Tatjana Pokorny
· 13.07.2025
Zum Abschluss der 87. Warnemünder Woche gab es nach stürmischen und ruppigen Tagen mit einigen Ausfällen, aber auch beherzt agierdenden Wettfahrtleitungen und Aktiven noch einmal Segeln satt im schönen Ostseerevier. Alle noch aktiven Klassen konnten ein intensives Schlussprogramm absolvieren und ihre Sieger aus vier Ländern und die Platzierten feiern.
Zum “Super Sunday” der Warnemünder Woche hatte sich der Sturm in mehr Gefälligkeit verwandelt. Trotz einiger Schauer entfaltete sich vor der Mecklenburger Küste ein sehenswertes Segelfeld der am zweiten Wochenende noch aktiven. Wettfahrtleitungen und Athleten nutzten die Bedingungen zu reichlich Wettfahrten. Feierlich ging es anschließend bei den Siegerehrungen der Weltmeisterschaft der Zoom8, der Europameisterschaft der Musto-Skiffs, den German Open der RS Aero und der Ranglistenregatta der Finns zu.
Im Lokschuppen von Warnemünde erhielten die Besten der Warnemünder Woche 2025 ihre Medaillen. Für die Segelnationen Finnland, Großbritannien, die Ukraine und Deutschland gab es jeweils einmal Gold. Dabei war einer der jüngsten Herausforderer in diesem Jahr einer der Größten, von dem in Zukunft noch einiges zu hören sein könnte: Der Finne Sisu Seliö wurde nach eindrucksvoller Serie zum neuen Weltmeister der Zoom8 gekrönt.
Obwohl der erst 14 Jahre alte Steuermann vom Segelverein Brändö Seglare in Helsinki noch in einer Nachwuchsklasse segelt, beherrschte er seine Konkurrenz doch klar. Ob Schwachwind oder stürmische Böen: Der Sieger hieß in allen sieben Wettfahrten Sisu Seliö. Sein Streicher? Ein Rennsieg. An Land bekam das Supertalent von seinem Vater Sami ein Shirt mit dem Aufdruck „Red Devil“ übereicht. Zwar zeigte sich der junge Segler damit in Siegerpose, kommentierte seinen Titel und die Leistung dafür zurückhaltend: „Fühlt sich gut an“, sagte der Finne.
Sein Vater zeigte sich indessen stolz, denn das WM-Gold des Sohnes reiht sich ein in eine beeindruckende Siegesserie. Sami Seliö sagte über seinen Sohn: „Sisu ist finnischer Meister im Powerboot, im Opti und in der Zoom8. Und nun auch noch Weltmeister.“ Die beiden weiteren WM-Medaillen der Nachwuchsklasse holten sich der Este Leon Zolotarjov und der Däne Johan Gundborg. Deutsche Segler waren in der von Skandinaviern und Balten beherrschten Klasse nicht am Start.
Von ähnlicher Dominanz waren die Siege in den weiteren Meisterschaftsklassen am zweiten Wochenende geprägt. Die Briten machten bei den agilen Musto-Skiffs ihre Europameisterschaft zu einem nationalen Titelkampf mit internationaler Beteiligung. An dessen Ende gab es keinen Zweifel am Besten: Eddie Bridle ist Europas neuer Musto-Skiff-Champion.
Vor einem Jahr hatte sich der Mann aus dem Südosten Englands bei der WM noch mit Platz sechs hinter seinem Landsmann Jono Shelley begnügen müssen. Nun gab im Wettstreit um die EM-Krone Bridle den Ton an. Mit sechs Siegen und zwei zweiten Plätzen in neun Rennen verwies der Steuermann vom Brightlingsea Sailing Club an Großbritanniens Ostküste die für schottische Segelvereine startenden Jono Shelley (Largs SC) und Jamie Hilton (Dalgety Bay Sailing Club) auf die weiteren Podestplätze.
Europameister! Das hört sich gut an, richtig gut. Ich habe einfach versucht, keine Fehler zu machen.” Eddie Bridle
Bei den German Open der RS-Aero-Aero-Flotte war die Ukrainerin Sofia die Frau, die nicht wackelte: Auch sie strich einen Rennsieg aus ihrer makellosen Bilanz von fünf ersten Rängen. Die erfahrene Steuerfrau ist parallel in der olympischen Ilca6-Klasse aktiv. Ihren breiten Segelhorizont spielte sie bei der Warnemünder Woche souverän aus.
Nach einer makellosen Serie von fünf ersten Plätzen in den fünf Wettfahrten stand sie zwischen Silbersegler Marcus Walther (Langen) und Bronzemedaillengewinnerin Juliane Barthel vom Dümmer-See auf der höchsten Stufe des Siegerpodests. Ihren Erfolg hatte die Powerplayerin nicht nur erhofft, sondern erwartet.
„Das lief so, wie es sein sollte“, sagte sie nach der Rückkehr an Land und lachte. „Heute hatten wir noch vier schöne Rennen – erst mit sehr stabilen Winden, dann später mit Drehern und Schauern.“ Die Frage nach der bevorzugten Bootsklasse beantwortete sie ohne Zögern: „RS Aero! Es macht einfach mehr Spaß. Das Boot ist leichter, reagiert auf jede Bewegung und kommt Downwind schneller ins Gleiten. Jetzt freue ich mich auf die WM der RS Aero in Frankreich. Da will ich um eine Medaille mitsegeln.”
Bei den Finnseglern dagegen geriet das Finale zum Krimi. Nachdem die Flotte am Vortag für epische Bilder auf der Ostsee gesorgt hatte, fiel im Sonntagsfinale eine der knappsten Entscheidungen bei dieser Warnemünder Woche. Dabei zog der Schweriner André Budzien zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit den Kürzeren. Bei der Europameisterschaft der OK-Jollen hatte Budzien gerade als Vierter eine Medaille bei Punktgleichheit mit dem Dritten verpasst. Im Finn entglitt ihm am Sonntag der Warnemünder-Woche-Sieg puntgleich mit Fabian Lemmel. Budziens Allround-Gesamtleistung bleibt trotzdem herausragend.
Sein Berliner Finn-Kontrahent Fabian Lemmel hat wie André Budzien jeweils zwei Siege und einen zweiten Platz in die Wertung eingebracht. Den Ausschlag gab das Abschlussrennen, in dem Lemmel vor Budzien die Ziellinie kreuzte. „Es war kein reines Match-Race, aber wir haben schon aufeinander geguckt und uns nicht aus den Augen gelassen“, wusste Sieger Lemmel zu berichten. Und weiter: „André war superschnell auf dem Downwinder. Aber auf der letzten Kreuz hatte ich plötzlich eine Geschwindigkeit, von der ich selbst nicht wusste, woher die kam.“
Den auf diese Weise erarbeiteteten Vorsprung Lemmels konnte Jäger Budzien bis zum Ziel nicht mehr aufholen. Entsprechend glücklich fiel die Wanremünder-Woche-Bilanz von Fabian Lemmel aus, der sagte: “Das waren heute noch mal gute Bedingungen mit leichten Drehern. Und die Wettfahrtleitung hat es super gemacht.“ Dieses Schlusswort fand rundum Bestätigung. Alle Ergebnisse der Ostseeserie finden sich hier.
Vom 5. bis 13. Juli hat sich die 87. Warnemünder Woche als Segelserie mit vielen Gesichtern gezeigt. Auf den sonnigen und leichtwindigen Auftakt folgten Champagner-Bedingungen zur Wochenmitte, bevor heftige Schauer, hohe Wellen und stürmische Böen das Kommando übernahmen. Zum Abschluss schaltete das Wetter um auf Versöhnung. Der finale Tag bot noch einmal ein volles Wettfahrtprogramm. Entsprechend waren über die gesamte Serie viel Flexibilität und Anpackmentalität gefordert. Dabei hatte das Organisationsteam um Sportdirektor Peter Ramcke auch angespannte Tage zu meistern.
Das ist im Zusammenspiel zwischen Regattaleitung, den einzelnen Teams auf den Bahnen und den Klassen mit einem würdigen Programm für alle gut gelungen. Insgesamt konnten Peter Ramcke und seine Crews 580 Boote und rund 800 Sportlerinnen und Sportler in elf Wettbewerben zu 85 Wettfahrten über den Kurs schicken. 13 der 38 teilnehmenden Nationen trugen sich schließlich in die Liste derjenigen ein, die Medaillen von der Warnemünder Woche mit nach Hause nehmen.
So fiel das Fazit des Sportdirektors rundum zufrieden aus: „Wir hatten zum Start in die Woche den Ilca-Europa-Cup und die Europameisterschaft der OK-Jollen parallel. Das war eine echte Herausforderung, aber das lief fantastisch. Zum Abschluss klingt die Warnemünder Woche sehr gut mit vier Klassen auf vier Bahnen aus. Zwischendurch hatten wir für den Sommer ungewöhnliche Tage des Sturms. Aber das gehört zum Segelsport dazu.”
Im Rückblick, so Ramcke, sei es “eine tolle Woche mit hochkarätigen Teilnehmern” gewesen. “Und wir haben die Wetterbedingungen beherrscht”, so der Regattadirektor. Dazu gehörte auch das Umschalten auf alternative Bahnen als die ursprünglich geplanten. Ramcke: „Wir mussten auf die östlichen Bahnen gehen, weil dort die Wellenbedingungen besser waren für die Segler. Das macht die Warnemünder Woche aus, dass wir die Flexibilität haben, auf die Anforderungen der Seglerinnen und Segler sowie die Rahmenbedingungen des Wetters einzugehen.“
Das Feedback der Teilnehmer bestätigte die Hochkarätigkeit der Warnemünder Woche und die Möglichkeit für Großevents. Peter Ramcke sagte: „Die Infrastruktur ist jetzt so gut, dass wir mit einem Kreuzfahrer nebenan auch schon fast olympiareif sind – etwas vereinfacht ausgedrückt.” Mit den Internationalen Deutschen Meisterschaften für die olympischen Disziplinen Ilca 7 und Ilca 6 sowie der IDM der 29er mit dem Europacup blicken Gastgeber und Revier im Oktober noch weiteren Großveranstaltungen entgegen.
DSV-Präsidentin Mona Küppers hat die Warnemünder Woche vor Ort erlebt und beobachtet. Ihre Bilanz: „Es war ein faszinierender Blick auf den Betrieb am Morgen an der Slipanlage. Da hat man sich schon gefragt, wie soll man aus dem gesamten Gewusel herauskommen. Aber das hat immer geklappt.“
Mit der Fertigstellung der neuen Landessportschule sind Gegebenheiten geschaffen worden, die der Deutsche Segler-Verband für seinen Bundesstützpunkt Nachwuchs-Leistungssegeln gerne nutzt. Mona Küppers sagte: „Die Voraussetzungen mit der gesamten Infrastruktur spielen uns in die Hände – mit dem direkten Zugang zum Fitnessraum, zu der großen Sporthalle. Die ganz kurzen Wege vom Parkplatz, um die Boote ins Wasser zu bringen: Das ist schon eine feine Sache. Dazu die Räumlichkeiten, um das Training oder die Regatten im Nachhinein aufzuarbeiten. Das ist perfekt.“
Aus Sicht der DSV-Präsidentin, die gerade auch bei der Kieler Woche im schleswig-holsteinischen Norden war, hat Deutschland für eine mögliche Olympiabewerbung an der Seite einer der vier nationalen Kandidaten Hamburg, München. Berlin und Rhein/Ruhr zwei starke Segelreviere zu bieten. Mona Küppers sagte: “Wir sind davon überzeugt, dass es möglich ist, sowohl hier als auch in Kiel wunderbare olympische Segelwettbewerbe durchführen zu können, die jeden zufrieden stellen und nach denen jeder zurückfährt in sein Heimatland und sagt: 'Oh, das war toll in Deutschland.'“