Jochen Rieker
· 24.05.2022
Es fehlte nicht an Versuchen, die Saisonbestmarke für Einrumpf-Kielboote neu zu verorten. Der Schweizer Profi hat es beim Solo-Training geschafft – und wie!
Es war eigentlich mehr so eine Schnapsidee. Also ohne Schnaps natürlich! Aber manchmal sind es ja gerade die verrücktesten Einfälle, die die schönsten Blüten treiben. Und danach sieht es bei der inoffiziellen, nur der Unterhaltung und dem fröhlichen Schnellsegeln dienenden YACHT Speed Challenge aus.
Die von uns beim Test der First 36 aufgestellten 16,6 Knoten hielten keine zwei Wochen, da erhöhte Wolle Heibeck gleich auf 17,4 Knoten. Aber auch dem Rekord war kein langes Leben vergönnt. Denn am vergangenen Wochenende bliesen gleich mehrere Crews zum Halali.
JPK-Sipper Rasmus Töpsch hatte am Ende zwar "nur" 15,36 Knoten auf seinem NKE-Multigraphic-Display stehen, aber die immerhin nachts gesegelt. In der vagen Hoffnung, dass nachts doppelt zählt, postete er auf Facebook und Instagram ein Beweisfoto. Begleittext: "Alles geben ... nur nicht auf". Wir sind sicher: Da geht noch was!
Einen Wert knapp über Wolle Heibecks "Black Maggy"-Niveau loggte bei der Segelbundesliga in Hamburg die Crew vom Bocholter Yachtclub: 17,7 Knoten – und das auf der Außenalster. Das ist zwar noch ein Stück weit vom maximalen Potenzial der J/70 entfernt, aber schon ganz amtlich. Zumal die Jungs ja um die Tonnen gepfeffert sind, nicht etwa nur auf einem ICE-Gleis Richtung Top Speed. Daher ohne Wenn und Aber: Chapeau!
Der eigentliche, zwischenzeitliche, momentane Bis-auf-Weiteres-Held heißt freilich Simon "Simi" Koster. Und vielleicht bleibt seine Bestmarke ja dann doch mal ein paar Tage länger unangetastet. Denn der Schweizer Profi hat auf seiner von Sam Manuard konstruierten Mach 40.4 "Banque du Leman" vor Lorient ganz ordentlich vorgelegt.
Zwei "Speed Runs" reichten ihm, um unter vollem Groß, Stagfock und Code locker in die Zwanziger vorzustoßen. Im ersten Lauf registrierte sein Adrena-Programm 20,27 Knoten über Grund, im zweiten sogar 20,58 Knoten. Eine Demonstration dessen, was die aktuelle Generation der Class 40 zu leisten im Stande ist – und ihr Soloskipper, der schon so manchen Hochseerekord aufgestellt hat.
Simon nahm sich beim Auslaufen sogar Zeit, seine Versuche im Video zu dokumentieren. Und lief, als der Speedo schon an die 20 Knoten durchs Wasser zeigte, mal eben mit der Kamera aufs Vorschiff, um der YACHT-Gemeinde einen Eindruck vom Boot und der imposanten Hecksee zu vermitteln. Neue Maßstäbe also – nicht nur in Sachen Speed, sondern auch darin, den Versuch im Bewegtbild zu transportieren. Danke, Simi! Und Gratulation!!!!!
20, 58 Knoten ...! So, Leute – jetzt wird's also sportlich. Aber lasst euch nicht den Schneid abkaufen. Der Autor erinnert sich dunkel, auf einer regulären Hanse 370 mit Zweitanker und Bordfahrrad in der Backskiste schon mal 16,2 Knoten in der zornigen Ostsee geloggt zu haben, oder zwanzigkommairgendwas auf einer Comfortina 42 im Atlantik, dem Golfstrom sei Dank.
Wir kennen da auch ein paar wilde Dehler-30-Akrobaten, J-Boat-Eigner, JPK-Virtuosen, Sunfast-Treiber, Pogo-Bezwinger und überhaupt die ganze Gang der Stollergrund-Ultras, die schon fett zweistellig unterwegs waren. Also los! Skagen Rund, Brassfahrt – da geht doch noch was!
Spätestens, wenn Boris im August seine neue "Malizia" ernstlich von der Leine lässt, fällt die 30! Bis dahin haben auch Normalsterbliche noch eine Chance – es sei denn, Simi geht nächstes Mal bei 30 bis 35 Knoten Wind raus. Dann wollen wir aber dabei sein.
Wir freuen uns jedenfalls schon jetzt auf die folgenden Berichte. Und versprechen, dass wir uns bis zur nächsten Bestmarke dann auch einen würdigen Preis ausgedacht haben. Haut rein!