Am Vorschlusstag der Warnemünder Woche ging es früher los als in der Schule: Bereits um 7 Uhr hatte Sportdirektor Peter Ramcke seine Teams aus den Wettfahrtleitungen, der Sicherungsboote, der Jury und des Lagezentrums sowie die Vertreter der Segelklassen zur Lagebesprechung versammelt. Auch der Deutsche Wetterdienst war aus Hamburg zugeschaltet. Allen war schnell klar, dass sie es nach den ausgefallenen Freitagsrennen erneut mit druckvollen Winden mit starken Böen zu tun bekommen würden.
Zusätzlich hatte sich bis zum Samstag eine beachtliche Welle aufgebaut – zum Teil mit Kreuzsee. Die bedrohliche Botschaft dazu: Die Bedingungen würden im weiteren Tagesverlauf noch heftiger werden. Logisch also, dass zügiges und flexibles Handeln gefordert war. Schnell wurden alternative Regattakurse in der Warnow geprüft, ein Schlauchboot zum Check der aktuellen Wellensituation auf die Bahnen vor der Küste hinausgeschickt – und schließlich entschieden.
Die Klassen Zoom8, die Finn-Dinghy und RS Aero wurden zu einem Start um 9 Uhr ins Rennrevier östlich des Hafens und dort auf eng beieinander liegenden Bahnen geschickt. So konnte das beste Wellenbild genutzt und die Flotte der Sicherungsboote zusammengehalten werden. Die fragilen Musto Skiffs, die unter Gennaker und auf den Auslegern ein grundsätzlich höheres Kenterrisiko mitbringen, blieben im Hafen.
Draußen auf dem Wasser wurde gekämpft, gekentert, wieder aufgerichtet, weitergekämpft und auch gesiegt. Dabei ging es nicht ohne Schäden über die Bahn. Doch bei der Zoom8-WM gelang ein weiteres Rennen, und auch die RS Aero konnten ihre German Open mit einer knackigen ersten Wettfahrt eröffnen. Anschließend aber war Schluss. Die Wettfahrtleitungen schickten die Aktiven wieder in den Hafen. Das galt auch für die Routiniers im Finn-Dinghy, die ebenso nach einem Rennen wieder in den Hafen einliefen.
Das Motto an diesem zweiten Samstag der Warnemünder Woche erklärte mit Juliane Barthel die Vorsitzende der deutschen Klassenvereinigung der RS Aero: „Das Ziel heute hieß: Das Ziel erreichen! Es ging darum, nichts kaputt zu machen.” Für das Design der RS Aero brachten die Bedingungen hohe Hürden. „In der steilen Welle sticht der schmale Bug schnell ein, und das Boot überschlägt sich”, erklärte Juliane Barthel. Aus guten Gründen wurden auf der RS-Aero-Bahn nach Möglichkeit unnötige Halsen-Manöver vermieden.
Nach dem bislang einzigen Rennen führt die Ukrainerin Sofia Naumenko vor Marcus Walther (Langen) und Juliane Barthel vom Dümmer-See in den Büchern. Viel geleistet haben an diesem Tag auch die Kinder und Jugendlichen in der Klasse Zoom8. Sie waren stolz, auf der Bahn gewesen zu sein, aber auch erschöpft von den fordernden Winden und Wellen. „Es war wirklich windig, harte Bedingungen“, berichtete die junge Dänin Safina Linnau.
Sie schaffte sie es nicht ins Ziel und fiel damit vom dritten Gesamtrang auf Platz sieben zurück. Ihr Landsmann Emil Praest Pedersen, der an ihr vorbei auf Platz sechs vorrückte, befand: „Das war schon tricky heute – vor allem beim Abreiten der Wellen. Nach dem Rennen wurde der Wind zu stark. Daher war es gut, dass dann abgebrochen wurde.“ Dem Nachwuchs stimmten die österreichischen Coaches Max Fitzinger und Herwig Bäumel zu: „Super Entscheidung, heute rausgegangen zu sein. Jetzt haben wir ausreichend Wettfahrten für die Titelvergabe gesichert. Aber nach dem Rennen wurde es zu heftig.“
Ihr aktuell erfolgreichster Schützling Felix Rhomberg rückte auf Platz fünf vor. Das Podium besetzten am Samstagabend zunächst skandinavische und baltische Herausforderer: Der Finne Sisu Seliö zeigte seine außergewöhnliche Bootsbeherrschung auch bei starkem Wind, fuhr in der vierten Wettfahrt den vierten Sieg ein und führt nun vor dem Dänen Johan Gundborg sowie dem Esten Leon Zolotarjov.
Dass die furiosen Finn-Segler das Powerplay bei der Warnemünder Woche genossen, überraschte wenig. Sie können das. Und ihre Boote – von 1952 bis 2020 mehr als ein halbes Jahrhundert die olympische Einhandjolle für Stars des Segelsports wie Paul Elvström, Jochen Schümann oder auch Russell Coutts – können es auch. Der Berliner Fabian Lemmel, Dritter der Deutschen Meisterschaft 2024, genoss den Einsatz auf dem Wasser.
Fabian Lemmel sagte: „Klasse Bedingungen, super Welle da draußen. Ich wäre gern noch weitere Rennen gesegelt.” Dass es auch ihn einmal abgeworfen hat, trübte die Freude wenig. Lemmel berichtete: “Ich habe die erste Kreuz vergeigt. Daher habe ich auf dem Downwinder alles riskiert, habe viel aufgeholt und bin dann gekentert. Danach konnte ich mich immerhin noch bis auf den dritten Platz vorarbeiten.“
Gewonnen hat das Rennen Großmeister André Budzien. Der Schweriner hatte Anfang der Woche als Vierter das Podium bei der OK-Jollen-WM nur knapp verpasst. Jetzt strebt er im Finn dem Warnemünder-Woche-Erfolg entgegen. Am Super-Sonntag muss er sich im Finale allerdings für Attacken der Verfolger wappnen. Nicht nur Budziens ärgster Kontrahent Peter Sigetty Böje aus Dänemark wird versuchen, das Gaspedal maximal durchzudrücken.
Für das Finale der Warnemünder Woche hat Sportdirektor Peter Ramcke bereits erneute frühe Starts für die vier Klassen angesetzt. Ab 9 Uhr sollen die ersten Wettfahrten laufen. Während die Zoom8, Finns und RS Aero auf satte drei Wettfahrten hoffen, blicken die Musto Skiffs einem mutigen Mammutprogramm entgegen, wollen nach Möglichkeit sogar sechs Läufe durchbringen. Hier geht es zu den Zwischenständen und Ergebnissen.