonas Gerckens und Djemila Tassin verpassten das Podium aufgrund eines technischen Fehlers.
Die junge Britin Maggie Adamson war im Ziel überglücklich über den Coup bei der Zweihand-Mixed-Offshore-WM in Frankreich, sagte: „Ich kann gar nicht glauben, dass das passiert ist. Wir haben durchgehalten, wir geben nie auf. Am Ende sahen wir eine kleine Brise in Richtung Küste. Da sind wir rein. Wir hielten den Code Zero etwas länger, wir hatten beide Spinnaker startklar. Aber wir hatten das Gefühl, dass wir mit dieser Einstellung ein bisschen schneller waren. Es sind einfach diese kleinen Dinge; den Kopf aus dem Boot zu recken, das hat funktioniert. Wir sind einfach konzentriert geblieben.“
Solch großartige Segler zu schlagen, ist ehrlich gesagt unwirklich, vor allem in Lorient, der Heimat der französischen Offshore-Rennen.” Cal Finlayson
Ihr Segelpartner Cal Finlayson beschrieb den Final-Krimi aus seiner Sicht:. „Es war ein guter Kampf, wir dümpelten alle um die letzte Markierung herum. Das war etwa 24 Seemeilen vor dem Ziel. Es ging darum, das Boot im Shutdown in Bewegung zu bringen, was immer ein bisschen schwierig ist. Die beiden französischen Teams haben sich in Bewegung gesetzt und sich vor uns geschoben. Von da an ging es Schlag auf Schlag.”
Die Preisverleihung für die Zweihand-Mixed-Offshore-WM fand im Éric Tabarly Sailing City Museum im berühmten Hafen von Lorients La Base statt. Alle teilnehmenden Teams wurden auf die Bühne gebeten. Nach der charmanten Siegerehrung überraschte Weltmeisterin Maggie Adamson, die auch eine Meisterin des Geigenspiels ist, die WM-Familie mit einem Medley von Liedern von den Shetland-Inseln – Maggies Heimat in der nördlichsten Region des Vereinigten Königreichs.
Es war schwierig, passende Wetterfenster zu finden und die Flotte sicher über die Kurse bringen. Das haben sie richtig gut gemacht.” Lina Rixgens
“Es war auf jeden Fall ein gutes Event, auch wenn wir am Ende ein bisschen geknickt waren, weil wir erst so gut im Rennen lagen und es hätte besser ausgehen können”, zog Sverre Reinke Bilanz. Lina Rixgens stimmt zu: “Das Event war toll, insgesamt eine richtig coole Veranstaltung. Man merkt einfach, dass Lorient Grand Large Erfahrungen mit solchen Events hat. Die beiden Wettfahrtleiter haben es richtig gut durchgezogen. Von Anfang an sehr ruhig, aber klar.”
Bei Spitzengeschwindigkeiten jenseits der 20 Knoten und Durchschnittsspeed von etwa 15 Knoten, haben sich auch die WM-Boote vom Typ Sun Fast 30 OD bewährt. Gesegelt haben die WM-Crews für einen Melde- und Charterbeitrag von rund 4000 Euro zur Verfügung gestellte Boote. Lina Rixgens und Sverre Reinke besitzen selbst seit dieser Saison eine Sun Fast 30 OD, kennen die Vorzüge.
“Die Boote sind relativ einfach auch für Crews zu handhaben, die sie vorher nicht kennen. Sie passen alle in einen 40-Fuß-Container rein und sind auch auf der Straße noch zu transportieren”, sagt Lina Rixgens. Zum WM-Format von nur einem Qualifikationsrennen und einem Finale für die besten zehn Crews sagte Lina Rixgens: “Drei Rennen wären besser. Segeln ist auch ein technischer Sport…”
Mehr Rennen können beispielsweise technische Pannen besser ausgleichen. Lina Rixgens erklärt: “Es ist schon was anderes, ob du auf deinem oder einem gecharterten Boot fährst. Wir hatten jeweils drei Stunden Zeit vor einem Rennen, um das Boot kennenzulernen, vorzubereiten und alles Material zu checken. Und da siehst du nicht alles. Da wären ein paar mehr Rennen insgesamt schon schöner.”
Die von Lorient Grand Large in Zusammenarbeit mit dem französischen Seglerverband FFVoile, dem Yacht Club De France und dem Royal Ocean Racing Club organisierte Zweihand-Mixed-Offshore-WM hat auch der Weltseglerverband World Sailing begleitet. Die Idee von einem Kielboot-Wettbewerb für Olympia ist nach der ersten Absage vom IOC noch lange nicht vom Tisch.
“Wir haben da neue Informationen”, sagte Sverre Reinke. “Die WM hier war ein Testlauf für ein mögliches Olympia-Format. Allerdings ist frühestens 2032 ins Visier genommen. Es gibt bereits eine Liste an Punkten, die sie nacharbeiten wollen. Es wird eine Umfrage an die Segler rumschickt, was sie von der Veranstaltung halten. Es wird wohl weiter am Thema gearbeitet, um das für Olympia vorzuschlagen.”
Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Lina Rixgens und Sverre Reinke konzentrieren sich am Ende ihrer ersten Saison mit der eigenen Sun Fast 30 OD vorerst aufs kommende Jahr. “Sollte fürs Fastnet Race ein eigenes OneDesign-Feld für die Sun Fast 30 OD zustande kommen, dann würden wir das sehr gerne segeln.” Ohne eigenes Feld wäre das eher schwierig, wie Sverre Reinke anmerkt: “Dann dürften wir mit einem Boot unter neun Meter Länge vermutlich nicht starten.”
Ein Auge hat das deutsche Duo auch auf die nächste Auflage der Zweihand-Mixed-Offshore-WM 2025 geworfen, die im September vor Cowes auf der Isle of Wight ausgetragen wird.